Kopernikus 2
„Was soll das eigentlich? Der Kerl ist doch überhaupt nichts. Es ist ja doch nur diese Scheißerscheinung, die zu Tisch kommt, also ist es vollkommen egal, ob er eine Mah l zeit versäumt oder nicht. Auch recht! Übrigens, Karoly, was ich sagen wollte …, einige von uns fühlen sich unbehaglich wegen Royd. Was weißt du überhaupt von diesem seltsamen Heiligen?“
D’Branin starrte ihn verblüfft an. „Was ich weiß, lieber Freund? Was gibt es denn so Wissenswertes?“ fragte er und beugte sich vor, um seine Tasse erneut mit dicker Trin k schokolade mit Zartbittergeschmack zu füllen.
„Du hast doch wohl auch schon bemerkt, daß er niemals aus seinen Räumen kommt, um leibhaftig an unserer Gese l ligkeit teilzuhaben, oder etwa nicht?“ fragte die Linguistin trocken.
„Hast du denn nichts im Raumhafen von Avalon über dieses komische Schiff und seinen Kapitän an Gerüchten gehört, bevor du es gechartert hast?“
„Darauf hätte auch ich gerne mal eine Antwort“, schaltete sich ihr Partner ein. „Avalon ist doch ein ungemein belebter Raumknotenpunkt. Wieso bist du gerade auf Eris geko m men, und was hast du über den Mann erfahren?“
D’Branin zögerte.
„Was ich über ihn erfahren habe? Na, ja, ich muß gest e hen, eigentlich ausgesprochen wenig. Ich habe mit einigen Leuten von der Raumbehörde gesprochen, war auch bei e i nigen Chartergesellschaften, aber niemand wußte etwas über ihn. Er stammt nämlich nicht aus Avalon.“
„Wo ist er dann her?“ fragten die beiden Linguisten gleichzeitig und wie aus der Pistole geschossen. Sie scha u ten sich überrascht an, dann fuhr die Frau fort: „Wir haben auf seine Sprache geachtet. Er verfügt über keinen erkennb a ren Akzent, keine Spracheigenschaften, deren Charakteristik auf seinen Ursprung verweist. Sag doch mal, wo die Nach t fee überhaupt herkommt?“
„Ehrlich gesagt … ich weiß es auch nicht“, gab d’Branin stockend zu. „Mir ist einfach nicht in den Sinn gekommen, ihn danach zu fragen.“
Die übrigen Mitglieder der Expedition schauten sich u n gläubig an. „Wie bitte?“ fragte die Xenotechnikerin. „Ich höre wohl nicht recht? Wie bist du dann überhaupt auf di e ses Schiff gekommen, warum hast du gerade dieses hier ausgewählt?“
„Es war eben gerade verfügbar. Der Verwaltungsrat hat mein Forschungsunterfangen gutgeheißen und mich mit Pe r sonal versorgt, aber unglücklicherweise war gerade kein Akademieschiff entbehrlich. Außerdem waren die finanzie l len Mittel mal wieder knapp.“ Alle starrten sie ihn an.
„Laßt uns mal Klartext reden“, ergriff die Psi-Expertin das Wort. „Also: Die Akademie war erfreut über d’Branins xenomythische Studien und daß er etwas über die Volcryn herausgefunden hatte, aber weiß Gott nicht Feuer und Flamme über seinen Plan, die Echtheit dieser Legende zu beweisen. Also hat man ihm einen kleinen Etat zur Verf ü gung gestellt, um ihn produktiv und bei Laune zu halten. Man ging davon aus, daß seine kleine Mission erfolglos sein würde, musterte Kräfte an, auf die man notfalls auf Avalon auch verzichten konnte, denn außer d’Branin selbst ist ke i ner von uns ein erstklassiger Mann.“ Dabei schaute sie b e deutungsvoll von einem zum anderen.
„Du redest nur von dir selbst“, sagte Melantha Jhirl gela s sen. „Ich habe mich schließlich freiwillig für diese Aufgabe zur Verfügung gestellt.“
„Lassen wir das “, meinte die Psi-Expertin. „Die Wahl der Nachtfee als Forschungsschiff ist bei Gott nicht sehr rätse l haft. Du hast doch einfach die billigste Charter genommen, die du kriegen konntest, nicht wahr, Karoly?“
„Einige der Kapitäne, deren Schiffe in Frage gekommen wären, haben schon abgewinkt, als ich nur meinen Plan e r wähnte“, verteidigte sich d’Branin. „Und es klingt ja auch ganz schön verworren, das müssen wir wohl alle zugeben, nicht wahr? Außerdem schienen viele Raumkapitäne und Schiffseigner eine geradezu abergläubische Furcht davor zu haben, mitten im Raum, weitab von allen Sonnen und ihren Planeten, auf Normalantrieb zu schalten. Unter denjenigen, die dennoch ihre Dienste anboten, waren Royds Bedingu n gen einfach die besten, überdies konnte er sofort aufbr e chen.“
„Und darauf kam es schließlich an“, sagte die Linguistin. „Sonst wären sie uns ja vor der Nase weggeflogen, wo sie sich schon seit zehntausend Jahren in diesem Sektor heru m treiben. Vielleicht sind es ein paar mehr, vielleicht ein paar weniger“, fügte
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