Insel der Sehnsucht, Insel des Gluecks
zu einem eleganten Knoten im Nacken frisiert trug. Ein perfektes Make-up betonte apart die großen dunklen Augen und die hohen Wangenknochen. Zwar trug sie schlichtes Schwarz, wie es unter griechischen Frauen Tradition war, aber ihr Kostüm war von Dior, und auch dem Make-up war die Pariser Herkunft anzusehen.
Angesichts dieser eleganten Erscheinung war Chloe froh, sich doch für ein Kleid entschieden zu haben, das diesem Vergleich standhalten konnte - doppelt froh, als die Tür aufgerissen wurde und Marisa hereinstürmte in hautengen knallroten Jeans und einem knappen T-Shirt, unter dem sie eindeutig keinen BH trug. Chloe erhaschte einen
missbilligenden Blick von Leon, als dieser sie gerade Nikos Kriticos vorstellte. Seinen Vater, einen untersetzten Mann von typisch griechischem Aussehen, hatte sie bereits kennen gelernt.
Nun wandte sie sich mit einem professionellen Lächeln, das ihr auf dem Laufsteg zur zweiten Natur geworden war, dem jungen Mann zu.
"Kyria Stephanides ..." Er geriet ein wenig ins Stocken, während der Blick seiner sanften braunen Augen mit unverhohlener Bewunderung auf ihr ruhte. Chloe empfand sofort Mitleid. Leon konnte doch nicht ernsthaft überlegen, diesen scheuen Jungen mit Marisa zu verheiraten, die ihm an Erfahrung um Jahre voraus war!
Leon musste ihre Gedanken erraten haben, denn er drückte ihr warnend den Arm, als er sie zu Madame Kriticos führte, die auf einem der cremefarbenen Seidensofas Platz genommen hatte.
"Ja, Leon, lassen Sie uns ruhig allein", sagte Madame Kriticos lächelnd. "Sie und Alexandros haben Geschäftliches zu besprechen. Vielleicht möchte sich ja Marisa zu uns gesellen?
Es ist lange her, dass ich zuletzt Gelegenheit hatte, mich mit ihr zu unterhalten." Sie wandte sich an Chloe. "Ich glaube, Sie sind genau zur rechten Zeit nach Griechenland zurückgekehrt. Marisa braucht unbedingt die führende Hand einer Frau."
Bei diesen Worten ließ sie den Blick zu Marisa schweifen, die jetzt mit schmollender Miene bei Nikos stand. "Sie kleidet sich wie ein Mädchen, dem seine Tugend nichts wert ist", bemerkte Madame Kriticos unverblümt und sah Leon an. "Sie tun gut daran, sie zu verheiraten, bevor es zu spät ist."
Bevor Leon etwas erwidern konnte, kam Alexandros Kriticos dazu, der es offensichtlich eilig hatte, sich mit Leon zu geschäftlichen Besprechungen zurückzuziehen.
Sobald die beiden Männer fort waren, übernahm Madame Kriticos energisch die Initiative und schlug ihrem Sohn vor, doch Marisa zu bitten, ihm den Garten zu zeigen.
"Normalerweise bereitet es der Familie des Mädchens Unbehagen, die Tochter mit einem heißblütigen jungen Mann allein zu lassen, aber in diesem Fall, vermute ich, ist die Gefahr für Nikos größer als für Marisa", wandte Madame Kriticos sich an Chloe, als die beiden jungen Leute pflichtschuldig, aber wenig begeistert im Garten verschwunden waren.
Überrascht von der Freimütigkeit ihres Gastes, suchte Chloe noch nach einer diplomatischen Antwort, als Madame Kriticos sie unkompliziert bat, sie doch "Christina" zu nennen, und dann energisch fortfuhr: "Ich bin alles andere als überzeugt davon, dass diese Ehe, wie Leon sie vorschlägt, für Nikos gut wäre.
Meiner Meinung nach ist er noch zu jung für die Ehe und viel zu unbekümmert für eine so verwöhnte und verzogene junge Frau wie Marisa. Aber mein Mann schuldet Leon sehr viel, deshalb
..."
Sie zuckte die Schultern. "Natürlich lässt sich nicht leugnen, dass es in finanzieller Hinsicht eine ausgezeichnete Partie wäre, aber in den letzten Monaten haben in Athen Gerüchte bezüglich Marisas Verhalten die Runde gemacht, die - gelinde gesprochen
- besorgniserregend sind." Madame Kriticos bemerkte Chloes entsetztes Gesicht und zog erstaunt die Brauen hoch. "Ach, kommen Sie, Chloe, Leon hat Sie doch sicher gewarnt, was Sie zu erwarten haben, oder? Die gehobenen Kreise von Athen sind eine geschlossene Gesellschaft, die es liebt, in Klatsch zu schwelgen, vor allem, wenn er die Herausragenden unter ihnen betrifft. Leon ist ein sehr reicher Mann - so reich, dass man darüber sogar in Kreisen spricht, in denen Reichtum als selbstverständlich gilt. Als er aus Paris mit seiner jungen Frau zurückkehrte, wurden Sie, meine Liebe, von allen
unverheirateten Griechinnen unter fünfundzwanzig und von allen griechischen Müttern über vierzig beneidet. Natürlich brauche ich Ihnen nicht zu erzählen, was er durchstehen musste, als Sie ihn verlassen haben?"
Chloe hielt es für klüger, zu
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