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Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Antonow
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schon, seit ich denken kann. Das Wichtigste ist, dass du ruhig und konzentriert arbeitest, selbst dann, wenn du für alle Handgriffe weniger als eine Minute Zeit hast.«
    Tolik nickte, verstaute den Sprengsatz im Rucksack und hängte sich das Gepäck an die Schulter. Die Gruppe kehrte zu Nikita zurück, der vor Angst schlotternd im Tunnel stand. Der Fähnrich würdigte ihn keines Blickes.
    Gemäß Nestors Anweisungen hatte Arschinow den Auftrag, den Trupp durch die Belorusskaja zu führen. Di e Vorbereitungen auf das letzte Wegstück dauerten nur wenige Minuten. Die Kämpfer wurden angewiesen, ihre Waffen zu verbergen und sich an der Station so unauffällig wie möglich zu verhalten.
    Der Trupp setzte sich in Bewegung . A rschinow bildete gemeinsam mit Tolik den Schluss und gab letzte Instruktionen.
    »Ich habe euch was zu futtern in die Rucksäcke gepackt. Im Tunnel könnt ihr euch stärken . A n der Belorusskaja werden wir uns nicht lange aufhalten. Dort wimmelt es von Agenten der Hanse und von roten Spitzeln. Die werden sich bestimmt dafür interessieren, wo die Herrschaften hinwollen und was sie vorhaben.«
    Tolik verstand Arschinows Befürchtungen nur zu gut. Im Gegensatz zu vielen anderen Stationen wahrte die Belorusskaja an der Radiallinie Neutralität. Noch vor einem Jahr war das alles anders gewesen: Als Handelsvorposten der Hanse hatte die Station eine Blütezeit erlebt. Doch dann waren entweder bei Wahlen oder durch einen Umsturz andere Leute an die Macht gespült worden. Die neue Führung war strikt gegen politische und militärische Allianzen. Sie versuchte zwar, sich mit allen gutzustellen – seien es die Ringstationen, die Roten, die Faschisten oder die Sektierer –, hielt aber zu allen eine gewisse Distanz. Diese Strategie nannte sich hier »dritter Weg der Entwicklung«.
    Für die Schweinefarmen und Pilzplantagen der Belorusskaja arbeitete man einen Fortschrittsplan aus, der Wirtschaftspraktiken, wie sie in der Hanse üblich waren, mit ideologischen Elementen der Kommunisten verband. Durch die Mischung dieser völlig konträren Ansätze entstand ein äußerst gekünsteltes Wirtschaftsgefüge, das nichts Halbes und nichts Ganzes war. Die von der Administration der Belorusskaja durchgeführten Reformen produzierten zudem eine ganze Armee von Funktionären.
    Diese schwangen schöne Reden und versprachen den Arbeitern auf den Farmen und Plantagen ein baldiges Wirtschaftswunder. Doch den optimistischen Prognosen zum Trotz ging es mit den Betrieben rapide bergab . A ls die Arbeiter ahnten, dass das Wirtschaftswunder ausbleiben würde, wanderten sie nach und nach zu anderen Stationen ab.
    Nachdem auch die Führer der Belorusskaja einsahen, dass ihr schöner »dritter Weg« in eine Sackgasse führte, rissen sie das Ruder herum und begannen, die strategisch günstige Lage der Station schamlos auszunutzen. Man forderte Wirtschaftshilfe von der Gemeinschaft der Ringstationen und bot als Gegenleistung an, die Hanse vor den Attacken der Extremisten von der Roten und der Samoskworezkaja-Linie zu schützen. Den Kommunisten erzählte man etwas völlig anderes: Hier schlüpfte die Belorusskaja in die Rolle eines Bollwerks, das die Rote Linie vor den Provokationen und Annexionsgelüsten der Hanse bewahrte.
    Durch geschicktes Lavieren zwischen den beiden verfeindeten Lagern und eine wohldosierte Mischung aus Bettelei und unverblümter Erpressung sicherten sich die Bosse der Belorusskaja ein üppiges Auskommen, das sich aus den Zuwendungen der einen oder anderen Seite speiste. Was die gewöhnlichen Arbeiter betraf, so endete ihre Flucht aus dem »Paradies« mit der gesetzlich verordneten Deportation zur Heimatstation.
    Die Lichter der Belorusskaja waren bereits in der Ferne zu sehen. Tolik kannte die Station von früheren Besuchen und wusste, was ihn dort erwartete: grimmige Menschen, denen der Argwohn ins Gesicht geschrieben stand, eine geleckte Sauberkeit und allerlei dubiose Gestalten, denen ein Blinder ansah, dass sie Spitzel und Denunzianten waren.
    »Sag mal, Tolik, hast du unterwegs nichts Ungewöhnliches beobachtet?«, fragte Arschinow plötzlich unerwartet laut.
    Tolik hätte seine Beobachtungen nur zu gern mitgeteilt, doch er fürchtete, sich zum Gespött zu machen.
    »Wieso, was hätte ich denn sehen sollen?«
    »Na, Tentakel zum Beispiel …«
    »Ja!«, wäre Tolik beinahe herausgerutscht, doch er konnte es sich gerade noch verkneifen.
    Arschinow hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Was dort auf dem

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