Irrfahrt
Adam auf der Karte ermittelt, welche Werte den Ablaufpunkt für die Boje ergaben, die auf der Schanz bereits aufgeklart wurde. Im Grunde war die Sache ganz einfach, wenn man sie verstand. Und Adam verstand sie. Heimlich bewunderte Gerber die Sicherheit, die der Leutnant ausstrahlte.
Mit langsamer Fahrt lief der Dampfer gerade in den Engpaß zwischen den Klippen, als ihn die Mine traf. Schrill zerriß das Vorschiff unter der scharfen Detonation. Riesige Wasserwolken stoben auf beiden Seiten unter dem getroffenen Fahrzeug hervor und hüllten es für Sekunden in feinen Wasserstaub.
Gurgelnd strömte Wasser in die angeschlagenen Räume. Achtern drehte sich die Schraube rasend schnell in der Luft, als der Bootskörper vorn tief eintauchte; die Maschine heulte auf wie ein im Leerlauf irrsinnig hochgetriebener Lastwagenmotor.
Der Kommandant gab das Stoppsignal. Durch Sprachrohr wurde die Maschine verständigt. Im Kesselraum stand kein Wasser, aber wie lange noch? Der Bootsmann wollte die Schotten abstützen lassen, doch Rauh winkte ab. «Hat keinen Zweck mehr. Schlauchboote klarmachen, Rettungsboot ausschwingen!»
Immer wieder kreischte und knackte es im Schiffskörper. Viele Schotten waren bis zur Grenze des Möglichen beansprucht. Es war nur eine Frage der Zeit, wann sie nachgeben würden.
An Deck wurde mit Hingabe gearbeitet, um das Beiboot aus den Davits zu schwingen. Es gelang nicht, die gewaltige Explosion hatte die Aufhängung verklemmt. Auch mit Brechstangen kamen die Männer nicht weiter. Das Rettungsboot saß fest wie im Schraubstock. Nur ein Schlauchboot war klar, das andere hatte die Erschütterung des Minentreffers über die Bordwand gefegt. Irgendwo achteraus schwamm es nutzlos umher.
Rauh teilte mit eiserner Ruhe die Männer für das Schlauchboot ein. In dieser Stunde der Gefahr war er ein völlig anderer Mensch. Er brüllte nicht, kein Fluch kam über seine Lippen.
Das Schiff hatte bereits eine gefährliche Schräglage angenommen. Fässer und Kisten schlitterten gegen Schotten, die jeden Augenblick bersten konnten. Laute Geräusche, die aus dem Schiffskörper heraufdrangen, vergrößerten das Durcheinander und die Disziplinlosigkeit an Deck.
Rauh hatte die älteren, meist verheirateten Männer für das große Schlauchboot bestimmt. Der Bootsmann übernahm das Kommando. «Ablegen, zweihundert Meter querab rudern !» befahl der Kommandant mit fester Stimme.
Gehorsam begannen die Männer zu pullen. In dem vollbesetzten Fahrzeug waren kräftige Armzüge so gut wie unmöglich; dauernd stießen die Riemen an. Als das Boot endlich Fahrt aufnahm, schwang sich ein junger Funker in höchster Verzweiflung hinterher. Beim Absprung blieb er mit dem Fuß hängen, strauchelte und schlug mit dem Gesicht gegen die aufgerissene Bordwand. Ein unterdrückter Schrei, dann brach er bewußtlos zusammen. Der Schein einer Taschenlampe streifte kurz sein blutverschmiertes, grausig entstelltes Gesicht und wanderte weiter. Niemand hatte jetzt Zeit, sich um den Jungen zu kümmern.
Für die restlichen Besatzungsmitglieder blieben noch zwei Flöße und einige Rettungsringe, denen nicht zu trauen war.
Schnell wurden die Flöße zu Wasser gebracht. Als im Vorschiff mit ohrenbetäubendem Knall ein Schott zerriß und das weidwunde Schiff erschütterte, war kaum noch einer der Männer zu halten. In wilder Panik stürzten sie sich auf die Flöße. Einige sprangen in der Dunkelheit ins Leere und bekamen erst nach großer Mühe die Rettungsleine zufassen, die außen an dem Floß herumlief.
Gerber leuchtete mit seiner Taschenlampe das Oberdeck ab und versuchte, das Ausmaß der Verwüstungen zu ermitteln. Die Winsch war losgerissen und einige Meter weit über Deck geschleudert worden. Kisten, Munitionsmagazine und Grätings lagen überall verstreut. An mehreren Stellen waren die Bohlen des Deckbelages zersplittert oder geborsten und ragten bizarr in die Luft.
Leutnant Adam begann seine Schwimmweste klarzumachen, doch soviel er auch pustete, sie wurde nicht prall. Irgendwo war die dünne Gummihülle angeritzt, und Adam mühte sich vergebens, die Stelle zu finden. «Würden Sie vielleicht so liebenswürdig sein und mir eine andere Schwimmweste holen», sagte er zu seinem Aufklarer. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ihn der junge Matrose an und sprang dann mit einem wilden Satz über Bord, als habe ihm der I WO nach dem Leben getrachtet.
Auch Gerber traf nun seine Vorbereitungen. Dabei zwang er sich krampfhaft zu nüchterner
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