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In einer Familie

In einer Familie

Titel: In einer Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Mann
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Illu-
    sion der Beiden zu vollenden. Sie kamen sich für die
    ersten Augenblicke wie Kinder vor, die vor dem
    Aufbau der Bescherung zu einem Spaziergang fort-
    geschickt sind, um, nun zurückgekehrt, durch die
    plötzlich weitgeöffnete Thür die Überraschungen
    anzustaunen, welche die Eltern vorbereitet haben.
    In der That entsprach der Major aufs beste seiner
    Rolle als Weihnachtsvater. Er stand stets hinter sei-
    nen glücklichen Kindern, um aus nächster Nähe die
    Äußerungen froher Überraschung zu hören, die
    immer häufiger und herzlicher wurden, während
    sie die einzelnen Räume musterten. Zugleich be-
    friedigte es den alten Herrn ungemein, bei verschie-
    denen Einzelheiten die aufrichtige Anerkennung
    seines künstlerischen Geschmackes zu vernehmen.
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    Er hatte diesen in Wahrheit mit vieler Liebe bethä-
    tigt, und besonders der Kaminwinkel in Annas
    Boudoir, vor dem die kleine Gruppe Halt machte,
    war ein kleines Meisterstück dekorativer Anord-
    nung, mit der diskreten Abstufung der verschieden-
    farbigen japanischen Seidenstoffe, welche hier die
    Wand bekleideten, mit den in originellen Haltern
    steckenden, darübergesäeten Photographien größe-
    ren und kleineren Formats, mit dem Phantasie-
    tischchen, das über und über mit eleganten Spiele-
    reien beladen war und in dem hier doppelt gebrei-
    teten, weichen Teppich versinken zu wollen schien,
    und mit der hohen bronzenen und rot beschirmten
    Salonlampe, deren Gestell sich dahinter vom Boden
    erhob, endlich mit den kostbaren Kaminaufsätzen,
    riesigen orientalischen Vasen von ausgezeichneter
    Arbeit.
    »Die habt ihr noch nicht gesehen, was?« fragte
    Herr v. Grubeck, der seine große Hand gemütlich
    auf die Schulter seines Schwiegersohnes gelegt hatte.
    »Ich habe die Dinger ganz zufällig noch bekom-
    men, nachdem ihr schon fort wäret, und habe mir er-
    laubt, sie ohne eure Genehmigung anzuschaffen;
    war sicher, daß sie euch als kleine Begrüßungsgabe
    angenehm sein würden.«
    Dann wies der alte Herr rasch auf das hübsche,
    hel hinter den Messingstäben spielende Kaminfeuer
    und auf die beiden davorgeschobenen und mit Kis-
    sen aller Art beladenen Sessel.
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    »Auf die Ecke hier«, erklärte er, »mußte ich natür-
    lich besondere Sorgfalt verwenden. Ich weiß, welch
    eigene Anziehungskraft im ersten Jahr so ein Ka-
    minfeuer übt. Später pflegt man dann zu dem mehr
    praktischen Ofen überzugehen.«
    Durch ähnliche, mit kleinen humoristischen Seuf-
    zern gesprochene Bemerkungen hatte der alte Herr
    seine beiden Begleiter mittlerweile ein wenig aus ih-
    rer anfänglichen Märchenstimmung erweckt. Auch
    folgte seinen letzten Worten von Seiten Wellkamps
    ein anerkennendes Lachen, während dessen der
    Thürvorhang, welcher das trauliche kleine Gemach
    abschloß, zurückgeschlagen wurde, um Frau v. Gru-
    beck eintreten zu lassen. Sie entschuldigte sich,
    durch ihre Toilette so lange verhindert worden zu
    sein, und begrüßte zugleich aufs herzlichste die Zu-
    rückgekehrten, indem sie mütterlich die Stirn ihrer
    Stieftochter küßte, während sie die Hand des jungen
    Mannes in ruhig freundlicher Weise drückte. Aus ih-
    rem Wesen schien etwas Unbestimmtes, Rätselhaf-
    tes, das früher bei jeder Begegnung mit ihr befrem-
    den und selbst quälen konnte, verschwunden, und
    ihr Benehmen statt dessen durch eine gewisse Ent-
    schlossenheit geleitet zu werden. Dies mochte auch
    ihre Toilette andeuten, welche, anstatt von der heu-
    len und fast mädchenhaften Art wie ehemals, heute
    wieder von der dunkleren Farbe war, die sie auch an
    dem Hochzeitstage des jungen Paares getragen. Von
    der ersten Minute an prägte sich in ihrem Auftreten
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    unverkennbar etwas Mütterliches aus, das auf Well-
    kamp, der in den vergangenen Augenblicken ihrem
    Erscheinen doch mit einer gewissen Bangigkeit ent-
    gegengesehen, eine durchaus beruhigende Wirkung
    übte. Seine Unbefangenheit wurde mehr und mehr
    wieder hergestellt, als er jetzt auf die beiden Frauen
    herniederblickte, die in den Sesseln vor dem Kamin
    Platz genommen hatten. Der Altersunterschied
    ward noch sichtbarer, wie nun dicht neben Annas
    von der Winterfrische gerötetem Gesicht sich Doras
    blasses Profil zeigte. Es war, bei aller weichen Zart-
    heit, ein Leidenszug, vielleicht nur wenn sie lächelte,
    darin kenntlich. Dazu kam, daß oben auf ihrem
    vollen Haar, wo Wellkamp so häufig goldene Licht-
    reflexe hatte spielen sehen, heute ein ganz winziges
    Arrangement künstlicher Blumen

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