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Karma Girl

Titel: Karma Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanuja Desai Hidier
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Recht, ihre Sprichwörter schienen immer treffender zu werden, je mehr Zeit verstrich. Ich fragte mich jetzt, ob es nicht doch total naiv von mir gewesen war anzunehmen, dass Gwyn jemals wieder hier herkommen würde, um sich mit mir zu treffen. Vielleicht würde sie sich noch nicht einmal an den Code »Absolut dringend« erinnern und meine Message gar nicht verstehen. Vielleicht hatte sie mich schon so sehr aus ihrem Kopf verdrängt, dass selbst die Erinnerung an alte Zeiten mich nicht dorthin zurückbringen konnte.
    Ich saß auf der kleinen Bank, meine Knie stießen mir ans Kinn, und mein Hintern rutschte von der winzigen Sitzfläche, als ich draußen eine Bewegung wahrnahm.
    Durch die blinde Fensterscheibe sah ich ein blaues Augenpaar, das mich anstarrte.
    Sie war also gekommen.
    Ich sprang auf, um die Tür zu entriegeln (eine alte Angewohnheit von mir, sie hinter mir zu verriegeln), und knallte prompt mit dem Kopf an die Decke.
    Sie blieb draußen stehen, wobei der Türrahmen den Blick auf ihre Stirn versperrte, und ich fragte mich, ob sie da Wurzeln schlagen wollte.
    »Hallo«, sagte ich.
    Schließlich duckte sich ihr blonder Schopf und sie kam herein.
    Keine von uns beiden sagte ein Wort. Sofort war die Luft in dem kleinen Raum spannungsgeladen.
    »Fühlt sich seltsam an hier drin, oder?«, sagte ich und gestikulierte hilflos. »Als ob alles zu klein wäre, als ob wir gar nicht mehr reinpassen würden.«
    »Offen gesagt, Dimple, glaube ich, dass ich mich momentan praktisch überall mit dir so fühlen würde.«
    Das hatte gesessen.
    Mit vor der Brust verschränkten Armen versuchte sie, mir aus dem Weg zu gehen. Was allerdings ziemlich schwierig war, denn hier drin war es so eng, dass es sich fast nicht vermeiden ließ, sich zu berühren. So endeten wir quasi automatisch uns gegenübersitzend am Tisch.
    »Also, was willst du, Dimple? Warum hast du mich herbestellt? Ich hab nicht den ganzen Abend Zeit.«
    Früher hatten wir alle Zeit der Welt füreinander, dachte ich und beobachtete, wie sie mit dem Fingernagel die Rillen im Holztisch entlangfuhr. Sie sah auch gar nicht danach aus, als müsse sie noch irgendwohin: Sie trug Jogginghose und T-Shirt, ihre Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden und Make-up hatte sie auch nicht aufgelegt.
    Mir schien es am besten, das Eis zu brechen, indem ich ihr von neulich erzählte: dass ich sie gesehen und mich danach gesehnt hatte, mit ihr zu reden.
    »Na ja, ich dachte nur, du solltest vielleicht Folgendes wissen: Erinnerst du dich noch an den Tag von deinem Shooting?«
    Sie nickte.
    »Also, ich hab dich gesehen. Draußen vorm Café.«
    »Ja, und? Was ist daran so besonders?«
    »Du. Du sahst aus. Ich weiß auch nicht. Wie ein kleines Mädchen. Und ich wär so gerne zu dir rübergerannt und …«
    »Dimple, wenn du hier hergekommen bist, um mich zu demütigen, dann kannst du dir das sparen«, sagte sie eisig. Ich war völlig baff.
    »Dich demütigen? Was meinst du denn damit?«
    »Du weißt genau, was ich damit meine. Ich seh dir deine Gedanken doch förmlich an: Ach, da ist ja die übergeschnappte Gwyn Sexton, die tatsächlich geglaubt hat, sie wäre gefragt worden, ob sie als Model posieren wolle, und
    - Überraschung! – in Wirklichkeit nur gefragt wurde, ob sie Lust hätte, die Fotoausrüstung durch die Gegend zu schleppen. Ja, ich geb's zu. Ich hab alles falsch verstanden.«
    »Das hab ich überhaupt nicht gemeint«, sagte ich. Deshalb war sie also an jenem Tag in der Downtown gewesen.
    »Und? Was ist jetzt? Worauf willst du hinaus? Serge hat mich gefragt, ob ich ihm assistieren wollte. Willst du darauf jetzt auch eifersüchtig sein?«
    »Was soll das denn jetzt?«, sagte ich und fuchtelte nervös herum. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass unser Gespräch so schnell feindselig werden würde, aber da es nun schon so weit gekommen war, war es wohl am besten, klar Stellung zu beziehen. Ich atmete einmal tief ein.
    »Ich bin nicht eifersüchtig, Gwyn. Okay, ich war eifersüchtig, aber nicht darauf – nicht auf Serge oder irgendwelche anderen Zeitschriftensachen.«
    Ich atmete wieder aus.
    »Also … wie geht's Karsh?«, fragte ich.
    »Das weißt du ja wohl besser als ich!«
    »Was soll das heißen?«
    »Jetzt stell dich doch nicht dumm, Dimple. Hat er dir wirklich nichts gesagt?«
    »Äh, nö. Er hat mir ein … eine Art Geschenk gemacht. Mukhvas. So Zuckerstückchen. Darüber hab ich mich ein bisschen … gewundert.«
    »Gewundert«, sagte sie. »Nun, ich wundere

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