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Irgendwo dazwischen (komplett)

Irgendwo dazwischen (komplett)

Titel: Irgendwo dazwischen (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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Und da sitze ich
nun, zwischen den beiden wichtigsten Menschen meines Lebens. Und wir
unterhalten uns. Die Sonne scheint mir auf den Bauch, und der Eistee läuft kühl
meine Kehle hinunter. Das Leben ist schön. Es ist bildschön...
     
    Emma
    Es klopft
an meiner Tür. Ich sitze auf dem Balkon, meine Beine auf dem Geländer, neben
mir eine Kanne eiskalter Pfefferminztee, auf meinem Schoß ein Buch. Es klopft
ein zweites Mal. Dann geht die Tür auf.
    „Emma?“
    Ich drehe
mich um. „Was gibt’s?“
    „Ich habe
dir ein paar Sandwiches gemacht.“ Meine Mutter hält mir einen Teller entgegen.
    Ich
versuche, meinen irritierten Gesichtsausdruck in ein Lächeln umzuwandeln, was
mir nicht so ganz gelingt. Ich schaue zu ihr hoch. „Ähm, danke...“, stottere
ich und nehme ihr den Teller aus der Hand. „Warum?“
    „Was,
warum?“
    „Warum hast
du mir Sandwiches gemacht?“
    „Du hast
heute noch nichts gegessen. Da dachte ich, ich mache dir welche, damit du
weiterlesen kannst.“ In ihren Augen schimmert etwas Zartes. „Jetzt will dich
aber nicht länger stören...“ Sie geht zur Tür.
    „Mama...“
    Sie dreht
sich zu mir. „Ja?“
    „Das ist
wirklich lieb von dir. Danke.“
    „Das habe
ich gerne gemacht.“ Sie lächelt mich an, dann verlässt sie mein Zimmer.
    Genüsslich
beiße ich von einem der Brote ab. Schinken, Geramont, Tomaten. Köstlich.
Absolut köstlich. Dann nehme ich einen Schluck Tee. Und dann lese ich weiter.
Buch Nummer drei. Das Parfum . Ich bin gerade bei der Stelle, als
Grenouille dem unwiderstehlichen Duft einer jungen Frau durch ganz Paris folgt.
Die Sätze in Süskinds Werk sind wunderschön verschachtelt. Jeder für sich ein
kleines Kunstwerk. Mein Brot und ich sitzen auf dem Balkon und lieben das
Leben. Alles erscheint mir schön. Und ich bin glücklich. Seit langem zum ersten
Mal. Zumindest seit langem so richtig glücklich.
    Abends
klopft es wieder. Und wieder ist es meine Mutter. Dieses Mal kommt sie mit
einem Tablett ins Zimmer. „Ich hab dir Nudeln gemacht. Und einen kleinen
Salat“, sagt sie strahlend.
    „Mama, das
brauchst du doch nicht.“
    „Weißt du,
Emma...“ Sie stellt das Tablett auf den kleinen Beistelltisch. „...es freut mich
einfach, dass du etwas gefunden hast, das dich glücklich macht.“ Sie streichelt
mir über den Kopf. „Lass es dir schmecken.“ Dann dreht sie sich um und geht in
Richtung Tür. „Leni und ich schauen einen Film... Vielleicht magst du später
auch runterkommen?“
    „Ja, mache
ich...“
    „Aber
wirklich nur, wenn du Lust hast.“ Sie lächelt mich an, dann verschluckt sie die
Dunkelheit. Ich schaue ihr nach. So liebevoll war sie lange nicht mehr, wenn
sie es überhaupt jemals war. Das ist bestimmt unfair. Sie war bestimmt schon
oft so liebevoll. Vielleicht habe ich es einfach vergessen. Aber an diesen Tag
werde ich mich erinnern. Zumindest wünsche ich mir das.
     
    Lili
    „Wie geht
es Emma?“, fragt Joakim.
    „Ganz
gut...“
    „Ja?“ Er
klingt erleichtert.
    „Ja, es
geht ihr gut“, sage ich kalt.
    „Aber sie
ist bestimmt noch sauer auf mich...“
    „Vermutlich.“
Eigentlich weiß ich das nicht. Ich denke es nur. Vielleicht gehe ich auch zu
sehr von mir aus. Ich wäre bestimmt noch sauer.
    „Was macht
ihr beiden?“ Elias kommt aus dem Bad. Um seine Hüften ein Handtuch, seine Haare
nass.
    „Ich
versuche krampfhaft, mich mit Lili zu unterhalten, und Lili versucht
krampfhaft, sich nicht mit mir zu unterhalten.“ Ich muss lächeln. „Wann ist die
Besichtigung?“, fragt Joakim und schaut auf die Uhr.
    „In einer
Stunde“, antwortet Elias in Gedanken versunken. „Du wirst dir aber jemanden
suchen müssen, der sich die Wohnung mit dir teilt.“
    „Wieso? Ist
sie größer als die hier?“
    „Ja, es ist
ne Drei-Zimmer-Wohnung... ideal für eine WG.“
    „Eine
was?“, fragt Joakim amüsiert.
    „Eine
Wohngemeinschaft. WG ist die Abkürzung für Wohngemeinschaft.“
    „Kennst du
jemanden, der eine Wohnung sucht?“
    „Ich werd
mich mal umhören.“
    „Danke...
Kann ich jetzt ins Bad?“
    „Ja,
sicher.“
    Er steht
auf, schaut mich an und sagt, „Bitte entschuldigen Sie mich. Ich hoffe, Sie
können mir vergeben, dass ich Sie nun verlassen muss. Ich habe unsere
Unterredung wirklich sehr genossen.“ Er macht eine kleine Verbeugung, dann
verschwindet er im Gang. Ich unterdrücke ein Lächeln.
    „Kleines?“
Ich schaue hoch. „Wann redest du wieder mit mir?“
    „Ich rede
doch mit dir.“
    „Mag sein,
aber deine

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