Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
- Lasst die Toten ruhen

- Lasst die Toten ruhen

Titel: - Lasst die Toten ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kotowski
Vom Netzwerk:
um den Leib trug und in welchem ein langes Schlachtmesser steckte, und antwortete zornig:
    »Höre ich recht? – Was hast du gesagt?«
    »Ich sehe, dass dein Verstand nicht groß genug ist, um meine Worte zu fassen, die doch so deutlich waren! Soll ich sie dir etwa wiederholen?«
    »Sefil, dschüdsche – Knirps, elender! Soll ich dir dieses Messer in den Leib rennen?«
    Ich wollte mein Pferd zwischen ihn und Halef drängen; da aber ergriff ihn einer seiner Kameraden beim Arm und sagte hastig:
    »Sökiut dur onlarin-war koptschaji – schweig, sie haben ja die Koptscha [73] !«
    Das gab der so gefährlich erscheinenden Szene eine augenblickliche Wendung zum Besseren. Der Mann betrachtete uns genauer und sagte dann im Tone der Entschuldigung:
    »Afw sejr etmez-dim – Verzeihung, ich sah es nicht!«
    »So öffne ein anderes Mal deine holden Augen weiter«, meinte Halef. »Es ist doch sehr leicht zu sehen, dass dieser Emir, welcher unser Freund und Gebieter ist, die Koptscha der Anführer trägt! Du hast uns mit Schimpfworten empfangen. Ich sollte dir die Hand so in das Gesicht legen, dass du einen Purzelbaum springst, bis hinein in den hintersten Fettkessel. Aber ich bin gnädig gestimmt, und so wollen wir dir verzeihen. Gebt uns einen Platz zur Ruhe, Futter für die Pferde und eine Bürste für unsere Kleider, damit ihr dann sehen könnt, ob wir wirklich Mehlwürmer sind!«
    Halef war ein vollständig furchtloser Mensch. Dazu kam, dass er mit seinem selbstbewussten Auftreten bisher stets Glück gehabt hatte. War er durch dasselbe je einmal in eine augenblickliche Bedrängnis geraten, so hatte ihn meine Einmischung stets wieder aus der Verlegenheit gerissen. Darum zeigte er auch jetzt keine Angst vor diesen Männern, obgleich ihr Äußeres durchaus kein Vertrauen erwecken konnte.
    Der Fleischer, an welchen Halef seine Strafpredigt gerichtet hatte, betrachtete ihn mit einer Art bärbeißigen Wohlwollens, ungefähr so, wie ein amerikanischer Bluthund ein Schoßhündchen, das ihn ankläfft, betrachten würde. Auf seinem Gesicht war deutlich der Gedanke zu lesen: Armer Wurm! Ein Biss von mir und ein Schluck, so habe ich dich gefressen; aber ich will es nicht tun, da du mich dauerst!
    Wir stiegen ab und erhielten geschrotenen Mais für die Pferde. Für uns gab es Fleisch in Menge. Ich nahm natürlich zunächst das Pferd vor und bat um einen alten Lappen, welchen ich zum nassen Umschlage brauchte. Als ich ihn dem Hengst umlegte, fragte mich einer der Fleischer, ob das Pferd am Fuß krank sei.
    »Ja«, antwortete ich. »Es hat einen Stich oberhalb des Hufes erhalten.«
    »Da legst du Wasser auf? Das kühlt zwar, aber ich weiß ein noch viel besseres Mittel.«
    »Was denn?«
    »Ich bin hier in der ganzen Gegend als Rossarzt bekannt. Ich kenne eine Salbe, welche die Hitze benimmt und alle Wunden auf das Schnellste heilt. Wenn du dieses Mittel versuchen willst, wirst du es nicht zu bereuen haben.«
    »Gut; wollen einmal eine Probe machen.«
    Das war keineswegs voreilig gehandelt. Ich hatte gehört, dass in manchen dieser Sahana Kuren vorgenommen wurden, deren sich der unterrichtetste Arzt nicht zu schämen brauchte. Ich sollte dieses Vertrauen auch nicht zu bereuen haben. Rih trug die Salbe drei Tage lang am Fuß und von einer Wirkung des Nadelstiches war keine Spur mehr.
    Halef und ich schliefen bei unseren Pferden im Freien. Osko und Omar zogen die Hütte vor. Kurz nach Anbruch des Tages wurden wir von Treibern geweckt, welche eine Menge meist gefesselter Büffel brachten, die entweder wegen ihres Alters oder wegen ihrer Unbändigkeit an das Sahan verkauft worden waren. Da war von Schlafen keine Rede mehr, obgleich wir ungefähr nur zwei Stunden geruht hatten.
    Die Tiere sollten sofort geschlachtet werden. Ich wollte sehen, welche Methode man dabei anwenden werde. Man schlang dem betreffenden Büffel zwei Seile um die Hörner und zog ihn an einem Pfeiler in die Höhe. Oben auf einem Querbalken stand ein Mann, welcher mit einem Beil so lange auf dem Schädel des armen Geschöpfes herumtrommelte, bis es verendete. Der Todeskampf war ein schrecklicher.
    Ich bat um die Erlaubnis, die dem Tode Geweihten niederschießen zu dürfen. Man lachte. Man glaubte nicht, dass die Kugel einem dieser riesigen und starkknochigen Tiere ins Leben dringen werde. Ich bewies ihnen das Gegenteil.
    Der erste Büffel, welcher den Schuss erhielt, blieb mit tief gesenktem Kopf noch eine ganze Weile bewegungslos stehen. Nicht einmal die Spitze des

Weitere Kostenlose Bücher