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Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Titel: Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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fürstliche Metzger zerteilten das Fleisch in die von Wanda angegebenen Portionen.
    Am Abend durfte Sophie eine Bratensoße abschmecken. Gespannt beobachtete Wanda sie dabei. »Es fehlt noch ein wenig Piment«, sagte Sophie schüchtern, mit einer Stimme, als bäte sie um Verzeihung. »Bei einem Schmorbraten rühre ich auch etwas Senf in die Soße.«
    »Senf?« Wanda blickte sie kritisch an. »In die Soße? Beim Braten?«
    »Ich bekam immer ein Lob dafür.«
    Zum erstenmal rührte Wanda Senf an die Bratensoße. Eine halbe Stunde später kam der Leiblakai in die Küche und sagte:
    »Ihre Durchlaucht hat geäußert: ›Die Bratensoße ist exzellent. Irgendwie schmeckt sie heute anders, würziger.‹ Stimmt das?«
    »Ja«. Wanda Lubkenski ging hinüber zu Sophie, die verschämt an einem Herd stand und rot wurde, zog sie an sich, küßte sie auf die Stirn und erklärte laut: »Kindchen, wir wollen das nicht verschweigen. Du warst es, die die Soße verfeinert hat.«
    Nun stand Sophie Rinne an der nur einen Spaltbreit geöffneten Tür zur Küche und hatte alles mit angehört. Man sprach über diesen Leo Kochlowsky, von dem sie nur seine Stimme kannte, jenseits der Zimmertür, und den sie weggeschickt hatte. Leo, von dem sie schon an diesem ersten Tag auf dem Gut Unerhörtes erfahren hatte, entsetzliche Dinge. Er mußte der größte Grobian von Oberschlesien sein. Und nun sagte der Leibkutscher Jakob: »Er hat in Wirklichkeit ein ganz weiches Herz …«
    Leise schloß Sophie die Tür und huschte die Treppe wieder hinauf. In ihrem Zimmer riegelte sie sich ein und setzte sich an ihren Lieblingsplatz ans Fenster.
    Leo Kochlowsky, dachte sie. Welch ein merkwürdiger Mann! Alle fürchten ihn, aber keiner scheint ihn wirklich zu kennen. Hat jemals schon einer vernünftig mit ihm gesprochen?
    Sie legte das Kinn auf die aufgestützten Arme, blickte hinauf in die Sterne und dachte an Leos Stimme, die gesagt hatte: »Wenn Sie einen Wunsch haben, Mamsell – er ist sofort erfüllt …«

III
    Es kam höchst selten vor, daß Leo Kochlowsky neben Ehrfurcht, Scheu oder Angst auch echte Sympathie entgegengebracht wurde. Selbst die Frauen, die ihm zu Füßen sanken, waren unsichtbar eingehüllt in Ehrerbietung. Ihre Liebe war immer so, als opferten sie sich auf einem Altar, als gäben sie sich einer Art Gottheit hin, und man müsse vor Glück hinschmelzen, daß man überhaupt beachtet wurde.
    So gab es auch nie große Szenen, wenn Leo eine Verbindung abrupt abbrach, weil jede Frau ihm auf die Dauer langweilig wurde. Wenn das Entkleiden einer Frau keinen Reiz mehr auslöste, sondern zur Gewohnheit wurde, war Kochlowsky so ehrlich zu sagen: »Wir fangen an, uns aneinander zu gewöhnen. Das ist unerträglich.«
    Da keine damit gerechnet hatte, daß Kochlowsky sie jemals heiratete, gab es bei diesen Gelegenheiten zwar Tränen, aber doch eine friedliche Trennung. Nur Elena von Suttkamm hatte versucht, Leo in die Knie zu zwingen; sie hatte es später immer bereut.
    Leo Kochlowsky als Ehemann, das war undenkbar, geradezu eine Utopie. Und ebenso unglaublich schien es, daß jemand ihm aus reiner Freundschaft einen Dienst erwies.
    Um so mehr erstaunte ihn, daß er bei seiner mittäglichen Rückkehr vom Gut in sein Verwalterhaus einen Zettel vorfand, der unter der Tür durchgeschoben war.
    In kleiner, zierlicher Schrift stand da:
    »Passen Sie auf. Man will Ihnen vorspielen, daß Wuttke und Wanda ein Liebespaar sind. Das stimmt nicht. Jakob und Wanda haben sich heimlich verlobt. Vernichten Sie den Zettel. Ich verlasse mich darauf, daß Sie ein Ehrenmann sind.«
    Keine Unterschrift.
    Leo Kochlowsky drehte den Schrieb zwischen den Fingern, roch sogar daran, hielt ihn gegen das Licht, aber das Papier hatte kein Wasserzeichen. Es war ganz billiges Papier, und die Sätze waren mit einer spitzen Feder und einer blassen Tinte geschrieben worden, so, als wäre sie schon eingedickt gewesen und der Schreiber hätte sie mit Wasser wieder verdünnt.
    Kommt also vom Gesinde, dachte Kochlowsky und las die Zeilen noch einmal. Als ein von Natur zorniger Mensch fluchte er zunächst greulich über Reichert und Wuttke, belegte sie mit unerhörten Namen und nannte Wanda Lubkenski eine verlauste Küchenschlampe. Aber dann beschäftigte er sich näher mit der Botschaft und grübelte darüber nach, wer wohl einen Grund haben könnte, sich ihm hilfreich zu erweisen.
    Weit und breit fand er niemanden, auch bei intensivstem Nachdenken nicht, unter dem Gesinde schon gar nicht.

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