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Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Titel: Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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gegangen ist. Schade, dass sie offenbar keine Zeit findet, sich bei uns zu melden. Deshalb möchte ich Sie bitten, meine Schwester davon in Kenntnis zu setzen. Mutter wurde schon beerdigt und hat uns nichts vermacht. Die Kleine wohnte bis zu ihrer Abreise bei mir.«
    »Hat Dathi noch andere Verwandte, zum Beispiel eine Tante?«
    »Wieso fragen Sie mich das?«
    »Ich habe auch schlechte Neuigkeiten.«
    Obwohl es mir nicht leichtfiel, fasste ich mir ein Herz und berichtete, was sich zugetragen hatte. Da er kein Wort sagte, sondern nur schwer atmete, wusste ich nicht, wie schwer ihn die Nachricht traf. Er stellte mir keine Fragen, vergoss keine Tränen.
    »Ich habe Chali gewarnt und sie aufgefordert, nicht nach New York zu gehen«, entgegnete er schließlich selbstgerecht.
    »Es ist zwar schon spät, aber ich würde gern mit Dathi sprechen.«
    »Das Mädchen schläft längst.«
    Dass dieser arrogante Kerl mir eine so dreiste Lüge auftischte, erzürnte mich. Wider besseres Wissen platzte ich mit der Wahrheit heraus. »Sie hat mir gerade eine Mail mit Ihrer Telefonnummer geschickt.«
    »Ich verstehe«, erwiderte er in eisigem Ton. »Tja, dieser Computer, den sie von der Schule gekriegt hat, war mir von Anfang an ein Gräuel.«
    »Sie hat auf eine meiner Mails geantwortet und liegt jetzt bestimmt im Bett. Dathi ist doch noch -« Ein Kind, wollte ich noch sagen. Ein kleines Kind. Doch ich hatte ein klickendes Geräusch in der Leitung gehört: Chalis Bruder hatte einfach aufgelegt.
    Im nächsten Moment kam Ben mit einem leeren Glas in die Küche. »Daddy hat Durst.«
    »Wieso bist du denn schon wieder auf, Schatz?«
    »Ich habe nicht geschlafen.« Er drückte mir das Glas in die Hand und rannte weg. Darauf zu hoffen, dass ein Vierjähriger Mittagschlaf hielt, war – wie sich herausstellte – recht verwegen. Mit seinem Kommentar gab er mir ganz deutlich zu verstehen, dass ein »großer Junge« wie er darauf verzichten konnte. Lag er mit seiner Einschätzung richtig? Auf der anderen Seite war er erst vier und konnte noch nicht selbst entscheiden, was für ihn gut war. Doch wann war der richtige Zeitpunkt, bei der mütterlichen Fürsorge einen Gang herunterzuschalten und die Zügel etwas schleifen zu lassen?
    Und wie lief das bei einem Waisenkind? Legte da die Umwelt die Regeln fest? Und wer schützte dieses Kind, wenn es die Menschen, die es geliebt hatten, nicht mehr gab?
    Als ich Wasser in Macs Glas goss, wurde mir bewusst, dass ich mir große Sorgen um Dathi machte. Mich zu verplappern und Ishat zu verraten, dass seine Nichte mir kurz zuvor eine Mail geschickt hatte, war ein Riesenfehler gewesen. Hoffentlich zog meine Unbedachtheit keine harte Strafe nach sich. Auf einmal musste ich an das schreckliche Schicksal der drei Waisen aus Lemony Snickets Büchern denken, die ich meiner Nichte bei unserem letzten Zusammentreffen vorgelesen hatte.
    Was hielt die Zukunft für Dathi bereit?
    Wie konnte ich sie erreichen, ohne Onkel Ishat zu erzürnen?
    Der Gedanke, ihr noch eine Mail zu schicken, behagte mir nicht, aber in Ermangelung einer Alternative tat ich es dennoch.
    Hallo, Dathi,
ich hoffe, dir geht es gut. Ich mache mir deinetwegen Sorgen, was dir womöglich komisch vorkommt, da wir uns eigentlich gar nicht kennen. Doch du bist mir wichtig, sehr wichtig sogar. Kannst du mich anrufen oder mir wenigstens schreiben?
Melde dich bitte.
In Liebe Karin
    Ich tippte meine Adresse und die Nummern von meinem Festnetzanschluss und meinem Handy ein. Nun konnte sie mich überall erreichen, und ich betete stumm, dass sie das auch bald tat.

KAPITEL 9
    Am darauffolgenden Sonntag hatte sich einiges zum Positiven verändert.
    Macs Fieber war gesunken, der Husten hatte nachgelassen, und er konnte aufstehen.
    Ich hatte eine Sekretärin eingestellt, die am Montag bei uns anfangen sollte: eine Frau Mitte dreißig namens Star, die drei Jahre lang bei einer Investmentbank als Teamassistentin gearbeitet und ihren Job nach den Wirren in der Finanzwelt verloren hatte.
    Und die Ermittler, die die Prostituiertenmorde bearbeiteten, waren auch ein Stück vorangekommen. Billy kam vorbei, um uns über die Fortschritte zu informieren ... und mir beim Schneeschippen zu helfen. Denn die Ostküste war von einem heftigen Schneesturm heimgesucht worden.
    Ich befreite die Stufen und den Treppenabsatz vom Schnee, während Billy den Gehweg vor unserem Haus räumte, da die Mieter über uns schon in den Weihnachtsferien waren. Ben, der uns mit seiner kleinen Schaufel

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