Jerry Cotton - 0571 - Ich gegen die Mafia
halblaut seine Weisungen. Eastons Mordkommission war ein Team von Spezialisten, die aufeinander eingespielt waren. Sie brauchten nicht viele Worte, um ihre Arbeit so gut und so schnell wie nur denkbar zu tun. Während sich die Experten vom Spurensicherungsdienst an die Arbeit machten, baute der Fotograf sein Stativ auf und schoß die ersten Aufnahmen. Ein Mann aus der daktyloskopischen Abteilung sah sich kurz um, dann hatte er gefunden, was er suchte.
»Ich wette, daß sie heute diese Handtasche trug«, meinte er zu Ed Schulz, indem er auf die rote Lacktasche zeigte, die ein Stück von der Toten entfernt auf dem Sofa lag. »Ein Mädchen wie sie nimmt zu roten Schuhen auch eine rote Handtasche.«
Der Fingerabdruckexperte stäubte die Handtasche ein und hatte keinen Blick für das ermordete Mädchen. Er fand zwei Dutzend Fingerspuren, fotografierte sie auf der Tasche und nahm sie mit der Klebefolie ab, nachdem er auf einer Skizze und mit Zahlen festgelegt hatte, wo welcher Abdruck gesichert worden war. Mit einer Lupe betrachtete er die gesicherten Fingerspuren. Dann ging er zu seinem Lieutenant, der mit Steve Dillaggio in der hintersten Ecke des Zimmers stand, um die anderen nicht zu behindern.
»Fingerspuren von der Handtasche, Chef«, sagte der Fachmann. »Ungefähr zwanzigmal dieselben Finger. Also wahrscheinlich die von dem Mädchen, dem die Tasche gehörte. Aber außerdem noch sechs klare Abdrücke von plumperen Fingern. Vielleicht von einem Mann. Die Abdrücke lassen darauf schließen, daß er die Tasche auf gemacht hat.«
»Gut, MacLean«, lobte Easton. »Schicken Sie die sechs gleich zum Archiv. Es wäre ja wunderschön, wenn der Mörder auf die Art seine Visitenkarte zurückgelassen hätte. Zum Glück kommt es doch immer wieder vor, obgleich doch alle über die Bedeutung von Fingerspuren informiert sind.«
»Übrigens können Sie jetzt den Tascheninhalt prüfen, nachdem ich die Fingerspuren gesichert habe.«
»Gut, danke.«
Easton und Steve gingen in die Hocke. Der Lieutenant kippte die Tasche auf dem blanken Fußboden neben dem Teppich aus. Die üblichen Utensilien einer Damenhandtasche kamen zum Vorschein. Easton betrachtete sie, ohne irgend etwas anzurühren. Steve hatte ihm derweil die Geschichte von den drei Männern erzählt und von Lu, die sie beobachtet hatte, als sie aus Vitessas Wohnung herausgekommen waren.
Plötzlich griff Easton in den kleinen Berg alltäglicher Gegenstände. Er zog mit spitzen Fingern ein Reklameheftchen Zündhölzer hervor.
»Donnegan Moonshine Bar«, las er vor. »Am Broadway. Nicht weit vom Times Square, Steve. Ich kenne die Hausnummern da. Es könnte die Bar sein, wo sie gearbeitet hat. Kommen Sie.«
Sie begaben sich zum Telefon. Ein paar Minuten mußten sie warten, bis auch hier alle vorhandenen Fingerspuren gesichert waren. Dann blickte der Lieutenant noch einmal auf das Reklameheftchen und wählte die darauf angegebene Telefonnummer.
»Geben Sie mir eine Kollegin von Vitessa Baran«, verlangte er.
Schließlich meldete sich eine dunkle Frauenstimme.
»Um wieviel Uhr müßte Miß Baran bei Ihnen heute anfangen?« wollte Easton wissen.
»Heute überhaupt nicht. Sie hat heute ihren freien Tag. Kann ich was ausrichten? Oder wollen Sie morgen wieder anrufen?«
»Wir werden uns heute abend noch sehen«, versprach der Lieutenant. »Ich bin Harry Easton, Lieutenant in der Mordabteilung Ost. Hören Sie mal! Ich brauche eine Auskunft von Ihnen. Gibt es unter Miß Barans Freunden jemanden, der eine dunkle Brille trägt?«
»Unter ihren Freunden? Nicht daß ich wüßte, Lieutenant. Aber gestern abend hat sie sich ziemlich lange mit einem Kerl unterhalten, der so eine Brille aufhatte.«
»Danke«, sagte Easton und legte den Hörer auf. »Ed, Sie übernehmen hier die Leitung. Wenn was ist, rufen Sie mich unter dieser Adresse an.« Der Lieutenant drückte seinem Stellvertreter das Zündholzheftchen in die Hand. »Kommen Sie!« sagte er zu Steve. »Mir scheint, das ist eine heiße Fährte, und wir wollen am Ball bleiben. Die Routine erledigen meine Männer hier auch, wenn ich nicht dabeistehe.«
Sie fuhren hinüber zum Broadway und nordwärts, bis sie zwei Parkplätze fanden. Erst als sie den Rest zu Fuß zurückgelegt hatten, entdeckten sie, daß es neben der Bar einen bewachten Parkplatz für die Gäste gab.
»Warten Sie mal«, brummte Easton und besah sich nachdenklich die große Lichtreklame, die sich an der ganzen, sechsstöckigen Hauswand hochzog. Er rief den
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