Lady meines Herzens
ein und nahmen erst einmal einen stärkenden Schluck.
»Es wäre das Einfachste, wenn Clarissa und ich irgendwie die Plätze tauschen könnten«, sagte Sophie.
Schon bald waren sie damit beschäftigt, Pläne zu schmieden. Sie sprachen leise, obwohl niemand zugegen war, der sie hätte belauschen können. Manchmal flüsterten sie sogar. Sie erwogen die Schritte der Braut, die Gewohnheiten der Brautmutter, die Masse der Röcke vom Brautkleid. Sie verwarfen die eine Idee und bevorzugten eine andere. Sie bezogen auch die große Menschenmenge in ihre Überlegungen ein, die vermutlich vor den Toren der Kirche wartete. Sophie lief auf und ab. Lady Hamilton nippte an ihrem Tee und strich über ihren Rock. Wenn einer von ihnen eine großartige Idee kam, lächelten sie einander an und beglückwünschten sich zu ihrer Genialität und ihrem Hang zu Unfug.
Etwa eine Stunde und eine Kanne Tee später hatten die Duchess of Hamilton and Brandon und ihre zukünftige Nachfolgerin einen Plan entworfen, der dafür sorgte, dass Clarissa Frederick bekommen und Sophie Brandon heiraten konnte. Morgen.
Von den Männern wurde nichts verlangt, außer zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein …
Brandon sollte am Altar stehen und von Vennigan am Hafen, wo er sein Schiff besteigen wollte.
Die wirklich gewagten und schwierigen Handlungen wurden von den beiden Bräuten erwartet. Sie waren es, die Verstand, Mut und Vertrauen in eine Mission von so großer Tragweite aufbringen mussten – nämlich die Hochzeit des Jahres zu stören, um die Hochzeit ihres Lebens daraus zu machen.
»Jetzt müssen wir nur noch für Clarissas Mithilfe sorgen«, sagte Sophie. Das war einer der Schwachpunkte ihres Plans: Er verlangte von der pflichtbewusstesten und gehorsamsten Kreatur dieser Welt einen Akt größten Ungehorsams.
»Sie wird heute mit ihrer Mutter bei Madame Auteuil sein. Es geht um die letzte Anprobe. Ich soll sie dort treffen«, sagte Lady Hamilton.
»Ach ja, ich erinnere mich. Eigentlich sollte ich auch erscheinen, aber ich bezweifle, dass ich nach der gestrigen Szene dort noch willkommen bin.«
»Wahrscheinlich nicht. Aber Sie sollten trotzdem hingehen. Ich werde Lady Richmond ablenken, dann haben Sie etwas Zeit und können Lady Clarissa ungestört von unserem Plan erzählen.«
»Perfekt.«
Sophie, die Duchess und Bessy suchten ihre Sachen zusammen, setzten die Hauben auf und zogen die Handschuhe an. Sie verließen das Haus und bestiegen die Kutsche der Duchess. Zweimal war sie schon in der Kutsche mitgefahren, und Sophie musste an das Sprichwort denken: Einmal ist keinmal, doch was zweimal passiert, kann auch dreimal geschehen.
Sie fand, das sei ein gutes Omen. Und sie konnte gute Omen brauchen.
Ihr Plan war gut. Aber sie hatte nicht vergessen, dass Brandon gestern Abend noch betont hatte, er wolle sie nicht heiraten. Und wenn er seine Meinung nicht änderte, wurde sie ein zweites Mal am Altar stehen gelassen.
So lautete nämlich ihr Plan. Sophie hatte verzweifelt versucht, diesen Teil des Plans zu ändern, aber sie hatten keine andere Möglichkeit gefunden. Das war ein Risiko, das sie eingehen musste. Aber schon jetzt verkrampfte sich in ihr alles bei der Vorstellung, wie sie allein vorm Altar stand.
»Warum tun Sie das hier, Lady Hamilton?«
»Weil so mehr Menschen glücklich werden als unter anderen Umständen. Weil sonst wieder so ein fehlerhafter und übereilter Plan umgesetzt wird, wenn wir den Männern die Sache überlassen. Weil er mein Sohn ist und ich für ihn das Beste will. Weil eine Mutter es am besten weiß. Weil es so schrecklich aufregend ist. Und weil es um die große Liebe geht und man nicht einfach tatenlos zusehen kann, wie die jungen Leute diese Chance ungenutzt verstreichen lassen.«
»Das sind samt und sonders sehr gute Gründe«, antwortete Sophie.
»Ich sollte noch hinzufügen, dass ich die Richmonds nur ungern als meine zukünftigen Verwandten hätte.«
»Sie sind meiner Familie noch nicht begegnet«, betonte Sophie. Ihr kam in den Sinn, dass ihre Eltern ihre Hochzeit verpassen würden, wenn alles so kam wie geplant. Sie müsste außerdem ohne den Harlow-Schleier heiraten (der inzwischen geflickt war, wie ihre Mutter ihr in einem ihrer zahlreichen Briefe mitgeteilt hatte). Wenn sie bedachte, wie es beim ersten Mal mit dem Schleier gelaufen war, verzichtete Sophie beim zweiten Mal gerne darauf.
»Ich bin sicher, sie sind allesamt wunderbare Menschen, und falls nicht, leben sie wenigstens auf dem Land«,
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