JULIA EXTRA BAND 0269
inneren Frieden geraubt. Er war offensichtlich beruflich sehr erfolgreich, denn seine Kleidung war elegant und von bester Qualität. Außerdem trat er so sicher und selbstbewusst auf wie jemand, der auf der Leiter des Erfolgs ganz oben stand. Doch in seinem Blick lag so etwas wie Kummer oder Trostlosigkeit. Trotz allem, was er erreicht hatte, schien er seine tiefe Traurigkeit nicht überwinden zu können.
„Zum Abendessen?“, wiederholte sie zögernd und verdrängte die Gedanken an Jack.
„Ja. Ich hole dich um acht ab. Versuch, nicht ganz so unglücklich auszusehen, Liebes. Wegen einiger Prellungen geht doch die Welt nicht unter.“
Caroline rang sich ein Lächeln ab und nickte. „Ich weiß. Aber ich ärgere mich über meine eigene Dummheit. Vielen Dank für die Einladung, Nicholas. Ich nehme sie gern an.“
„Kommst du etwa immer noch nicht damit zurecht, dass Jack Fitzgerald wieder da ist?“ Nicholas konnte sein Missfallen nicht verbergen und ging zu seinem Platz zurück.
Obwohl ihre Gedanken seit Jacks Rückkehr vor drei Tagen nur noch um diesen Mann kreisten, behauptete sie: „Natürlich komme ich damit zurecht! Ich bin längst über die ganze Sache hinweg. Es war ein Schock, ihn nach so vielen Jahren wiederzusehen, das ist alles. Wie gesagt, ich bin darüber hinweg. Dann bis heute Abend.“
Was bin ich doch für eine Lügnerin, dachte Caroline beim Hinausgehen und seufzte.
4. KAPITEL
Nicholas führte Caroline in ein bekanntes und beliebtes Restaurant in einem eleganten Hotel im viktorianischen Stil. Es war modernisiert worden, hatte einen guten Ruf, und die Leute kamen von weit her, um dort zu essen. Caroline war öfter nachmittags zum Kaffeetrinken hier gewesen. Die Atmosphäre gefiel ihr, und sie liebte es, in dem hübschen Raum zu sitzen, dessen Ausstattung noch an den Glanz und die Pracht einer längst vergangenen Zeit erinnerte.
Sie trug ihr elegantes blaues Seidenkleid, das ihre herrliche Figur betonte. Außerdem hatte sie etwas Make-up aufgetragen und hoffte, man würde ihr nicht mehr ansehen, wie aufgewühlt sie war. Nicholas erklärte, sie sehe sehr gut aus, und das Kompliment stärkte ihr Selbstbewusstsein. Nach der Begegnung mit Jack am Tag zuvor war sie froh über Nicholas’ aufmunternde Worte.
„Möchtest du Wein trinken, Liebes?“ Nicholas ließ die Weinkarte, die er in der Hand hielt, sinken und blickte Caroline lächelnd an.
„Gern. Ich überlasse dir die Wahl.“ Sie wusste, dass er diese Antwort erwartete. Nicholas Brandon war ein Kavalier der alten Schule. Sein perfektes Benehmen war gepaart mit einer gehörigen Portion Chauvinismus. Das lag natürlich an seinem Elternhaus und seiner Erziehung, und Caroline nahm es ihm nicht übel. Doch dass ihr Vater sich sehr ähnlich verhalten hatte, war ihr gewaltig gegen den Strich gegangen.
Unglücklich studierte sie die Speisekarte. Bei der Erinnerung an ihren Vater traten ihr Tränen in die Augen, und sie hatte Mühe, sie zurückzuhalten. Um sich abzulenken, hob sie den Kopf und sah sich in dem großen Raum um. Plötzlich entdeckte sie Jack. Er saß ganz allein an einem Tisch am Fenster, vor ihm stand eine Tasse Kaffee, die er nicht anrührte. Er schien nichts wahrzunehmen um sich herum und ganz in Gedanken versunken zu sein.
Vor lauter Entsetzen glitt Caroline die Speisekarte aus der Hand. Als sie danach greifen wollte, stieß sie zu allem Überfluss das leere Weinglas vom Tisch. Es landete auf dem dicken Teppich und zerbrach glücklicherweise nicht. Automatisch bückte sie sich und hob es mit zitternden Fingern auf. Niemals hätte sie damit gerechnet, Jack hier zu begegnen.
In dem Moment bemerkte er die schöne Blondine in dem blauen Seidenkleid, die das Glas vom Boden aufhob. Als sie aufblickte, erkannte er Caroline, und sein Körper verkrampfte sich augenblicklich.
In den letzten Stunden hatte er immer wieder an sie denken müssen. Jetzt hatte er das Gefühl, dass sie kraft seiner Gedanken auf wundersame Weise hier erschienen war, und er war völlig verblüfft. Erst nach einem kurzen Moment bemerkte er, dass sie nicht allein war. Ihr Begleiter war zweifellos viel äl-ter als sie, Jack schätzte ihn auf Ende fünfzig. War er etwa ihr Freund?
Eifersucht stieg in ihm auf. Der Mann hätte ihr Vater sein können. Jack passte das besitzergreifende Verhalten des Mannes ganz und gar nicht, der sich zu Caroline hinüberbeugte und ihr die Hand drückte, nachdem sie das Glas hingestellt hatte. Ehe ihm bewusst wurde, was er tat, war
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