Krieger des Friedens: Roman - [Robert the Bruce 2] (German Edition)
an, während die Frage in sein Bewusstsein einsickerte. »Er steht weniger als sechs Monate im Dienst des Königs. Es ist zu früh. Außerdem liegt die Entscheidung nicht bei dir, Humphrey, sondern bei König Edward.«
»Ich könnte mit meinem Vater sprechen. Der König hört auf einen Ritter der Tafelrunde.«
»Warte noch ein paar Monate«, riet Ralph. »Wir müssen ihn richtig einschätzen können. Der Frankreichfeldzug wird zeigen, was von ihm zu halten ist. Wenn er sich im Krieg bewährt hat, wissen wir, ob er unser Vertrauen verdient.«
»Ich vertraue ihm jetzt schon«, gab Humphrey zurück, doch seine Worte gingen im Gebrüll der Menge unter.
11
Ulster, Irland, A.D. 1301
DIE RÄNDER DER WOLKEN, die langsam über den Abendhimmel hinwegzogen, begannen sich zu verdunkeln. Ein scharfer Nordostwind peitschte die Kornfelder, auf denen das Unkraut üppig zwischen der Gerste wucherte. Robert roch Regen in der frischer werdenden Luft. Er bahnte sich einen Weg durch das raschelnde goldene Meer; bestrebt, einen Unterschlupf zu finden. Vor einigen Tagen hatten sie den großen Wald hinter sich gelassen, und jetzt, im offenen Gelände, waren sie den Elementen schutzlos ausgeliefert.
Glockenklirren übertönte das Rascheln der Gerste. Vor ihm ragte ein Kreuz aus dem Getreide auf. Als er näher kam, sah Robert Kuhglocken an den Querbalken hängen, die vermutlich die Krähen abschrecken sollten. Auf der Spitze war irgendetwas befestigt. Er ging an dem Kreuz vorbei, drehte sich um und erkannte, dass es sich um einen ausgebleichten Ziegenschädel handelte. Er hing schief auf dem Holz, seine leeren Augenhöhlen starrten über das sanft geneigte Feld hinweg zu einer Straße hinüber, die sich durch goldene und braune Felder in nördlicher Richtung auf eine Ansiedlung in der Ferne zuschlängelte.
Der Anblick der Straße löste in Robert Erleichterung und Unbehagen zugleich aus. Sein erster Impuls bestand darin, hinunterzulaufen und ihr zu folgen; auf das Meer zuzueilen, das er vom Gipfel der Hügel erblickt hatte, die sie heute Morgen heruntergekommen waren. Hinter dem Meer lag Schottland. Doch die Furcht hielt ihn zurück. Seit Wochen, seit er zwei Tage von Ballymote entfernt Patrouillen gesichtet hatte, deren rote Bänder am Oberarm sie als Ulsters Männer auswiesen, hatte er die Straße gemieden.
Als er auf ihr nach Anzeichen von Leben Ausschau hielt, begann ein leichter Regen zu fallen und sein Hemd zu durchweichen. Hinter ihm raschelte es, und als Robert sich umdrehte, sah er Elizabeth sich durch die Gerste kämpfen. Während der ersten Tage hatte sie versucht, mit ihm Schritt zu halten, sichtlich erpicht darauf, eine möglichst große Entfernung zwischen sich und ihren Vater zu legen. Doch jetzt, nachdem sie wochenlang durch die Wälder gestapft, um große Seen herum und über endlose Hügel gewandert waren und von bitteren Beeren und kleinen Fischen mit vielen Gräten gelebt hatten, blieb sie erschöpft und widerwillig immer weiter zurück. Die Entschlossenheit, die er in ihrem Gesicht gelesen hatte, als sie gefordert hatte, dass er sie mitnahm, war schon vor unzähligen Meilen verflogen. Ihr schwarzes Haar fiel ihr regennass und strähnig über den Rücken.
Der Regen fiel jetzt stärker und stach wie mit Nadeln in Roberts Gesicht, als er zum Himmel emporblickte. »Wir müssen irgendwo Schutz finden«, sagte er zu ihr; dabei nickte er zu einer Baumlinie am anderen Ende des Feldes hinüber. Die Blätter hatten sich zwar bereits verfärbt, waren aber noch dicht genug, um die gröbste Nässe abzuhalten.
Elizabeth starrte ihn an, während sie zitternd ihr Kleiderbündel an die Brust drückte. Der Überwurf und das Gewand, das sie getragen hatte, als sie Ballymote verlassen hatten, waren schmutzig und zerrissen, aber sie weigerte sich, sich davon zu trennen, obwohl sie jetzt die Tunika und den Gürtel trug, den er zusammen mit zwei Hühnern und einem Sack Äpfel von einem Bauernhof gestohlen hatte. Die Tunika war ihr zu groß, und in den Gürtel hatte er noch ein Loch stanzen müssen.
»Hier.« Robert trat zu ihr und nahm den Sack, den er trug, von den Schultern.
Sie sah zu, wie er eine ebenfalls auf dem Hof entwendete Decke hervorzog. Sie war schmuddelig und roch nach Pferd. Elizabeth rümpfte die Nase, ließ aber zu, dass er sie ihr um die Schultern legte.
Als sie ihre Kleider in den Sack stopfte, fiel Robert auf, wie blass sie war. Ihre Wangen wiesen die Farbe ausgebleichter Knochen auf, Schatten lagen unter ihren
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