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Jillian Hunter

Jillian Hunter

Titel: Jillian Hunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viel Lärm um Stratfield
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Dunkelheit. Beide verließen sich auf ihre Intuition, ih- re Ausbildung und ihren Überlebensinstinkt. Mehr als eine Dekade war vergangen, seit sie im Fechtsaal gegeneinander gekämpft und sie zu ihrem Vergnügen gemeinsam Raufbolde durch die Straßen von Soho gejagt hatten. Die Regeln des kor- rekten Fechtsports spielten dieses Mal keine Rolle, sie foch- ten, indem sie sich nur auf ihre Reflexe und ihre Körperkraft verließen. Früher hatte Dominic versucht, seinen Onkel mit seinen Fähigkeiten zu beeindrucken, in der Hoffnung, sich bis zum Ende einer Lehrstunde ein Wort des Lobes oder einen Trinkspruch zu verdienen.
    Jetzt kämpfte er mit nur einem Ziel und mit einem Feuer, das in seinem Herzen loderte. Er wollte den Mann herausfor- dern, den er bewundert hatte und der ihre Blutsbande auf die kaltherzigste Art verraten hatte, die man sich nur vorstellen konnte.
    Den Augenblick, in dem sein Onkel anfing, unvorsichtig und müde zu werden, spürte er eher, als dass er ihn sah. Edgar hatte mit einer Bewegung angegriffen, die als der letzte Stoß bekannt war, und Dominic hatte das vorausgeahnt und sein Heft geschickt nach rechts gedreht, um sich zu schützen.
    „Nicht schlecht, Dominic", murmelte Edgar, „aber ich muss doch fragen, ob das alles ist, was du auf Lager hast?"
    Seine Klinge kam wie aus dem Nichts und schnitt ein dün- nes Stückchen Haut von Dominics Kehle. Die dicke Schicht Spitze von dem Straßenräuberkostüm verhinderte wahr- scheinlich, dass er tiefer traf.
    Zumindest lenkte der Stoß den Colonel lange genug ab, um

Dominic Gelegenheit zu geben, sich in die Position für seinen eigenen letzten Stoß zu begeben. Er ignorierte das Blut, das in einem warmen Rinnsal seinen Hals herunterlief.
    Ohne Gnade schritt er vor, den Oberkörper zum Sprung ge- duckt. Jetzt konnte er die Verzweiflung seines Gegners spü- ren, seine Erkenntnis, dass er besiegt war.
    „Du warst schon immer mein Liebling, Dominic", sagte der Colonel. Sein Atem kam unregelmäßig.
    „Deine Zuneigung hat mich in die Hölle geschickt."
    „Es ist nicht zu spät ..."
    Dominic zögerte nicht. Mit dem linken Fuß zuvorderst griff er an. Er spürte, wie seine Klinge Haut, Muskeln und Sehnen von Edgars Schulter durchstach, hörte den hilflosen Fluch, der seinem Onkel entfuhr. Es war kein tödlicher Treffer, aber er würde Edgar kampfunfähig machen. Dominic trat zurück. Schweiß brannte ihm in den Augen, er senkte den Arm.
    „Für Samuel. Für Brandon. Jetzt können die Behörden ent- scheiden, wie sie mit dir verfahren wollen. Du musst für deine anderen Verbrechen büßen. Sei froh, dass ich dich nicht umge- bracht habe. Ich habe darüber nachgedacht."
    Schweigend stand er da und sinnierte über das, was gesche- hen war. Er hatte Edgar töten wollen. Im letzten Augenblick hatte ihn irgendetwas davon abgehalten - ein wenig Mensch- lichkeit, die offensichtlich noch in ihm steckte.
    In diesem Moment hörte er ein leises Knacken der schwe- ren Dielen über ihm. Edgar ließ seinen Degen fallen und sank nach hinten in die knochigen Arme des Skeletts, das an die Wand gekettet war. Durch den Aufprall wurde eine der Hand- schellen aus dem verrotteten Holzbalken gerissen.
    Dominic zündete eine Kerze an und blickte ohne Mitleid auf die makabere Szene. Sein Onkel sank auf die Knie und zog das grinsende Skelett mit sich in den Dreck. Bei dem Anblick wurde Dominic übel. Von all dem, was ihn so weit gebracht hatte, wurde ihm übel. Er hatte getan, was er tun musste, und jetzt fühlte er sich ausgelaugt. Er musste unbedingt von hier fort.
    Schon hatte er sich zur Treppe gewandt, da hielt er bei dem seltsamen Geräusch, das hinter ihm ertönte, ein letztes Mal inne. Mit ungläubigem Blick sah er sich um.

Jetzt, wo das Skelett befreit worden war, erklang in der Wand das hohle Klirren einer Kette, die sich löste, gefolgt von dem Klicken eines rostigen Scharniers, das an der Decke aufsprang.
    „Eine Falle", stellte er fest und beobachtete in ungläubigem Entsetzen, wie eine hölzerne Falltür eine erdrückende Ladung Steine auf seinen Onkel herunterregnen ließ. Steine und Mör- tel flogen überallhin und füllten das Loch mit Staubwolken. Der Dreck stach Dominic in den Augen und verstopfte seine Nase, während er aus Angst, dass die ganze verdammte Höhle einstürzen könnte, die Flucht ergriff.
    Der Staub legte sich wie ein Leichentuch über die Szene in der Gruft. Die Balken, die die restlichen Wände stützten, schienen stabil zu sein.
    Von

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