Jane Christo - Blanche - 01
öffnete beide Flügeltüren. Anschließend griff sie zum Telefon auf dem Nachttisch, wählte die Nummer für den Service und bestellte zwei große Flaschen Evian, Orangensaft sowie Hühnerbrühe und etwas Brot. Als Nächstes ging sie ins Bad. Nachdem sie sich vom Anblick der luxuriösen Marmorhalle erholt hatte, befeuchtete sie ein Gästehandtuch mit aufgesticktem Hotelwappen und kehrte zum Bett zurück. Dort machte sie sich daran, Blanche Hose und T-Shirt auszuziehen und wusch ihr Gesicht und Hände mit dem feuchten Frotteetuch. Als der Zimmerservice klopfte, hatte Blanche zumindest einen schwachen Versuch gestartet, Nella von sich zu schieben. Doch selbst diese Bewegung ging über ihre Kräfte, darum gab sie schließlich auf und ließ die unerwünschte Pflege stillschweigend über sich ergehen.
Bis Nella ihr die salzige Brühe sowie einen Liter Wasser eingelöffelt hatte, waren anderthalb Stunden vergangen und es dämmerte bereits.
Eine Stunde später hatte Blanche einen zweiten Liter intus sowie den Saft, und saß in der gigantischen Wanne des Badezimmers. Nella hockte mit einer Pobacke am Beckenrand und wusch ihr das Haar mit dem hoteleigenen Shampoo. Dabei plapperte sie in einem fort vor sich hin, als bemühte sie sich um eine entspannte Atmosphäre. Schließlich gab Blanche einen frustrierten Laut von sich.
„Kannst du nicht mal eine Minute die Klappe halten?“
Nella zog eine Schnute.
„Wie hast du mich überhaupt gefunden?“
„Über das Handy.“
„Da war kein Peilsender drin, das hätte ich bemerkt.“
„Den braucht es auch nicht. Das Teil verfügt über einen integrierten GPS Empfänger. Sobald es eingeschaltet ist, finden sie dich.“
„Na toll! Wann genau bist du noch mal in die Ortungs-Branche gewechselt?“
Nella zuckte mit den Schultern. „Enzo hat mir das gleiche Handy gegeben und mir erklärt, warum ich es nicht ausschalten soll.“
„Und seit Neuestem sind Enzo und du dicke Freunde oder was?“
Als Nella schwieg, wandte sich Blanche um und – erstarrte. Nella gab ein Bild des Jammers ab. Sie kämpfte gegen Tränen, während sie sich auf die Lippen biss. Blanche hatte sie noch nie so verletzlich gesehen. Sie seufzte und setzte sich auf.
„Hör zu, ich kann mich im Moment selbst nicht ausstehen. Am besten, du verschwindest, sonst werde ich es nur noch schlimmer machen.“
Als emotionaler Krüppel war das der beste Ratschlag, den sie geben konnte. Hau ab, so weit und so schnell du kannst. Doch Nella bewegte sich nicht. Sie schniefte und schüttelte den Kopf.
„Schon gut, ich weiß, was du durchgemacht hast und dass du es nicht so meinst.“
Sagt wer? Sie meinte jedes verdammte Wort genau so, wie sie es sagte. Interpretationen wurden oft überbewertet. Aber sie wusste auch, dass Nella ihre Abfuhr nicht verdient hatte. Hätte Blanche Erfahrungen mit Freundinnen, könnten sie jetzt dieses Verschworenending durchziehen. Sich ihre Geheimnisse anvertrauen, während sie sich die Zehennägel mit pinkfarbenem Lack bepinselten. Na schön, das war ein abgenutztes Klischee, aber es zeigte auch, dass sie keinen blassen Schimmer hatte, wie sie sich in Nellas Gegenwart verhalten sollte. Sie kannte die kleine Italienerin nur als Straßenspitzel, die sich ihre Infos gut bezahlen ließ. Diese Art von Geschäftsbeziehung war alles, was sie verband, und wenn sie ehrlich war, reichte ihr das völlig. Im Moment wollte sie allein sein, und wenn sie dazu rüde werden musste, dann war das eben so.
Als Edith Piaf plötzlich losträllerte, zuckte sie zusammen, doch es war nur Nellas Mobiltelefon, das sie umständlich aus der Handtasche kramte.
„Ja?“, fragte sie atemlos, nachdem sie das singende Ding endlich erwischt hatte. „Wirklich? Das ist ja super!“ Als sie sich freudestrahlend zu Blanche umwandte und ihren Gesichtsausdruck sah, fiel ihr Lächeln in sich zusammen. Sie räusperte sich und sagte leise: „Ich kann nichts versprechen, aber ich werde es versuchen. Okay, ich werd’s ausrichten.“ Damit legte sie auf und versuchte, ein Lächeln vor Blanche zu verstecken.
„Wie heißt er?“, fragte Blanche und sah das als Beitrag zur Wiedergutmachung an. Ein bisschen Girliegequatsche, dann würde Nella ihr das Herz ausschütten und verzog sich anschließend hoffentlich. Klang nach einem guten Plan.
„Wer?“, fragte Nella verwirrt.
„Na, komm schon. Eben noch schwimmst du in Tränen und im nächsten Moment strahlst du wie ein Honigkuchenpferd. So etwas schafft nur ein Mann.“
Ein
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