Kasey Michaels
immer eine außergewöhnlich schöne Frau.
Allerdings ist deine Schönheit viel subtiler. Was nicht heißt, dass du sie
verstecken solltest.“
„Es heißt
sicher nicht, dass ich sie ausstellen soll. Findest du wirklich, dass das Kleid
dem Anstand genügt?“
Charlotte
öffnete das mitgebrachte Kästchen und nahm ein wunderschönes, mit Diamanten und
Saphiren besetztes Collier heraus. „So würde ich es vielleicht nicht
ausdrücken. Ich würde eher sagen, es ist umwerfend, interessant, fesselnd.
Genau so, wie auch du bist, ob du es dir eingestehst oder nicht. Und nun komm
und lass dir den Schmuck anlegen. Du wirst sehen, damit fühlst du dich nur noch
halb so nackt.“
Lydia
gehorchte, wenn auch nur zögernd. Sie war einfach so sehr gewöhnt daran,
zu tun, was man ihr sagte. Doch dann raffte sie sich zusammen. „Da, du sagst es
selbst – nackt! Und so fühle ich mich auch. Und danach zu gehen, wie Sarah
gegrinst hat, bin ich mir sicher, dass Nicole alle meine Kleider derart ändern
ließ. Die boshafte Schlange!“
„Sie hatte
bestimmt nur die besten Absichten.“
Fast hätte
Lydia undamenhaft geschnaubt. „Ha, die besten Absichten! Die hatte sie auch
damals, als sie unserer Zofe die Arbeit ersparen wollte, mir die Stirnfransen
zu schneiden. Gut, wir waren erst sieben, und, zugegeben, ich war so dumm zu
glauben, dass sie mit der Schere umzugehen weiß. Monatelang – Monate, sage ich
– musste ich ein Häubchen tragen! Was geht in meiner Schwester vor, wenn sie
mich und eine Schere sieht?“
„Was weiß
ich! Lass dir einfach das Collier umlegen und schau, ob du dich nicht gleich
weniger na ..., ich meine, viel angezogener fühlst.“
Lydia
spürte das Gewicht des Schmuckstücks und schaute nieder auf ihren entblößten
Busenansatz, wo der große, von Diamanten umgebene, tropfenförmige Saphir ruhte.
Als ob der das wahrhaft anstößige Dekolleté wettmachen könnte!
Sacht schob
Charlotte sie zu dem hohen Spiegel in der Ecke des Raumes. „Da“, sagte sie
sehr selbstgefällig, „wie fühlst du dich nun? Jedenfalls siehst du wundervoll
aus. Es gehören auch noch Ohrringe dazu, aber ich denke, das wäre für eine
junge, unverheiratete Frau zu überladen. Außerdem schau dir deine Augen an.
Blau wie zwei Teiche an einem hellen Frühlingstag. Blendend! Wenn Rafe dich
sieht, werde ich ihn festhalten müssen, sonst sperrt er dich in dein Zimmer
ein, auch wenn du völlig korrekt gekleidet bist. Tanner andererseits wird dein
Aussehen aufs Höchste zu würdigen wissen.“
Sie zögerte
kurz, gab aber schließlich zu: „Ich ... eigentlich fühle ich mich recht, äh, hübsch.
Und ... und selbstbewusster, wenn das nicht albern klingt.“
„Nein, gar
nicht. Und nun komm. Tanner wartet. Zusammen mit seiner Cousine, die eine sehr
hübsche junge Dame ist, wenn auch ein bisschen zu gesprächig. Ich würde mich
nicht wundern, wenn Rafe mittlerweile die Ohren abgefallen sind.“
„Sie ist
hübsch, diese Jasmine Harburton?“
„Vielleicht
sogar schön, aber Männer mögen das anders sehen. Ich werde Rafe fragen – wenn
ihm die Ohren nicht mehr hallen“, entgegnete Charlotte lächelnd. „Vergiss
die Handschuhe nicht.“
Gerne hätte
Lydia schnell noch einen Blick in den Spiegel geworfen, da sie sich immer noch
nicht sicher war, wen sie vorhin darin gesehen hatte, unterdrückte den Wunsch
jedoch, denn es war vielleicht doch ein wenig eitel. Während sie Charlotte zur
Treppe folgte, streifte sie sich mit einigem Aufwand die langen engen
Handschuhe über. Ein wenig rebellisch fragte sie sich, warum die Mode
vorschrieb, dass eine Frau sich derart die Finger einschnüren lassen musste.
Sie
glättete gerade die letzte Falte, als sie am Fuß der Treppe ankamen. Ein
scharfer Atemzug drang an ihr Ohr und dann ein
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