Keltengrab: Thriller (German Edition)
aller Früh im Radio schon keinen Zweifel daran zu haben.«
Sherry seufzte. »Ich wusste es mehr oder weniger schon, als ich die Leiche gestern sah, und habe es Sergeant O’Hagan auch gesagt. Sie und er waren die Einzigen, denen ich es erzählt habe.«
Nun war ziemlich klar, dass O’Hagan Traynors Mann war.
»Traynor hat außerdem angefangen, den Sumpf abtragen zu lassen«, sagte ich, »anscheinend mit Billigung des Nationalmuseums. Schwer zu glauben, aber wahr.«
»Traynor ist eine große Nummer in dieser Gegend.«
»Sie kennen ihn?«
»Nein, aber ich bin gestern Abend in Drogheda geblieben. Hab mich mit einem Arzt von dort zum Essen getroffen, einem Studienfreund von mir. Offenbar hat Traynor noch weiteren Grund im Boyne-Tal gekauft, von einem religiösen Orden.«
»Und er hat vor, ein Hotel in Monashee zu bauen, oder?«
»Ja, so heißt es.«
»Aber er kann doch niemals die Baugenehmigung für ein Hotel dort bekommen haben.«
»Es sind schon merkwürdigere Dinge passiert«, entgegnete Sherry trocken. »Sie sagen, Sie haben ihn heute Morgen im Radio gehört? Bestimmt ein Lokalsender, oder?«
»Ja, richtig.«
»Der gehört ihm.«
»Was!?« Dieser Traynor machte mich sprachlos.
»Jedenfalls so gut wie. Er ist der Mehrheitseigentümer.«
Langsam verstand ich, woher Traynors Arroganz rührte, und es ärgerte mich, dass er damit durchkam. Aber im Augenblick wollte ich mehr über Mona und ihr Schicksal erfahren.
Ich deutete auf den Bereich in ihrem Becken mit dem klebrigen Fleck. »Reste ihrer inneren Organe, nehme ich an?«
»Ah, ja, das ist interessant«, erwärmte sich Sherry sogleich für sein Thema. »Obwohl der Brustraum intakt ist, enthält er keine konservierten Organe. Es gibt auch keine Hirnmasse im Cranium, oder sollte ich sagen in der Calvaria.« Er fuhr mit den Fingern über seinen Schädel, um es zu zeigen.
Ich nickte. Wenigstens waren wir jetzt quitt. Beide hatten das Wissen des anderen unterschätzt. Die Calvaria ist ein Fachausdruck für das Schädeldach, der einzige nicht eingefallene Teil des zerknitterten Gesichts, das ich schon seit einigen Minuten mit meinen Blicken mied.
Sherry stellte sich auf halber Höhe des Tisches auf. »Durch eine Laune des Schicksals wurden diejenigen Teile ihres Körpers konserviert, die mit dem Gebären zu tun haben – die Milchdrüsen«, er neigte eine Hand in Richtung ihrer Brust, die andere zum Beckenbereich, »und die Fortpflanzungsorgane selbst.«
»Das ist ihr Uterus?« Ich war fasziniert und beugte mich hinab, um ihn eingehender zu prüfen. Ich konnte erkennen, wo der Pathologe einen Einschnitt in den pfannkuchengroßen Klumpen organischen Stoffs gemacht hatte. »Er ist größer als ich dachte.«
»Natürlich. Weil er sich noch nicht wieder zurückgebildet hat. Sie hat kurz vor ihrem Tod ein Kind zur Welt gebracht.«
»Es ist aber nicht nur eine Laune des Schicksals, oder?«
»Was?«
»Dass genau diese Teile erhalten blieben.«
»Nein, dafür gibt es gute Gründe. Bei Frauen ist die Gebärmutter häufig das letzte Organ, das bei der Verwesung zerfällt. Und unter feuchten Bedingungen wird Fettgewebe manchmal zu Adipocire, wie es mit ihren Brüsten geschehen ist.«
»Adipocire? Das, was man Leichenwachs nennt?«
»Richtig, und den Prozess, der dazu führt, bezeichnen wir als Verseifung. Auf dieses Thema kommen wir gleich zurück. Aber jetzt wieder zur Geburt. Es gibt Gebärnarben am Schambein, was die Behauptung, sie sei entbunden worden, zwar nicht direkt bestätigt, aber doch stützt. Ich habe deshalb angenommen, sie sei bei der Geburt oder kurz danach gestorben. Ich habe spekuliert, dass es sich um ihre erste Schwangerschaft handelte, dass sie vielleicht unehelich empfangen hatte, und als ihre Zeit gekommen war, hatte sie sich absichtlich im Moor versteckt, um nicht entdeckt zu werden. Dort starben sie dann beide an Unterkühlung, und, was sie angeht, auch an Erschöpfung, wenn man bedenkt, welche Geburt sie gehabt haben muss.«
»Eine nette Theorie, aber ich habe das Gefühl, Sie glauben nicht daran.«
»Weil sie nicht ganz mit den Tatsachen übereinstimmt.«
»Und die wären?«
»Nummer eins, ihr Körper«, er machte eine ausladende Handbewegung, »blieb nach dem Tod keinesfalls lange über der Erde. Es gibt keine Anzeichen von Insektenbefall, keine Spuren von Aasfressern an Haut oder Knochen.«
»Sie wurde also entweder lebendig begraben – oder sofort nach ihrem Tod.«
»Korrekt. Tatsache Nummer zwei – sie wurde ermordet
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