Lemberger Leiche
Helene auf dem Lemberg geschossen hatte, auf den Tisch. »Hier ist der Beweis, dass die Schwestern Kleidung getragen haben, wie sie Fabian Knorr beschrieben hat. Nur das Kapuzenshirt fehlt, aber das kann zwischenzeitlich in einem Müllcontainer gelandet sein.«
Dann schob Irma das Jubiläumsbild mit der Belegschaft der Bankfiliale neben die Fotos vom Weinblütenfest. Und nun mussten Schmoll und Katz zugeben, dass die große Schwester die Filialleiterin Brünnhilde Kurtz war!
Noch während Schmoll und Katz die Fotos betrachteten, hob Irma ein Fax hoch: »Das ist vorhin vom technischen Labor gekommen. Erstens: Das Blut an dem Spaten stammt von der Leiche aus dem Kotzenloch. Zweitens: Das Haar, das ich auf dem Alten Friedhof von einem Holunderstrauch gepflückt hab, stammt von der Perücke, die Nutella auf dem Lemberg aufgestöbert hat. Das beweist: Die blondgelockte Person vom Weinblütenfest ist vorher auf dem Alten Friedhof gewesen. Dort haben dieses vermeintliche Mädchen und Frau Kurtz Fabian Knorr ein Päckchen Scheine aus der Beute in die Seitentasche seines Rucksacks gesteckt. Um ihn verdächtig zu machen!«
Katz machte langgezogen: »Wow!«
Schmoll lehnte sich zurück und sagte großmütig: »Los, Irma, mach weiter. Ich weiß zwar, was kommt, aber du hast den Braten gerochen und soeben unsre verklebten Augen geöffnet.«
Der Stein, der Irma vom Herzen fiel, war fast hörbar. Sie hatte es sich nicht einfach vorgestellt, ihre Kollegen zu überzeugen.
Nun beeilte sie sich, mit der Quintessenz ihrer Theorie herauszurücken: »Damit wären wir bei der Leiche vom Kotzenloch. Ich behaupte, der junge Mann, der dort zu Tode gestürzt ist oder möglicherweise schon vor dem Sturz erschlagen wurde, ist Frau Kurtz’ ›kleine Schwester‹.«
Schmoll kratzte mit beiden Händen durch den Haarstoppelkranz, aus dem seine Glatze hervorwuchs. Er grämte sich nicht, weil ihm diese Idee nicht selbst gekommen war, sondern er bewunderte den Scharfsinn seiner jungen Kollegin. Er war ein umsichtiger, erfolgreicher Ermittler, der auch ohne Irma schon so manchen kniffligen Fall gelöst hatte. Aber er war fair genug, Irma ihren Erfolg, auch wenn es vorläufig ein Teilerfolg war, zu gönnen. Ihm schwante allerdings, dass die eigentliche Ermittlungsarbeit noch vor ihnen lag.
»Jedenfalls ist endlich eine Spur gefunden«, sagte er fast feierlich. »Vielleicht ist es die entscheidende Spur, die wirdringend brauchen. Sie führt nicht nur zu dem Bankraub und dem Tod des alten Engelhard, sondern auch zum Mörder des jungen Mannes aus dem Kotzenloch. Wenn die Leiche wirklich die ›kleine Schwester‹ sein sollte, dann müssen wir uns ohne Aufschub mit Brünnhilde Kurtz befassen.«
Schmoll zog die Augenbrauen gleichzeitig mit den Mundwinkeln hoch. »Unser cleveres Eichhörnle hat mich tatsächlich von der mysteriösen kleinen Schwester überzeugt.«
Katz stand auf der Leitung. »Ond wer hot die kloi Schweschter beziehungsweise den kloine Bruder totgschlage ond ens Kotzeloch gschmisse?«
»Das kann uns nur Frau Kurtz beantworten«, sagte Irma. »Und wenn sie es beantwortet hat, wissen wir wahrscheinlich auch den Grund, weshalb der Junge sterben musste.«
Nach diesem Satz fiel bei Katz der Groschen. Er schlug sich gegen die Stirn. »Mei Oma hätt jetzet zu mir gsagt: ›Du hosch a Gottesgab: Bisch a Rindviech ond woisch’s net.‹«
Schmoll grinste und tröstete ihn: »Na, glücklicherweise ist das ja nicht immer so!« Zugleich arbeitete sein Hirn auf Hochtouren. Danach brachte er die Sache auf den Punkt: »Der alte Engelhard ist ihnen in die Quere gekommen, er war der Zeuge, den sie gefürchtet haben. Möglicherweise ist sein Tod nicht beabsichtigt gewesen, aber es war auf alle Fälle Totschlag.«
»I frag me bloß oins«, meldete sich Katz. »Warum send die zwoi nach dem Bankraub uff de Lemberg gange?«
»Das ist mir auch ein Rätsel«, gab Irma zu.
»Vielleicht um ein Alibi weitab vom Tatort zu haben«, sinnierte Schmoll.
»Dass sie von Zuffenhausen gekommen sind, wie sie mir auf dem Weinblütenfest weismachen wollten, war gelogen«, sagte Irma. »Sie sind direkt nach dem Raub mit dem Pendelbus vom Feuerbacher Rathaus auf den Lemberg gefahren. Ich hab heute Morgen endlich den Fahrer ausfindig gemacht.Er erinnert sich, kurz nach dem Fußballspiel zwei Personen, eine großgewachsene Frau und ein blondes Mädchen, zum Weinblütenfest chauffiert zu haben.«
Schmoll versuchte, die Tatbestände zu rekonstruieren: »Frau Kurtz, die
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