Julia Extra Band 0295
wie er ihr früher immer begegnet war.
Hitze schoss ihr ins Gesicht. Sie hätte sich ohrfeigen können. Warum hatte sie nicht ihren Mund gehalten? Nur durch ihr Geschwätz hatte er sich aus der Umarmung gelöst. Dabei konnte sie sich nicht einmal daran erinnern, was sie überhaupt gesagt hatte. Sie erinnerte sich nur an seine Lippen …
„Was ist passiert?“, fragte sie noch einmal.
Er schüttelte nur den Kopf. Am liebsten hätte sie ihn geschüttelt, bis er ihr endlich eine Antwort geben und sich ihr öffnen würde. Bis er ihr wieder diese Zärtlichkeit und Offenheit entgegenbringen würde, die sie in diesem einen Kuss gespürt hatte. So aufrichtig, so verheißungsvoll.
Aber dann fuhr er sich mit der Hand über den Mund. Wischte er sich ihren Kuss von den Lippen? Zutiefst verletzt spürte sie, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg.
Blitzschnell erhob sie sich und rutschte in die andere Ecke der Couch zurück. Sie warf die Arme in die Luft. „Also, jetzt weiß ich überhaupt nicht mehr, was ich denken soll.“
Mit undurchdringlicher Miene blickte Dan sie an. „Warum hast du mich geküsst, Brooke? Du musst es mir sagen.“
Langsam atmete sie aus. „Ich dachte, das hättest du immer gewollt. Simone redet es mir schon so lange ein, dass ich nun auch angefangen habe, es zu glauben.“
„Du hast mich geküsst, weil Simone dir dazu geraten hat?“ Seine Stimme klang so kühl und ruhig, so ohne jede Leidenschaft, dass Brooke schreien wollte.
„Ja. So ist es. Das weiß doch jeder, dass ich alles tue, was meine Schwester sagt. Ich habe einen Mann geheiratet, den ich kaum kannte, obwohl Simone mir gleich prophezeit hat, dass ich es bereuen würde. Das ist also der Grund, warum ich dich eben geküsst habe.“
Zornig funkelten ihre Augen. Aber sie war auf sich ebenso wütend wie auf ihn. Schließlich hatte Dan den Kuss genauso genossen wie sie. Wenn er sie wirklich wollte, warum konnte er es ihr nicht ganz aufrichtig gestehen?
„Du bist so stolz auf deine Ehrlichkeit, Dan. Aber du bist es gewesen, der mich hierher eingeladen hat. Du hast mir die ganze letzte Woche verlangende Blicke zugeworfen, Freundinnen erfunden und mehr Zeit mit mir verbracht, als du erübrigen konntest. Also sag jetzt bitte ganz ehrlich: Was willst du von mir?“
„Das hier jedenfalls nicht.“
„Was genau meinst du?“
Als er sie ansah, bemerkte sie, dass er längst nicht mehr so cool und reserviert war. Mit kämpferischer Miene schaute er ihr in die Augen. Sein Hemd war halb aus dem Bund gerutscht, und er atmete schwer.
Auf Brooke wirkte sein Anblick so verführerisch, dass ihr Herz wie wild klopfte. Wenn sie nicht so verletzt gewesen wäre, hätte sie sich ihm sofort wieder in die Arme geworfen.
„So will ich dich nicht, Brooke“, erklärte er mit erstaunlich ruhiger Stimme. „Ich will nicht, dass du mich küsst, um dich irgendwie an Cal zu rächen oder um die Vergangenheit zu vergessen. Du sollst mich nicht küssen, weil du dich heute Abend ohne deine Kinder einsam fühlst.“
„Das ist doch gar nicht der Grund …“
„Brooke“, unterbrach er sie scharf. „Ich kenne dich nur zu gut.“
Seufzend legte Brooke den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Noch nie hatte sie sich so erschöpft, so emotional ausgelaugt gefühlt. So wie Dan den Kuss von seinen Lippen gewischt hatte, wollte sie die Erinnerung an diesen zärtlichen Moment auslöschen. Aber sie wusste, sie würde jedes Detail immer im Gedächtnis behalten.
Dan setzte sich auf. Am liebsten hätte er Brooke gepackt und seine Hände in ihrem Haar vergraben. Wie gern würde er sie mit Zärtlichkeiten überhäufen, bis sie vor Glück aufseufzte. Wie gern würde er sie noch einmal küssen. Immer wieder. Für immer.
Die Frau seiner Träume saß gleich neben ihm auf dieser Couch. Und sie hatte ihn geküsst. Sie hatte ihn geküsst.
Was er gerade erlebt hatte, war vorher immer nur ein wunderschöner Traum gewesen. Wenn er zynischer wäre, würde er glauben, dass seine Gefühle für so eine unerreichbare Frau eine Ausrede gewesen waren. Eine vorgeschobener Grund, um sich nicht mit ganzem Herzen auf eine andere einzulassen. Um sich in Sicherheit zu wiegen und nicht in dieselbe Falle zu tappen, wie es seiner Mutter immer wieder passiert war. Vielleicht war es einmal so gewesen … Aber das war vorbei.
Mittlerweile war ihre gegenseitige Anziehung nicht länger zu verheimlichen. Nichts trennte sie mehr voneinander außer ein paar Zentimetern Sofa und den Überresten
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