JULIA COLLECTION Band 16
einer Cocktailparty. Auf dem Pier saßen und standen überall Angler, die ihr Glück versuchten. Ein paar Skateboarder zischten geschickt und anmutig wie Tänzer durch die Menge, ohne ihr Tempo zu verlangsamen. Ein kleines Mädchen weinte, weil es seinen roten Luftballon losgelassen hatte und er vom Wind davongetragen wurde.
Sally sah, wie die Mutter das Kind zu beruhigen versuchte, und lächelte. Der Geruch nach Hot Dogs und Sonnencreme erfüllte die Luft, und als sie an einem Straßenverkäufer vorbeikam, blieb sie impulsiv stehen. Ihr wurde bewusst, wie hungrig sie war. Sie kaufte sich ein Hot Dog und eine Limonade und ging dann die steilen Stufen hinunter, die zu den Felsen und dem schmalen Strand führten. Sie war immer noch dicht genug am Pier, um das Stimmengewirr der Menge hören zu können, aber weit genug entfernt, um sich fast ein wenig einsam zu fühlen.
Sally setzte sich auf einen Felsen und zog die Knie hoch. Sie biss ein Stück von ihrem Hot Dog ab und lauschte den Geräuschen um sie herum nur mit halbem Ohr. Stattdessen konzentrierte sie sich auf ein paar Surfer, die in einiger Entfernung auf einer niedrigen Welle ritten. Dicht am Wasser waren die Temperaturen erträglich.
„Trotzdem“, sagte sie leise vor sich hin. „Wie seltsam, mitten am helllichten Tag am Strand zu sitzen.“ Hastig sah sie sich um. Wenn man anfängt, Selbstgespräche zu führen, ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass etwas nicht ganz in Ordnung ist. Ihr wäre es lieber, wenn sie dabei keine Zeugen hätte.
Wenn sie jetzt bei sich zu Hause wäre, würde sie die Fifth Avenue hinunterlaufen, ihre Handtasche dicht an sich gepresst und schnell genug, um mit dem hektischen Rhythmus von New York Schritt halten zu können. Sie würde von einem Meeting zum nächsten hetzen, um möglichst viele Freiwillige oder Spender für die jeweilige Wohltätigkeitsorganisation aufzutreiben, für die sie gerade arbeitete. Sie würde zu Abendessen und Mittagessen einladen, zu Brunches und Kaffeekränzchen in den schicksten Restaurants. Zu Hause waren ihre Tage zum Bersten voll und ihre Nächte gähnend leer.
Sally schauderte, nahm noch einen Bissen von ihrem Hot Dog und sagte sich, dass sie ein erfülltes, interessantes Leben führte. Ihre Arbeit war von großer Bedeutung. War es denn wirklich so wichtig, dass sie in den vergangenen fünf Jahren aufgehört hatte, ihr Leben wirklich zu leben?
„Na, wunderbar“, sagte sie leise und nahm einen Schluck von ihrer Limonade. „Selbstmitleidsparty am Pier. Bitte den eigenen Weinkrampf mitbringen.“
Sie stand auf und ging den Strand entlang bis dorthin, wo das Wasser über den Sand kroch und ihn dunkel färbte. Sally lächelte, zog ihre Sandaletten aus und ging mit nackten Füßen über den kühlen, nassen Sand. Ab und zu ließ sie das Wasser übermütig aufspritzen.
Als ihr Handy klingelte, hätte sie es fastignoriert. Aber dann seufzte sie, holte es aus ihrer Gesäßtasche heraus und sah sich erst die Nummer des Anrufers an, bevor sie sich meldete.
„Donna. Wie ist es auf Hawaii?“
„Gott, es ist so schön, eine Weile wieder zu Hause zu sein“, antwortete ihre Freundin und seufzte zufrieden. Dann rief sie ihrem Sohn zu: „Jamie, schlag deinen Bruder nicht mit der Sandschaufel, hörst du?“
Sally lachte und schlenderte beim Zuhören langsam den Strand entlang. Das Wasser umspielte ihre Füße, und das Lachen und Schreien der Kinder in ihrer Nähe gaben ihr ein angenehmes Gefühl innerer Ruhe.
„Wie läuft alles?“, fragte Donna, sobald sie die Krise ihrer Söhne gemeistert hatte.
„Gut. Das Geschäft läuft prima.“
„Und Aidan?“
Sally schnitt dem Handy eine Grimasse, als könnte Donna sie sehen. „Du bist doch wirklich vollkommen schamlos.“
„Ich weiß überhaupt nicht, was du meinst“, kam es völlig unschuldig aus der Leitung.
„Ja, klar doch.“ Sally lachte. „Du bist unmöglich.“
„Ich bin romantisch, mehr nicht.“
„Und du verschwendest deine Zeit.“
„Ach, komm schon“, drängte Donna sie. „Du musst doch zugeben, dass er zum Anbeißen ist.“
„Ja, das gebe ich ja auch zu“, sagte Sally mit einem Seufzer, als Aidan vor ihrem inneren Auge erschien. „Das muss man ihm lassen. Aber der Mann hat dem Sex abgeschworen, vergiss das nicht.“
„Ach was. Außerdem ist er kurz davor, das Handtuch zu werfen“, entgegnete Donna. „So viel Anstrengung ist gar nicht nötig, um ihn völlig kleinzukriegen.“
„Ich dachte, du willst ihm
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