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Lettie Peppercorn und der Schneehaendler

Lettie Peppercorn und der Schneehaendler

Titel: Lettie Peppercorn und der Schneehaendler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Gayton
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Lettie an der Klippenkante auffing.
    »Ist das wirklich wahr?«, flüsterte sie und fürchtete, ein Nein zu hören.
    »Ich bin hier«, antwortete ihre Mutter. »Und ich werde dich nie wieder verlassen.«
    »Aber es fühlt sich an wie ein Traum.«
    Schließlich löste sich ihre Mutter von ihr. »Du bist hellwach.« Sie zwickte ihre Tochter in den Arm. »Siehst du?«
    Dann nahm sie eine Rolle Schnur aus der Manteltasche und begann Ärmel und Hosenbeine hochzubinden, als wolle sie sich luftdicht abschnüren.
    »Ich habe immer dran geglaubt, dass du zurückkommst«, sagte Lettie zitternd. »Aber warum siehst du so …?«
    Ihre Mutter lachte. »… so geheimnisvoll aus?«
    »Unsichtbar«, sagte Lettie. »Und seltsam.« Dann wich sie einen Schritt zurück. Sie wirkte plötzlich nachdenklich. »Mama?«
    »Ja?«
    »Willst du mir nicht einen Kuss geben?«

    »Würde ich sehr gern«, antwortete ihre Mutter. »Aber ich kann nicht.«
    »Warum nicht?« Lettie hatte einen Kloß im Hals.
    Ihre Mutter war inzwischen damit fertig, den zweiten Handschuh am Handgelenk festzuschnüren. »Es gibt einen Grund, Lettie, aber dazu gehört eine lange Geschichte … eine Geschichte, die dreizehn Jahre zurückreicht, bis zu einem Tag weit vor deiner Geburt.«
    »Ich weiß schon, dass du Schnee erschaffen hast, um mich zu retten«, sagte Lettie. »Und dass Blüstav ihn gestohlen und dich hier eingesperrt hat.«
    »Ja, aber da ist noch mehr«, sagte Mama. »Blüstav hat dir erzählt, wie es passiert ist, weil ich ihn in Gestalt des Windes gezwungen habe, die Wahrheit zu sagen. Und jetzt werde ich dir erzählen, warum es passiert ist.«
    »Ja, schnell!«, bettelte Lettie. »Und lass die langweiligen Stellen aus.«
    »Mach ich, aber nicht sofort. Erst mal muss ich mich um jemand anderen kümmern.«
    Sie hob den Kopf und sah zu Blüstav hoch. Mit wild rudernden Armen und Beinen versuchte er wie ein Hund paddelnd vor ihr wegzuschwimmen, Richtung Fenster.
    »Halt!«, rief Letties Mutter. »Du hast mir meinen Schnee gestohlen. Letties Schnee.«
    So rotgesichtig hatte Lettie den Alchemisten noch nie gesehen. Er fuchtelte durch die Luft, als wolle er sich aus dem Nichts irgendeine Ausrede greifen. Dann blinzelte er und wischte sich mit einer verschwitzten Hand über die Stirn.
    »Ich … ähm … ich dachte, du kannst dir bestimmt jederzeit noch mehr erschaffen«, stammelte er.
    »Und wie hätte ich das tun sollen? Du hast meine ganzen Gerätschaften zerstört. Meine Substanzen gestohlen. Mich hier eingesperrt! Oh, Blüstav …«, sagte sie streng. »Wir müssen wirklich mal an deiner Fantasie arbeiten. Deine Lügen sind fürchterlich vorhersehbar. Den Schnee zu stehlen war deine Art, dich an mir zu rächen, nicht wahr?«
    Schweigen.
    »Nicht wahr?!«, wiederholte Letties Mutter finster.
    Blüstav nickte und blieb wenige Schritte vom Fenster entfernt in der Luft stehen.
    »Tut mir leid …«, murmelte er.
    »Bei mir musst du dich nicht entschuldigen«, sagte Letties Mutter. »Sondern bei Lettie. Ihr Leben hast du in Gefahr gebracht.«
    Lettie sah jetzt, welche Macht ihre Mutter als Alchemistin wirklich hatte: Mit wenigen Worten hatte sie Blüstav von einem eingebildeten Gauner in einen kleinen, eingeschüchterten Jungen verwandelt. Und er hörte sich an, als würde er seine Taten wirklich bereuen!
    Jetzt, wo sie Blüstav gesagt hatte, was sie zu sagen hatte, wandte sich Letties Mutter von ihm ab.
    »Hallo, Noah«, sagte sie zu Letties Freund und hielt ihm ihre behandschuhte Hand hin. Er schüttelte sie. »Du bist der beste Freund, den meine Tochter je hatte, Noah. Ich weiß das, ich habe dich schließlich gefunden. Ein Junge, der dem Wind folgt, ohne nach dem Grund zu fragen. Die ganze Welt habe ich nach dir abgesucht.«
    Noah und seine Blume wurden rot.
    Letties Mutter lachte. »Und was machen wir jetzt mit den zwei alten Schachteln? Ich bin auf dem Weg hierher an ihrem Schiff vorbeigeflogen.«
    »Sind die etwa immer noch hinter uns her?«, fragte Lettie bestürzt. »Ich dachte, die wären mit dem Kampf untereinander beschäftigt genug. Wieso geben sie nicht endlich auf?«
    »Weil Geld die Leute in den Wahnsinn treibt, Lettie. Und der Gedanke, man könnte noch mehr Geld machen … Na ja, der ist Futter für den Wahnsinn. Immer noch mehr, mehr, mehr. An was anderes können sie gar nicht denken. Der Schnee hat sie gefährlich gemacht.«
    »Kannst du sie nicht in etwas Harmloses verwandeln?«, fragte Lettie. »In Eichhörnchen oder so?«
    »Oder

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