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In den Fesseln des Wikingers

In den Fesseln des Wikingers

Titel: In den Fesseln des Wikingers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McFadden
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benutzen und machten sich auf den Weg. Es würde ihnen nicht schwerfallen, das Kloster zu finden, denn sie brauchten nur durch den Wald bachaufwärts zu laufen.
    Nur wenige blieben im Lager zurück, um die Beute wieder auf den Schiffen zu verstauen und Wache zu halten; Thore hatte vermutlich die Absicht, gleich nach dem Überfall abzulegen und noch in der Nacht davonzurudern. Er tat klug daran, denn das Wikingerlager am Flussufer musste seinem Gegner inzwischen bekannt sein.
    Auch Rodena wurde wieder auf eines der Drachenboote gebracht, wo sie Papia wiederfand, die, in eine Decke gewickelt, zwischen zwei Ruderbänken zusammengekauert saß und ihr mit hoffnungsvollem Gesichtsausdruck entgegenblickte.
    „Da bist du ja wieder“, sagte sie, als Rodena sich neben ihr auf der Ruderbank niederließ. „Ich hatte schon Angst, der wilde Kerl hätte dich umgebracht.“
    „Das würde er nicht wagen“, gab Rodena selbstbewusst zurück, obgleich sie da gar nicht so sicher war.
    Papia musterte die schöne, schwarzhaarige Frau vorsichtig von der Seite, denn sie war ihr ein Rätsel. Welche Macht hatte sie über diese gefährlichen Räuber?
    „Bist du … bist du seine … Geliebte?“, flüsterte sie.
    „Nein.“
    „Aber wieso tut er, was du ihm sagst?“
    „Tut er das?“
    Papia nickte. Ihr Bewacher hatte ihr tatsächlich nichts angetan, im Gegenteil, er hatte ihr sogar Stockfisch, hartes Brot, einen Krug Wasser und einen Becher roten Wein gebracht. Fisch und Brot waren widerlich gewesen, aber die Wikinger hatten selbst auch nichts anderes gegessen, und da sie sehr hungrig war, hatte sie alles verschlungen. Dann hatte Ubbe ihr eine warme Decke für die Nacht und sogar ein seidenes Tuch gebracht, dass sie jedoch nicht hatte annehmen wollen.
    „Er spricht unsere Sprache und hat mir die ganze Zeit über schaurige Dinge aus den Ländern im Norden erzählt. Von Bären und Wölfen und von Geschöpfen, die Rehen gleichen, aber viel größer sind und breite Geweihe tragen. Im Winter sind die Tage dort ebenso dunkel wie die Nächte, nur manchmal flackert am Himmel ein helles Licht, das kommt daher, weil ihre grausigen Götter dort oben in einer Halle wilde Feste feiern und der Fackelschein durch die Wolken hinunter auf die Erde fällt.“
    Dieser Ubbe schien nicht einmal so übel zu sein. Sie, Rodena, war jedenfalls nicht auf diese Weise umsorgt und unterhalten worden.
    „Ich grause mich fürchterlich vor diesem Kerl“, flüsterte Papia mit verzweifelter Miene. „Gewiss kann er sich in einen Bären verwandeln, denn er ist überall voller Haare. Sogar sein Handrücken und seine Waden sind wie mit brauner Wolle bewachsen.“
    „Aber er war doch freundlich zu dir, oder?“
    „Er hat mich die ganze Zeit über angestarrt“, jammerte das Mädchen. „Er hat braune Pranken wie ein Raubtier und schwarze Fingernägel. Du musst mich schützen, Rodena, ich flehe dich an. Wenn der Anführer es ihm gestattet, wird dieser Bär über mich herfallen und mich in Stücke reißen.“
    „Vorläufig sind sie erst einmal auf Raub ausgezogen“, gab Rodena düster zurück. „Wer weiß, ob sie überhaupt zurückkommen.“
    „Ich bete darum, dass die Erde sich auftun möge, um sie alle miteinander zu verschlingen“, wisperte Papia und sah sich scheu nach den Männern um, die das Boot bewachten. Doch die hatten ihren frommen Wunsch nicht gehört.
    Auch Rodena schwieg, denn sie spürte, wie langsam ein Zittern in ihr aufstieg, und sie wusste, was dieses Anzeichen zu bedeuten hatte. Sie klammerte sich an die Ruderbank und starrte auf den Fluss, dessen Wasser in der Dämmerung tiefschwarz erschien, und die Bilder stürmten in nie gekannter Heftigkeit auf sie ein. Kämpfende Männer standen am Deck eines Bootes, Pfeile schwirrten, Schwerter blitzten auf, helles Blut spritzte auf die Schiffsplanken. Das Getümmel war so dicht, dass sie kaum unterscheiden konnte, wer gegen wen stritt, helles Segeltuch färbte sich rot, gefallene Krieger lagen am Boden, andere stürmten über sie hinweg, die Münder zum Kriegsschrei weit aufgerissen, die Augen starr im Rausch des Kampfes.
    „Was ist mit dir?“, sagte Papias erschrockene Stimme dicht neben ihr. „Frierst du? Hier, nimm meine Decke.“
    Sie spürte kaum, dass Papia sie einhüllte und die Arme um sie schlang, damit sie nicht von der Ruderbank fiel. Die rasche Folge der Träume wollte nicht abreißen, verdichtete sich sogar, und immer wieder mischten sich andere Visionen darunter, die nicht minder

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