Küsse auf Eis - True Love and other Disasters
hergestellt, der eingewilligt hatte, sich nachmittags mit ihr zu treffen. Wenn er auch noch einwilligte, für sie zu arbeiten, und sie ihn engagieren wollte, könnte er die Stelle gleich morgen Abend antreten. Mit dem zweiten Spiel gegen Vancouver. Wenn er ablehnte und sie ihn nicht mochte, wusste sie nicht, wie es weitergehen sollte.
»Dann eben nach eurem Meeting.«
»Nach dem Meeting will ich meine Eishockey-Bücher lesen.«
»Was ist bloß aus dir geworden?« Ihre Mutter schüttelte den Kopf, was ein paar feine blonde Haarsträhnen durcheinanderbrachte. »Du warst mal so voller Leben. Mit dir konnte man so viel Spaß haben.«
Sie war einmal eine Stripperin gewesen, die bis zum Sonnenaufgang feierte. Sie war einmal Vieles gewesen, das sie jetzt nicht mehr war.
»Du warst mal verwegen und sexy. Durch Virgil bist du
vorzeitig gealtert. Du ziehst dich nicht mehr an wie früher, und ich könnte heulen.«
Nein. Sie zog sich nicht mehr an wie ihre Mutter. »Vielleicht können wir danach zusammen was essen gehen. Das Spiel morgen Abend gegen die Canucks ist mein erstes als offizielle Besitzerin, und das will ich nicht vermasseln.«
»Wie könntest du das denn vermasseln?«
Auf so vielfältige Weise. »Die Presse will danach bestimmt mit mir sprechen. Ich will die Jungs nicht blamieren.« Sie trank einen Schluck und dachte an den Schmerz in Ty Savages Augen, als sie sich nach Terrible Ted erkundigt hatte. »Oder mich selbst.« Schon gar nicht sich selbst. »Ich will nicht total unterbelichtet dastehen. Ich hab schreckliche Angst, dass sie mir Fragen stellen, auf die ich keine Antwort weiß.« Und die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Fall eintrat, betrug neunundneunzig bis hundert Prozent.
Valerie nickte, als verstünde sie das Dilemma nur allzu gut. »Du brauchst ein tolles Outfit«, lautete ihr mütterlicher Rat. »Irgendwas Enges.« Sie deutete auf ihre großen Brüste. »Mit tiefem Ausschnitt. Zeig einem Mann genug Dekolleté, und er vergisst alle intelligenten Fragen, die er dir stellen wollte.«
VIER
Julian Garcia hatte irische und spanische Wurzeln und ein Modegespür wie Doctor 90210, alias Robert Rey. Zu seinem ersten Treffen mit Faith trug er eine goldene Christophoruskette im Kragen seines violett-rosa gestreiften Hemds; seine schwarze Hose war knalleng und sein Haar mit Gel zu einer Igelfrisur gestylt. Er kleidete sich sehr modisch, doch das Auffallendste an ihm waren nicht sein Mut zur Farbe oder gar seine grünen Augen, sondern seine Muskeln. Mit Stiefeln erreichte er die stolze Größe von 1,67 Metern, und sein Nacken war massiv wie ein Baumstamm. Der Mann nahm sein Muckibuden-Training sehr ernst. So ernst, dass Faith sich fragte, ob er schwul war. Nicht, dass es eine Rolle spielte, aber viele der muskelbepackten Rausschmeißer, die in Stripclubs arbeiteten, waren schwul.
Faith hatte sich um kurz nach zwölf mit Jules in Virgils Büro, das ja nun ihres war, in der Key Arena getroffen. Ihre erste Frage an ihn lautete: »Hat Virgil Sie gefeuert, oder haben Sie gekündigt?«
»Ich wurde gefeuert.«
»Warum?«
Er sah ihr fest in die Augen und antwortete: »Weil er gehört hat, was ich über Sie gesagt habe.«
Wenigstens war er ehrlich. Er hätte auch lügen können, und sie hätte es nie erfahren. »Was haben Sie denn gesagt?«
Er zögerte. »Im Prinzip, dass er eine Stripperin mit Riesentitten geheiratet hätte und ein Narr wäre.«
Ein Narr war Virgil zwar nicht gewesen, aber der Rest stimmte. Sie hatte so ein Gefühl, dass noch mehr dahintersteckte. Es war eine Ironie des Schicksals, dass er ihretwegen gefeuert worden war und sie jetzt, fünf Jahre später, hier mit ihm saß und ihm seinen alten Job anbot. Sie stellte ihm noch ein paar Fragen über sein Verhältnis zu Virgil und zu seinem Job. Wenn er antwortete, sah er ihr in die Augen und nicht auf den Busen. Er behandelte sie nicht herablassend und schien auch ihre Fragen nicht dumm zu finden.
»Machen Sie sich keine Sorgen, wenn Sie nicht alles wissen. Diese Organisation besteht aus etwa fünfzehn verschiedenen Abteilungen und verwaltet sich im Grunde selbst«, erläuterte er ihr. »Virgil war ein cleverer Geschäftsmann und ging mit ihr genauso um wie mit seinen Firmen. Denn im Grunde ist es nichts anderes, und er war sehr gut darin, fähige Mitarbeiter an bestimmte Positionen zu setzen und einfach ihren Job machen zu lassen.«
»Bei Ihnen klingt das so einfach.« Aber sie wusste, dass es nicht so war.
»Nicht einfach, aber auch
Weitere Kostenlose Bücher