Jasmin - Roman
Zeit ihre Einkäufe dort gemacht.« Ich konnte mich nicht beherrschen und erzählte ihr auch von Chizkel.
»Das ist sicher Teil eines Handels zur Freilassung von Kriegsgefangenen.«
»Glauben Sie mir, ich habe nicht die leiseste Ahnung.«
Jasmin erkundigte sich nach Chizkel. Ich pries sein literarisches
und journalistisches Talent, sein Wirken für die Errichtung einer Schule für berufstätige Jugendliche, sein politisches Verständnis, als er die jüdische Gemeinde in Bagdad leitete, seine Tatkraft. Unsere Unterhaltung zog sich hin. Ich fragte sie nach dem Sinn der Terroranschläge wie dem von heute, und sie sagte, sie seien ein Aufstand gegen die Niederlage, eine Mitteilung an Nasser, dass er wie saure Milch sei, an den König, dass er nur noch ein toter Baum sei. Mein Körper zitterte, meine Hände brannten darauf, sie zu berühren, die wunderbare Zärtlichkeit mit ihr zu teilen, die ich ihr gegenüber empfand, doch ich blieb steif auf meinem Platz sitzen.
Am nächsten Tag, auf dem Weg zum Flughafen, schien mein Vater völlig in sich selbst versunken. »Mein Sohn, also, was sagst du dazu?«, wiederholte er geistesabwesend, ohne eine Antwort zu erwarten. Er nahm die erloschene Zigarette nicht aus dem Mund, und schließlich zündete er sie an und machte kleine, zurückhaltende Züge, damit sie nicht so schnell zu Ende wäre.
Am Flughafen erwartete uns eine Stewardess, die uns in den VIP-Raum brachte und Getränke servierte, doch keiner von uns rührte sie an. Die Tür öffnete sich, zwei Leute traten ein, Herr Katz vom Sicherheitsministerium und Chizkel, den ich fast nicht erkannt hätte. Er stand mit gebeugten Schultern vor uns, müde, sehr dünn, mit erloschenem Blick. Sein Haar war schütter und weiß geworden, und seine Wangenknochen stachen hervor, seine Nase wirkte größer denn je, mit zwei tief eingegrabenen Furchen zu beiden Seiten des Mundes, und sein Clark-Gable-Schnurrbart war vollständig ergraut. Einen langen Augenblick sahen mein Vater und er einander an. Chizkel ließ seinen Tornister aus der Hand gleiten, mein Vater trat auf ihn zu, fiel ihm um den Hals, und sie weinten das erstickte Weinen von Männern. Mit einer Kopfbewegung lenkte mein Vater seine Aufmerksamkeit auf mich, und er betrachtete mich und murmelte zögernd: »Nuri, bist du das?« Dann umarmte und küsste er mich mit Tränen in
den Augen. Als er mich losließ, ergriff er meinen Vater am Arm. »Und wo ist Kabi?«
»Wir haben es nicht geschafft, es ihm mitzuteilen«, antwortete mein Vater.
Herr Katz sah uns mit steinernem Gesicht zu, als sei ihm das bewegende Wiedersehen peinlich. Er schritt in Richtung Tür, gab uns zu verstehen, dass wir den Raum für eine Gruppe von Prominenten freimachen sollten, die gerade hereinkam, nannte Chizkel einen Termin im Sicherheitsministerium und verschwand.
Auf dem Weg zum Parkplatz kniff Chizkel seine Augen in der Sonne zusammen und bemühte sich, sein Hinken mit dem rechten Bein zu verbergen. Mein Vater und ich wechselten Blicke. Wir stiegen ins Auto. Vater und Chizkel setzten sich nach hinten. »Dass wir das noch erleben dürfen«, sagte mein Vater. »Wir haben alles versucht und nie aufgehört, auf dich zu warten. Gestern kam Nuri und berichtete, dass du endlich ankommst. Die ganze Nacht habe ich nicht geschlafen. Weißt du, wie oft sie gesagt haben, dass sie dich freilassen? Sie haben uns das Herz im Leib umgedreht. Umm Kabi hat immer gesagt, du seiest ein Zadik, ein Gerechter, und Gott werde dich nicht verlassen. Wie geht es dir, mein Bruder, wie steht es mit deiner Gesundheit?«
»Alhamdulillah.«
Mein Vater zog ein Päckchen Zigaretten heraus, sie rauchten beide und schwiegen.
»Sind die Jungen verheiratet?«, fragte Chizkel schließlich.
»In Israel heiratet man spät«, gab ich schnell zur Antwort, und mein Vater fügte hinzu: »Kabi hat eine Freundin aus Amerika. Ich denke, die Zeit ist bald reif.«
»Wo ist er denn?«, fragte Chizkel wieder.
»In Europa, beim Spionagedienst«, flüsterte mein Vater bedeutungsvoll und fügte hinzu: »Mein Sohn Moschi ist verheiratet, hat zwei Kinder und ist Landwirt im Moschav, und unser Sabre, Ephraim, ist im Kibbuz.« Ich schaltete das Radio ein, vielleicht
würden sie etwas über den Sprengsatz sagen, der in der Jaffastraße hochgegangen war, doch sofort schaltete ich es wieder aus, um unser Wiedersehen nicht zu stören.
Den Großteil der Fahrt über schwieg Chizkel. Bei Scha’ar Hagai öffnete mein Vater das Fenster und atmete tief ein:
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