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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
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dem Manne, der, wenn er von gutem Adel ist, damit, daß er eine Frau von niedrigerer Abkunft nimmt, noch nicht schon seinen Rang verliert; denn wenn der Mann von hohem edlem Geschlechte stammt, so adelt und erhebt er die Frau, die er seiner Größe beigesellt, wäre sie auch mitten aus der Hefe des Volkes genommen; und die Söhne, die ihnen geboren werden, erhalten alle den gleichen Adel wie der Vater. Eine Frau dagegen, so adlig sie ist, wenn sie einen Niedrigem heiratet und ihr Gatte nicht von Adel ist, gebiert keine Kinder, die dem Range der Mutter gleichstehen, sondern alle folgen dem des Vaters und bleiben unadlig, – so weit geht die Achtung vor dem männlichen Geschlechte. Daher sagen viele Gelehrte, der Mann gleiche der Sonne, die Frau dem Monde. Wir sehen wohl, daß der Mond nicht durch sich selbst leuchtet und kein Licht oder Schein dem nächtlichen Dunkel gewähren könnte, wenn er nicht von der Sonne erleuchtet wäre, die mit ihrem kräftigen Strahl zu rechter Zeit und am rechten Orte die Sterne erhellt und den Mond beleuchtet. Ebenso hängt die Frau vom Manne ab und empfängt von ihm ihren Adel. Der König also glaubte Unrecht zu tun, wenn er dem Ariabarzanes seine Tochter gebe, und fürchtete dafür Vorwurf und Tadel zu ernten. Aber jede Rücksicht und jede Furcht vor Schande ward besiegt und überwunden von dem Eifer, in diesem Wettkampf des Edelmuts die Oberhand zu behalten. Er schickte deshalb zu Ariabarzanes mit dem Auftrage, zu ihm an den Hof zu kommen. Sobald der den Befehl des Königs erhalten hatte, reiste er hin und stieg in seinem Palaste in der Stadt ab. Dann begab er sich sogleich hin, um seinem Herrscher seine Ehrfurcht zu bezeugen, der ihn denn sehr huldvoll bewillkommnete. Bald nach dem Empfange sagte der König zu ihm: »Ariabarzanes, da du keine Gattin mehr hast, wollen wir dir eine geben, die uns gefällt, und zwar eine solche, mit der du vollkommen zufrieden sein kannst.«
    Ariabarzanes antwortete, er sei bereit, alles zu tun, was er begehre. Da ließ der König seine Tochter prächtig angetan hereinkommen und befahl dem Ariabarzanes, hier vor dem ganzen Hofe sie als seine Frau anzunehmen. Als dies mit den gebührenden Förmlichkeiten geschehen war, zeigte Ariabarzanes keine große Freudigkeit über diese Verwandtschaft und tat mit der Braut anscheinend sehr wenig zärtlich. Alle Barone und Edelleute am Hofe waren ganz betroffen, als sie die große Huld ihres Königs sahen, womit er einen seiner Vasallen zum Schwiegersohn und Eidam angenommen hatte. Als sie daneben das störrische Wesen des Ariabarzanes bemerkten, tadelten sie ihn aufs entschiedenste. Den ganzen Tag über war Ariabarzanes außer sich, während der ganze Hof jubelte und nichts als tanzte. Der König selbst war voll Freude über die Hochzeit seiner Tochter und war nur mit seinem Glücke beschäftigt.
    Am Abend nach einer kostbaren Mahlzeit ließ der König seine Tochter mit festlichem Pompe nach dem Hause des Ariabarzanes begleiten und ihre reiche Mitgift auch dahin bringen. Er empfing seine Gattin höchst ehrenvoll und gab ihr augenblicklich in Gegenwart der Barone und Herren, die sie begleitet hatten, ein ebenso großes Heiratsgut wie das, das sie mitgebracht hatte, und schickte die tausend Pfund Gold, die ihm vom König zum Heiratsgut gegeben worden waren, demselben zurück. Diese Großmut setzte den König in solches Erstaunen und erfüllte ihn zugleich mit so heftigem Unwillen, daß er zweifelhaft war, ob er ihm nachgeben oder ob er ihn zu ewiger Verbannung verurteilen solle. Der König hielt die Großmut des Ariabarzanes nunmehr für unüberwindlich und konnte es nicht geduldig ertragen, daß einer seiner Vasallen sich seinem Könige in Sachen des Edelmuts und der Freigebigkeit gleichstelle. Er stellte sich daher heftig erzürnt und überlegte immer bei sich, was er in diesem Falle tun solle. Es war nicht schwer, den Grimm und Unwillen des Königs zu bemerken: denn sein Aussehen war verstört, und er machte niemandem ein freundliches Gesicht. Und da in Persien dazumal die Könige gleich Göttern geehrt und hochgeachtet wurden, bestand unter ihnen ein Gesetz: sooft der König sich heftig erzürne, solle er die Ursache seines Zornes seinen Räten offenbaren, die mit reiflicher Überlegung das Ganze zu prüfen haben, und wenn sie den König mit Unrecht erzürnt fänden, sollten sie gehalten sein, ihn zu beruhigen; fände sich aber wirklich, daß er guten Grund gehabt habe, unwillig zu werden und in Zorn zu geraten,

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