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Katrin Sandmann 03 - Wintermärchen

Katrin Sandmann 03 - Wintermärchen

Titel: Katrin Sandmann 03 - Wintermärchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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wieder voll zu funktionieren und verlangte nach Nahrung. Am schlimmsten aber war der Durst. Sie hatte den dämmrigen Kellerraum auf den Kopf gestellt, aber nichts gefunden, das auch nur feucht war. Sie hätte die Wand abgeleckt, wenn sie dort ein paar Tropfen Kondenswasser entdeckt hätte. Doch das Mauerwerk war kalt und trocken.
    Nachdem die erste Begeisterung darüber, dass sie sich wieder frei bewegen konnte, verflogen war, hatte Katrin zunächst das kleine Fenster unter die Lupe genommen. Sie hatte sich auf den Schemel gestellt und versucht, hinauszublicken. Alles, was sie erkennen konnte, war jedoch ein Stück graue Wand. Sie wusste nicht einmal, ob diese Wand im Freien lag und zu einem anderen Haus gehörte oder ob sie lediglich Teil eines benachbarten Kellerraums war. Sie hörte kein Geräusch, keinen Straßenlärm, keine Schritte, nicht einmal das Rascheln eines Tieres. Alles war vollkommen still.
    Das Fenster war von außen vergittert. Sie hatte keine Chance, es zu öffnen. Zudem war es winzig klein. Selbst wenn sie das Gitter irgendwie hätte entfernen können, wäre es fraglich gewesen, ob sie durch den schmalen Durchschlupf gepasst hätte.
    Also hatte sie sich der Tür zugewandt. Ihre einzige Möglichkeit schien zu sein, das Holz einzuschlagen. Sie hatte sich den Schemel geschnappt und immer wieder so fest sie konnte gegen die Tür gehauen. Es hatte furchtbar gekracht und sie hatte halb gefürchtet, halb gehofft, der wahnsinnige Lärm würde nicht unbemerkt bleiben. Doch offensichtlich hatte niemand etwas gehört. Das Gebäude, in dem sie sich befand, schien sehr einsam zu liegen oder ausgesprochen dicke, schallschluckende Wände zu haben. Und die Tür hatte auch nicht nachgegeben. Trotz der enormen Anstrengung hatte Katrin nicht viel mehr als ein paar Einkerbungen im Holz verursacht.
    Jetzt lehnte sie atemlos an der Wand. Ihr war zum ersten Mal seit Tagen so warm, dass sie sich die Jacke auszog. Die innere Wärme tat gut, aber sie dämpfte keineswegs die Verzweiflung über die Ausweglosigkeit ihrer Lage. Endlich konnte sie ihre Hände und Füße benutzen, aber es schien so, als habe sie das ihrer Freiheit nicht einen Schritt näher gebracht. Ihr Magen rebellierte immer noch. Ihr Blickfeld war ein wenig verschwommen und schillernde, bunte Punkte tanzten vor ihren Augen. Einen Augenblick lang fürchtete sie, ohnmächtig zu werden. Sie presste ihren Rücken fest gegen die kühle Wand und lehnte den Kopf in den Nacken. Sie versuchte, tief und ruhig zu atmen. Schließlich begann der Schwindel in ihrem Schädel nachzulassen. Die Konturen der Gegenstände wurden wieder scharf. Sie ließ ihre Augen in dem kleinen Raum umherschweifen. Hatte sie etwas übersehen, das ihr nützlich sein konnte? Etwas, das auf den ersten Blick nichts wert zu sein schien, ihr auf den zweiten Blick aber vielleicht das Leben retten konnte?
    Doch sie entdeckte nichts. Schließlich starrte sie wieder auf die massive Tür, die zwischen ihr und der Freiheit stand. Ein paar Zentimeter Holz, die über Leben oder Tod entscheiden sollten. Wie absurd. Die Tür hatte keine Klinke, kein Schloss, lediglich einen Griff aus Metall, ähnlich einem Fenstergriff, der offensichtlich neu war, so als hätte ihn jemand erst kürzlich dort angebracht. Auf der Außenseite befand sich vermutlich ein massiver Riegel. Katrin erinnerte sich an das schabende Geräusch, bevor die Tür sich geöffnet und zum ersten und einzigen Mal der Mann den Raum betreten hatte, der sie hier gefangen hielt. Wo steckte er? Warum war er nicht wiedergekommen? Wurde er aufgehalten? War er womöglich verhaftet worden? Er konnte krank geworden sein oder einen Unfall gehabt haben. Es gab unendlich viele mögliche Erklärungen. Vielleicht war er auch einfach nur unzurechungsfähig oder verrückt und hatte vergessen, dass er einen Menschen eingesperrt hatte.
    Nein. Das konnte nicht sein. Ihr Entführer hatte genau gewusst, was er tat. Außerdem hatte er sich gut vorbereitet. Die Liege an der Wand war dort ganz offenbar speziell zu dem Zweck angebracht worden, dass sich jemand hier in diesem Raum länger aufhalten konnte. Und auf dem Fußboden lag immer noch die Wolldecke, mit der sie offensichtlich zugedeckt worden war. Ihr Tod war nicht vorgesehen gewesen. Zumindest nicht unmittelbar. Jemand hatte sie entführt, aber er wollte, dass sie lebte. Doch zu welchem Zweck?
    Sie dachte wieder an den netten Mann, den sie im Wagen mitgenommen hatte. Wie er sich plötzlich verändert hatte, sie

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