Jenseits des Tores
Helmbrechts«. Obgleich niemand es nach jener Nacht mehr gesehen hatte.
Zumindest nicht in dieser Gegend .
*
Epilog
Und wenn jemand nicht gefunden wurde geschrieben in dem Buch des Lebens, der wurde geworfen in den feurigen Pfuhl. Offenbarung, Kap 20, Vers 15 Ewiges Feuer war der Boden dieses Reiches und endloses Wehkla-gen das Leben in ihm.
Und doch waren nicht alle, die hier existierten, Verdammte in Tod und Leid.
Für jene anderen kannten die Menschen zu jeder Zeit eine Vielzahl von Namen. Und sie gaben ihnen tausend Gesichter und Gestalten. Aber nicht eines dieser Gesichter und keine der Gestalten kam der Wahrheit auch nur nahe.
Denn keines Menschen Auge hatte sie je wirklich geschaut. Und wäre es geschehen, so hätte dieser Mensch hernach niemandem mehr davon berichten können. Weil sein Geist in Trümmer gegangen wäre.
Immerwährendes Sterben und Wahnsinn in einem mußte ihr Anblick all jenen bringen, die an diesen Ort gelangten, ohne zur Verdammnis verurteilt zu sein.
Allen anderen, die ihre Schuld hierhergebracht hatte, blieben sie unsichtbar, weil Schmerz und Leiden sie blind und taub machten für alles, was nicht ihrer ureigensten Qual entsprang.
Trotzdem erfüllten jene Wesen einen Zweck, denn nichts war ohne furchtbaren Sinn in diesem Reich. Sie krochen und wanden sich aus feurigen Pfuhlen und Klüften, strebten einem Ort zu, den ein Kreis markierte. Aus Steinen, die längst nicht mehr hell und leuchtend waren, sondern zu schwarzer Schlacke verbrannt waren.
Die Flammen griffen nicht über die dunkle Linie, und so war unversehrt geblieben, was sich inmitten des Kreises befand.
Zwei Körper.
Zwei Wesen, die - obwohl sie voller Schuld waren - nicht das Urteil der Verdammnis ereilt hatte, noch nicht ...
Entgegen dem Gesetz waren sie in das Reich gelangt. Und hatten es wieder verlassen müssen. Ihre Leiber waren zurückgeblieben, Toten gleich. Sie lagen innerhalb jenes Kreises.
Die Kreaturen aus den Pfuhlen und Klüften kamen zu ihnen und über sie, als wollten sie sich von dem leblosen Fleisch nähren. Doch so geschah es nicht. Sie nahmen die Leiber auf - einer schön und von edler Blässe, mit einer schwarzen Schicht überzogen wie von lebendem Stoff, der andere sehnig und das Gesicht von einer kreuzförmigen Narbe entstellt - und schleiften sie fort.
Kaum hatten sie den Kreis verlassen, als das Feuer auch schon über seine Grenze trat und ihn verzehrte wie alles andere ringsum.
Die beiden Körper wurden weit fortgebracht, durch flammende Schlünde und Seen aus purer Glut, bis hin zu einem Ort, den das Feuer nicht erobert hatte.
Hier erhob sich ein Block aus schwärzestem Fels, einem monolithischen Altar gleich, der aus einer toten Welt geschlagen war. Darauf betteten die Kreaturen die beiden Leiber. Wie ein liebendes Paar, das erst der Tod hatte vereinen können, ruhten sie Seite an Seite.
Lilith und Landru ...
In einem Reich, in dem Liebe nur Haß war.
ENDE
Jäger und Opfer
Leserstory von Andreas Gröger
»Du wirst sterben, Bestie!«
Die Lippen des Jägers verzogen sich zu einem Grinsen, das, so hoffte er, spöttisch und überlegen wirkte, und er bot seine gesamte Willenskraft auf, die Furcht tief in seinem Innersten zu verbergen, wo sie in seinen Eingeweiden wütete wie ein wildes Tier. Und je stärker dieses Tier danach drängte, die Freiheit zu erlangen, desto mehr zitterten seine Hände, die den Pflock hielten.
Der Pflock und das Licht, wiederholte die Stimme in seinem Kopf immer wieder, als ob sie ein Mantra beten würde. Der Pflock und das Licht sind deine Verbündeten gegen diese obszöne Ausgeburt der Dunkelheit!
Und diese Stimme war es, die das Tier in ihm beruhigte, es zähmte und in einen unruhigen Schlaf fallen ließ. Entschlossen trat er einen Schritt nach vorn und musterte die Gestalt erneut, die sich vor ihm in eine Ecke des Schuppens drückte, zitternd und sich hektisch nach allen Seiten nach einer Fluchtmöglichkeit umblickend.
Das Licht fiel durch die vielen Spalten und Risse in den Holzwänden des baufälligen Gebäudes in tausend Strahlen gefächert in den Raum und ermöglichte es dem Jäger, sein Opfer zu betrachten.
Eigentlich, so fand er, sah der Vampir ganz normal aus, und wären sie sich zufällig auf der Straße begegnet, so hätte er wohl gar keine Notiz von dem Wesen genommen, das er nun zu töten beabsichtigte. Aber gerade das war ja das Teuflische an diesen Kreaturen: Unbemerkt existierten sie neben den Menschen, nährten sich von ihnen, töteten
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