Infinitas 3 - Engel der Morgenstille (German Edition)
nicht erfreut über ihren Entschluss war, hatte er zumindest signalisiert, dass er ihre Entscheidung akzeptierte und sie in jeder Hinsicht unterstützen würde. Sein Haus war jederzeit für sie offen, sie konnte auf die Hilfe aller Krieger zurückgreifen. Das war weitaus mehr, als Shia ihr angeboten hatte.
Als er das Zimmer betrat, hoffte er, eine schlafende Madison vorzufinden, doch weit gefehlt. Madison saß auf dem Bett und starrte ihn an. Er ließ die Jalousie mit seinen mentalen Kräften herunterfahren. Auf Madisons fragenden Blick brummte Rayhan: »Wir sollten uns ein wenig ausruhen, am Abend fliegen wir Richtung Dubai.«
»Dubai?«
»Ja, wir haben einen Anruf von Channing, unserem Anführer, erhalten und werden uns mit den Kriegern in Dubai treffen, dort vermuten wir das Diarium.«
»Es ist ein Wunder, dass dein Bruder dich hier gefu nden hat.«
»Das war kein Wunder, sondern Kismet!«
Er machte sich vom Fenster los und ging langsam auf das Bett zu. Ihr Duft hatte sich mittlerweile im ganzen Zimmer verteilt und er bezweifelte, dass er jemals die Erinnerung an diesen Geruch wieder loswerden würde.
»Kommst du zu mir ins Bett?«, fragte sie ohne große Umschweife.
»Ich ... ähm ... », stammelte Rayhan verlegen und stemmte die Hände in die Hüften. Madison trug immer noch sein weißes Oberhemd und die Haare fielen offen auf ihre Schultern. Sie sah mit ihren rosigen Wangen zum Anbeißen aus. Vorsichtig setzte er sich zu ihr.
»Während du mit deinem Bruder unterwegs warst, habe ich mich mit Sunny unterhalten. Sie ist wirklich sehr nett und vollkommen in Tariq verliebt.«
»Maroush, so nennen wir Tariq.«
»Sunny hat mir erzählt, wie sie ihn kennengelernt hat.«
Innerlich stöhnte Rayhan auf. Hatte Sunny etwa e rwähnt, dass Lebensgefährten das gleiche Tattoo trugen? »Ja, da haben sich zwei gesucht und gefunden«, murmelte er.
»Magst du Sunny nicht?«
Erschrocken schaute er Madison an. »Doch natürlich. Sie ist wunderbar, genau die Frau, die Roush braucht. Er hätte keine Bessere finden können. Was hat Sunny dir sonst noch erzählt?« Seine Frage, so belanglos sie auch klingen mochte, barg so viel Sprengstoff.
»Oh, sie hat mir so Einiges erzählt«, antwortete Madison und lächelte geheimnisvoll.
Gebannt starrte Rayhan sie an, seine Nerven zum Zerreißen gespannt. Sie rückte näher an ihn heran und griff nach seiner Hand. »Sie hat mir erzählt, wann und wie sie gewandelt wurde, wer alles zu den Kriegern des Glaubens gehört und wie das Zusammenleben aussieht.«
Er drückte leicht ihre Hand. Der lose Kontakt brachte ihn schon um den Verstand. Er wollte sie, er wollte ihr Blut. Es war der Drang eines Junkies nach dem nächsten Schuss. Rayhan versuchte, sich auf etwas anderes zu ko nzentrieren. Er begehrte sie so sehr. Ihre Küsse waren wie ein Geschenk an ihn, jeder Einzelne. Als sie sich liebten, hatte sie ihm alles gegeben, von Lust über Befriedigung bis hin zu ihrer Liebe. Das war es, was er in ihrem Gesicht gelesen hatte, als sie gekommen war und seinen Namen laut herausgeschrien hatte. Die wahre Liebe, die man nur einmal im Leben fand.
»Und hat sie sonst noch etwas erzählt?«
»Sprichst du auf etwas Bestimmtes an?«
»Nein, ich möchte nur wissen, ob du uns nach Dubai begleitest.« Diese Frage sollte ganz belanglos klingen, doch seine Stimme verriet, wie elementar wichtig ihre Antwort für ihn war.
»Möchtest du, dass ich euch begleite?«
Er fixierte einen imaginären Punkt an der Wand, denn er wollte nicht, dass Madison an seinem Gesicht ablas, wie sehr er sich wünschte, dass sie bei ihm blieb, dass sie ihn nicht verließ. Dann sagte er: »Nein, ich will, dass du den Kriegern beitrittst und mit uns lebst!«
»Du erwartest, dass ich mein altes Leben aufgebe?«
»Hast du das denn nicht längst?«
»Was gibt es schon für mich in Dubai?«
»Wie wäre es mit dem Kopf von Viktor Kassai?«
Wie hatte sie das vermisst! Das Stimmengewirr, die lauten Rufe, das ständige Telefonschellen, de n Mief, den ihre zwanzig Kollegen ausschwitzten, den Gestank der kleinen Ganoven und Prostituierten, die vorübergehend festgenommen waren.
Ewa stand in der Eingangshalle des Police Departments und ließ die ganzen Eindrücke auf sich wirken. Ja, hier gehörte sie hin, hier war sie zu Hause.
Als sie die Stufen zur ersten Etage hinaufstieg, wurde sie angerempelt, was sie fast zu Fall brachte. Ohne sich zu entschuldigen, rannte der Typ einfach weiter. Auch wenn er wesentlich besser roch,
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