Julia Extra Band 370
doch verlassen.“
„Ich weiß.“
„Kannst du mir mal verraten, wieso? Er ist stinkreich und sieht blendend aus.“
„Ich kann ihm nicht geben, was er sich wünscht“, erklärte Natalie. „Nach dem Unglück mit Liam traue ich mir nicht zu, Kinder zu haben.“
Eine unangenehme Stille folgte auf diese Bemerkung.
Schließlich seufzte Isla tief auf und sagte leise: „Es war nicht deine Schuld. Eigentlich habe ich dich nie dafür verantwortlich gemacht. Vielleicht hatte es den Anschein, aber ich hatte solche Angst vor der Reaktion deines Vaters, falls ich seiner Anschuldigung widersprechen würde. Du weißt ja, wozu er in seiner Wut fähig ist. Du trägst keine Schuld an Liams Tod. Wenn jemand dafür verantwortlich ist, dann dein Vater.“
Verblüfft starrte Natalie ihre Mutter an. „Wie kommst du darauf?“
„Weil ich Kopfschmerzen hatte, als wir vom Strand zurückgekommen sind, und mich hinlegen musste. Dein Vater hat mir versichert, er würde auf dich und Liam draußen am Pool aufpassen.“
Natalie runzelte die Stirn. „Aber er hat gesagt, ich soll auf Liam achtgeben. Ich erinnere mich, dass er gesagt hat, er müsste ein wichtiges Telefonat führen.“
Ihre Mutter warf ihr einen vielsagenden Blick zu. „Glaubst du wirklich, dass es so wichtig war?“
„Willst du etwa andeuten, er hätte damals mit seiner Geliebten telefoniert?“ Bei der Vorstellung drehte sich ihr der Magen um.
Isla nickte. „Mit einer seiner unzähligen Affären.“
„Warum hast du dir das eigentlich all die Jahre bieten lassen?“, fragte Natalie verbittert und versuchte verzweifelt, die Tränen zurückzudrängen.
„Aus Angst vor seiner Reaktion. Außerdem wusste ich nicht, wohin ich hätte gehen sollen.“
„Du hättest dir Hilfe suchen können, Mutter. Es gibt Frauenhäuser, in denen Frauen Schutz vor Gewalt finden.“
„Ich erwarte nicht, dass du mich verstehst“, sagte Isla leise. „Du erwartest mehr vom Leben, willst Karriere machen und so weiter. Aber ich bin ganz zufrieden mit meinem Leben. Ich habe finanzielle Sicherheit. Die hätte ich verloren, wenn ich mit zwei kleinen Kindern in ein Frauenhaus geflüchtet wäre.“
War ihre Mutter wirklich so oberflächlich? Fassungslos starrte Natalie sie an. Hatte diese Frau ihre Seele für Brillantschmuck verkauft?
„Du machst dir ja nicht einmal etwas aus Vater“, behauptete Natalie schließlich. „Wie erträgst du es, mit ihm unter einem Dach zu leben, wenn du ihn nicht mal liebst?“
Zynisch zog Isla eine schmal gezupfte Braue hoch. „Willst du etwa behaupten, dass du deinen schwerreichen Ehemann liebst? Das nehme ich dir nicht ab. Dir geht es doch auch nur um seine Milliarden. Frauen geht es immer ums Geld. Du bist da auch keine Ausnahme.“
„Ich liebe Angelo von ganzem Herzen“, widersprach Natalie. „Ich liebe seine Güte. Ich liebe, dass er mich trotz allem liebt, obwohl ich ihn verlassen habe. Ich liebe sein Lächeln. Ich liebe seine Augen. Ich liebe seine Hände. Ich liebe alles an ihm. Sogar seine Familie, die ist nämlich nicht so oberflächlich und egoistisch wie meine, sondern sehr herzlich. Seine Eltern bleiben zusammen, weil sie einander lieben, nicht um den Schein zu wahren. Ich liebe Angelo!.“
„Du bist eine Närrin, Natalie. Er wird dir das Herz brechen. Männer sind nun mal Herzensbrecher. Erst wickeln sie dich mit ihrem Charme ein, und dann lassen sie dich fallen.“
„Das ist es mir wert“, entgegnete Natalie. „Ich werde bei ihm bleiben, solange er mich will.“
Vorausgesetzt, er nimmt mich zurück , dachte sie besorgt.
„Und wie lange wird das wohl sein?“ Isla lachte höhnisch. „Noch bist du hübsch, aber was ist, wenn du Falten bekommst und die Waage plötzlich zu viel anzeigt? Was dann, Natalie? Wird er dich dann trotzdem noch lieben?“
Ein Geräusch an der Tür schreckte Natalie auf. Ihr Vater schlenderte ins Wohnzimmer.
„Du hast ja Nerven, hier aufzutauchen“, sagte er zur Begrüßung. „Weißt du, was heute für ein Tag ist?“
Natalie straffte sich. „Ja, natürlich weiß ich das. Ich werde jetzt auf den Friedhof gehen, um Liams Grab zu besuchen. Und wenn ich zurückkomme, werde ich frei von Schuldgefühlen sein. Die solltest du nämlich haben, Vater. Liam hätte sicher gewollt, dass ich ein glückliches Leben führe.“
„Du bist schuld an seinem Tod.“ Wütend fuhr ihr Vater sie an. „Du hast ihn umgebracht!“
„Das ist nicht wahr.“ Natalie versuchte, ruhig zu bleiben. „Ich war viel zu jung,
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