Irrliebe
fotografieren, wenn sie zu dritt ins Wasser sprangen. Die Mädchen waren davon begeistert und ließen sich gleich mehrfach ablichten. Als sie genug davon hatten, bat der Mann darum, dass die Mädchen ihn und seine Freundin beim Sprung fotografieren, was die Mädchen verwunderte, aber wunschgemäß taten. Der Mann betrachtete anschließend die von insgesamt drei Sprüngen gefertigten Bilder. Er bat, eines zu löschen, weil er darauf, wie er sich ausdrückte, dumm aussehe. Er soll dafür auch irgendeinen französisch klingenden Begriff gebraucht haben. Die Mädchen löschten daraufhin in seinem Beisein dieses Bild. Die zwei Bilder von den beiden anderen Sprüngen gefielen dem Mann, und er bat darum, sie per E-Mail erhalten zu dürfen. Die von ihm angegebene E-Mail-Adresse, die sich Jessica Schneider notierte, war jedoch falsch. Nachdem sich die Bilder nicht verschicken ließen, ließ Jessica die Sache auf sich beruhen. Die Fotos von dem Paar sind noch in Jessicas Kamera gespeichert und konnten gesichert werden. Die Auswertung ergab, dass die auf dem Foto abgelichtete Frau zweifelsfrei Franziska Bellgardt ist. Man erkennt ihr Gesicht, das sie während des Sprunges der Kamera zuwandte. Ihr Begleiter kann auf den Bildern nicht eindeutig erkannt werden. Er befand sich beim Sprung rechts neben Franziska Bellgardt und wird von dieser auf dem Foto teilweise verdeckt. Im Gegensatz zu Frau Bellgardt wandte er sein Gesicht auch nicht der Kamera zu, mit der Jessica Schneider aus rückwärtiger Position, nämlich links neben dem Sprungturm mit Blick in das Schwimmbecken, fotografierte. Weder die Zeugin Schneider noch ihre Freundinnen konnten zum Aussehen des Begleiters von Franziska Bellgardt nähere Angaben machen. Nach Vorlage des Passfotos von Pierre Brossard erklärten sie übereinstimmend, dass der Mann Herrn Brossard durchaus ähnlich sehe. Sie könnten dies aber nicht mit Sicherheit sagen. Die Mädchen schätzten ihn auf etwa 50 oder älter, was aber im Hinblick auf ein abweichendes Altersempfinden der jungen Zeuginnen nicht entscheidend sein mag. In deutlicher Erinnerung ist allen dreien vor allem der französische Akzent. Die Körperlänge des Begleiters von Frau Bellgardt kann aus den Bildern nicht ermittelt werden. Bei beiden fotografisch dokumentierten Sprüngen hielt er die Beine stark angewinkelt und auch den Kopf nach vorn gebeugt. Genaue Feststellungen sind auch im Hinblick auf den Umstand, dass Frau Bellgardt auf den Fotos den Körper ihres Begleiters weitgehend verdeckt, nicht möglich. Die genaue Analyse zeigt auf einem Bild auf seinem linken Schulterblatt einen Fleck, der eine Warze, ein Bluterguss oder ein Muttermal sein könnte. Nach Angaben von Frau Rühl-Brossard, die sich insoweit über ihren Anwalt Hubert Löffke äußerte, habe ihr Mann an der bezeichneten Körperstelle keine derartige Auffälligkeit. Es konnten auch keine entsprechenden ärztlichen Befunde sichergestellt werden. Pierre Brossard hat, soweit bekannt, keinen Arzt, bei dem er sich in Behandlung befindet oder befand.
18
Staatsanwalt Ylberi las den Bericht mit Genuss. Jedes Detail dieser Ermittlungen passte in das sich in seinem Kopf zusammenfügende Bild. Es würde sich vollenden, wenn Pierre Brossard gefunden wurde – oder die Person, die ihn gespielt hatte.
Überraschend kündigte Löffke für seine Mandantin nun doch sein Einverständnis in eine baldige Vernehmung an und drängte sogar auf einen zeitnahen Termin. Das ärztliche Attest, das das Fernbleiben von Dominique Rühl-Brossard zum vorgesehenen Vernehmungstermin am letzten Donnerstag entschuldigen sollte, lag noch nicht vor. Ylberi wusste, dass es auch nicht mehr kommen würde. Er setzte den Vernehmungstermin auf den morgigen Dienstag, 10. November, 16 Uhr, fest.
Ylberi hatte sich im Vorfeld dieses Termins nochmals eingehend mit allen bisher bekannten Fakten vertraut gemacht. Rechtsanwalt Löffke hatte noch kurzfristig Akteneinsicht beantragt, sie aber nicht gewährt bekommen. Ylberi nahm ihm – einer mutmaßlich weiteren nutzlosen Dienstaufsichtsbeschwerde zuvorkommend – den Wind aus den Segeln: Er wolle Dominique immer noch als Zeugin, nicht als Beschuldigte vernehmen, und solange sich daran nichts ändere, sei Löffke auch nicht ihr Verteidiger, weshalb er – wie die Zeugin selbst – kein Akteneinsichtsrecht habe. Löffke, mit dem Strafprozessrecht nicht vertraut und nur deshalb so engagiert, weil es ihm weniger um diesen Fall als vielmehr um die
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