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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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Bord?«,
     fragte der Inquisitor.
    Der Steuermann wurde sofort
     wieder nervös. »Nicht ganz«, gab er zurück. »Herr
     Helmstede hat die meisten Männer der Besatzung zu sich ins Haus
     genommen, wo sie in den Zimmern der Diener schlafen - auf dass niemand während
     der Liegezeit den Reizen von Paris erliege und sich davonmache. Nur ein
     paar Mann und ich sind zurückgeblieben, um die ›Kreuz der
     Trave‹ zu bewachen. Ich habe die Männer vor einer Stunde
     fortgeschickt, um Brot und Wein zu holen.«
    »Dann bist du ja gut
     versorgt«, murmelte Philippe de Touloubre und zog eine Augenbraue spöttisch
     in die Höhe. Ich folgte seinem Blick, der über die Schulter des
     Steuermanns ging - zum Achterschiff, wo im Kastell eine Luke aufging. Für
     einen Augenblick gewahrte ich dort die blonden Haare eines liederlich
     gekleideten Frauenzimmers. Als die Dirne uns erblickte, schlug sie
     erschrocken eine Hand vor den Mund und verschwand geräuschlos wieder
     im Bauch der »Kreuz der Trave«. Selbst ein Mönch wie ich
     konnte sich denken, warum Gernot seine Männer fortgeschickt hatte.
     Ich zog es vor, dem Steuermann, der das kleine Schauspiel hinter seinem Rücken
     nicht bemerkt hatte, die Bemerkung Meister Philippes nicht zu übersetzen.
     Auch der Inquisitor tat Gernot gegenüber so, als hätte er
     niemanden gesehen, und blickte sich mit freundlichem Lächeln um.
     »Die Farben sind abgeblättert, der Teer rissig, die Segel
     scheinen ein wenig zerschlissen zu sein. Sagt, Steuermann Gernot, hatte
     die ›Kreuz der Trave‹ eine lange Reise hinter sich, als sie
     in Paris anlangte?« Gernot sah unsicher drein. »Nun, Herr, wir
     mussten ganz Dänemark umsegeln. Im Skagerrak sind Wind und Strömung
     tückisch, wir mussten vier Tage gegenan kreuzen. Auch die Nordsee ist
     gefährlich, manchmal mussten wir lange beidrehen. Es war ja noch
     Winter, als wir gen Frankreich fuhren.«
    »Doch könnt ihr
     kaum mehr als ein paar Wochen unterwegs gewesen sein«, hakte Meister
     Philippe nach.
    »Es waren vier, um
     genau zu sein«, gab der Steuermann zur Antwort. »Die ›Kreuz
     der Trave‹ scheint mir aber auszusehen, als sei sie Monate auf See
     gewesen«, stellte der Inquisitor mit gefährlicher
     Freundlichkeit fest.
    »Das mag sein«,
     murmelte Gernot. Dem Steuermann standen feine Schweißtropfen auf der
     Stirn, die in der Sonne glänzten wie ein leichtes Perlendiadem.
     »Ich kann es nicht sagen, denn dies ist meine erste Fahrt auf der
     ›Kreuz der Trave‹. Zuvor diente ich Herrn Helmstede auf
     einem anderen Schiff.«
    Er blickte sich nervös
     um, als fürchtete er, ein Dämon könnte jeden Augenblick
     irgendwo aus einem finsteren Winkel der Kogge hervorspringen.
    Dann fiel er plötzlich
     auf die Knie - dies geschah so unvermittelt, dass ich erschrocken zurückwich
     und einen Augenblick innehielt, bevor ich es wagte, das, was nun aus ihm
     hervorsprudelte, meinem Meister zu übersetzen. Es war, als sei ein
     Seil in Gernot, das unter hoher Spannung gestanden hatte, ganz plötzlich
     zerrissen.
    Er küsste den Saum der
     Kutte des Inquisitors. »Betet für mich«, flehte er,
     »denn dieses Schiff ist verflucht.«
    Meister Philippe blieb
     unbewegt und sah streng auf ihn hinab. »Sag dies nicht leichtfertig,
     mein Sohn, manchmal kommt das Böse erst zu uns, wenn wir es rufen.«
    Gernot blieb auf den Knien
     und blickte sich wieder gehetzt um. »Die anderen Seeleute sind
     einfache Matrosen oder liederliches Pack, angeheuert von meinem Herrn in Lübeck
     und anderen Häfen der Ostsee. Sie verstehen sich nicht auf die Kunst,
     ein Schiff zu steuern, und sie kümmert es auch nicht, solange sie nur
     ihr Geld bekommen. Nur mein Herr und ich verstehen uns auf die Navigation,
     doch ihm wagte ich nicht, zu gestehen, was auf meiner Seele lastet.«
     Gernot sprach nun leiser, sodass wir uns zu ihm hinabbeugen mussten, um
     ihn zu verstehen.
    »Im letzten Herbst
     schleppte sich die ›Kreuz der Trave‹ in den Hafen von Lübeck«,
     flüsterte der Steuermann. »Lange war sie auf See geblieben, so
     lange, dass wir sie schon verloren gegeben haben. Im Dom war sogar schon
     eine Messe für die Seelen der Seeleute gelesen worden und ihre Frauen
     trugen Witwentracht.
    Nicht zu Unrecht. Denn eines
     Tages schlich die Kogge in den Hafen, nur ein zerfetztes Segel hatte sie
     gesetzt. Kräftige Männer mussten ihr in Kähnen
     entgegenrudern und sie bis an den Kai schleppen. Als sie an Bord kamen, da
     fanden sie

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