Kommissar Joakim Hill - 02 - Die Frau im Schatten
im Museum zu sein«, nahm sie das Gespräch in etwas spitzem Ton wieder auf, »aber er hat versprochen, so schnell wie möglich zurückzukommen. Und dann hat er mich damit getröstet, dass Sie ja hier sein würden.«
Sahlman entschied sich, ihre Aussage positiv zu deuten, was seine Stimmung besserte.
Man wird sehen, dachte er leichtfertig, während er der Tasche mit dem Fuß einen Stoß versetzte und sie damit endgültig in den letzten Winkel unter dem Tresen verbannte. Gleichzeitig sah er sie verwundert an und zuckte in einer gut einstudierten Geste nonchalant mit den Schultern.
»Ist doch klar, dass ich bleibe«, sagte er in beschützendem Tonfall. »Es wird sowieso viel zu tun geben, wenn das hier funktionieren soll. Und ansonsten könnte ich mich ja ein wenig fortbilden. Ich habe ziemlich wenig Ahnung von dieser Festungsanlage, zugegebenermaßen.«
Das nahm sie ihm ohne weiteres ab. Der Gedanke an seine kulturelle Bildungslücke entlockte ihr ein kurzes Lachen. Da er bisher unbestritten keinen besonders informierten Eindruck gemacht hatte, legte sie drei ausführliche Broschüren vor ihm auf den Tresen.
»Ich setze in der Zeit einen Kaffee auf«, teilte sie ihm mit und verschwand in dem kleinen Büro.
Und Kaffee war das, was Sahlman jetzt wirklich zu schätzen wusste. Davon konnte man an einem feuchtkalten, verschneiten Wintertag wie diesem nie genug bekommen. Mit einem Seufzer des Wohlbefindens lehnte er sich in seinem Stuhl zurück, schlug die erste kulturhistorische Broschüre auf und hoffte, dass sich bis auf weiteres keine Touristen dazu entschließen würden, die vereiste Treppe zum Kärnan zu erklimmen.
Sahlman und Linda Persson waren letztendlich nicht nur einer, sondern mehrere Becher heißen Kaffees vergönnt, während er seine Lektüre fortsetzte. Er ließ sich ab und an bestimmte Fachausdrücke erläutern, und sie erklärte ihm die verschiedensten Zusammenhänge mit einer Hingabe, die ihm durchaus gefiel.
»Doch das Beste ist, dass andauernd neue interessante Details ans Licht kommen«, dozierte sie zwischen einzelnen Schlucken des wärmenden Getränks. »Jede weitere Untersuchung bewirkt, dass man ein deutlicheres und vollständigeres Bild davon erhält, wie das Leben im Mittelalter hier in Helsingborg ausgesehen haben muss.«
»Wie bei dieser Restaurierung, von der Sie neulich sprachen?«
»Genau!«, bestätigte sie ihm euphorisch.
»Es ist also gar nicht so ereignislos und trist hier, wie es den Anschein hat?«, entfuhr es ihm, bevor er sich der Bedeutung seiner Aussage bewusst wurde.
Doch Linda Persson reagierte nicht im Mindesten auf sein herabsetzendes Urteil über das Kulturmonument. Erfüllt von ihrer eigenen Erzählfreude klärte sie ihn unbeirrt auf. »Oh, nein, im Gegenteil!«, versicherte sie. »Eigentlich geschieht hier immer etwas Spannendes.«
Nicht untypisch für eine Situation wie diese, wurden plötzlich Schritte auf der Treppe laut, und, wie sollte es auch anders sein, Bo Jernback erschien als erster Störenfried in der Tür. Es war zwar erst halb elf, doch seine Zusammenkunft im Kulturamt schien offensichtlich beendet zu sein.
Damit erübrigte es sich für Sahlman, noch länger zu bleiben. Außerdem wartete man sicher bereits im Präsidium mit einer Menge Papierkram auf ihn, da er damit zugegebenermaßen ins Hintertreffen geraten war, seitdem er so viel unterwegs war. Joansson hatte irgendeine Bemerkung darüber fallen lassen, und Sahlman würde ihm genauso gut entgegenkommen können, anstatt hier zu sitzen und zu warten – tja, auf was auch immer sie warten würden.
Vermutlich würde sowieso nichts vor dem frühen Nachmittag geschehen, wenn er seinen Berechnungen trauen durfte.
»Hier«, sagte er und reichte Linda Persson einen handlichen kleinen elektronischen Piepser. »Piepsen Sie mich an, wenn etwas Unvorhergesehenes eintreffen sollte. Ich komme dann so schnell wie möglich.«
Bo Jernback schaute fragend von einem zum anderen und zog seine höchst fehlerhaften Schlüsse. Was war hier eigentlich während seiner Abwesenheit vor sich gegangen? Er hatte wohl vollkommen unnötigerweise die Zusammenkunft frühzeitig verlassen. Die beiden schienen sich ja ausgezeichnet zu verstehen.
Sie ahnten seine Gedanken, doch Sahlman zog es vor, den Direktor seinen Vermutungen zu überlassen und seinerseits die Festung zu verlassen. Er hatte nicht die Absicht, irgendetwas zu erklären.
Außerdem gab es ja nichts zu erklären.
Hill war dermaßen sauer auf Polizeidirektor
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