Letzte Ehre
die Hände in meine Jackentaschen und fand die Kinokarte von letzter Woche, zwei Vierteldollars und einen Kugelschreiber sowie eine Büroklammer. Ich befühlte meine rechte Hosentasche, die leer war. In der anderen befand sich ein zerknülltes Papiertaschentuch, das ich herausfischte und dazu benutzte, mich zu schneuzen. Eines nach dem anderen holte ich die Dinge aus meiner Handtasche und legte sie auf den Sitz neben mir. Ich hatte meine Brieftasche mit dem kalifornischen Führerschein und meine Lizenz als Privatdetektivin; zwei Kreditkarten von größeren Gesellschaften, von denen die eine bis 2500 Dollar belastet werden konnte (abzüglich des bereits ausgenutzten Betrags natürlich), und die andere, wie ich soeben bemerkte, abgelaufen war. Tja, verdammt. Ich hatte 4 6 Dollar und 52 Cents in bar, meine Telefonkreditkarte und eine Servicekarte für den Geldautomaten, die außerhalb Kaliforniens nutzlos war. Wo war mein Scheckheft? Ah, es lag zu Hause auf meinem Schreibtisch, wo ich Rechnungen bezahlt hatte. Ich mußte feststellen, daß einem Tugend gar nichts nützt, wenn man in der Klemme sitzt. Hätte ich meine Schulden ignoriert, hätte ich mein Scheckheft dabei, was mein verfügbares Guthaben um drei- bis vierhundert Dollar erhöhen würde. Im Innenfach meiner Brieftasche steckten meine Dietriche, die sich für Spontan-Jetsetter stets als hilfreich erwiesen.
Darüber hinaus besaß ich eine Zahnbürste und Zahnpasta und die saubere Unterhose, die ich immer dabeihabe. Außerdem hatte ich mein Schweizer Offiziersmesser, meine Sonnenbrille, einen Kamm, einen Lippenstift, einen Korkenzieher, den Schlüssel aus Johnnys Safe, zwei Stifte und den alten Einkaufszettel, auf dem ich die Autonummer des Taurus notiert hatte, ein kleines Fläschchen Aspirin und meine Antibabypillen. Was auch immer sonst geschehen mochte, ich würde jedenfalls nicht schwanger werden, also warum machte ich mir Sorgen? Schließlich hatte ich Urlaub und keinerlei sonstige dringende Verpflichtungen.
Ich hatte nicht die leiseste Idee, was ich tun sollte, wenn wir landeten. Vermutlich würde ich warten und beobachten, was meine Reisegefährtin vorhatte. Wenn sie das Land verließ, konnte ich rein gar nichts dagegen unternehmen, da ich nämlich meinen Paß nicht dabeihatte. Vermutlich könnte ich mit dem Führerschein nach Mexiko einreisen, aber das wollte ich nicht. Ich hatte zu viele Geschichten über mexikanische Gefängnisse gehört. Positiv war zu vermerken, daß mein Rückflug bezahlt war und ich mich jederzeit in ein Flugzeug setzen und nach Hause fliegen konnte, daß ich mich lächerlich machte... erfahrungsgemäß nicht das erste Mal.
Sowie das Bitte-anschnallen-Schild ausgegangen war, löste ich meinen Gurt und suchte mir in dem Fach über den Sitzen ein Kissen und eine Decke. Ich ging in den hinteren Teil des Flugzeugs und benutzte die sanitären Anlagen an Bord, wusch mir die Hände, besah meine Erscheinung im Spiegel über dem Waschbecken und nahm mir auf dem Rückweg zu meinem Platz eine Ausgabe von Time mit. Der Pilot meldete sich über die Bordsprechanlage und sagte in beruhigendem Ton ein paar pilotentypische Dinge. Er erzählte uns etwas über unsere Flughöhe, das Wetter und die Flugroute sowie unsere voraussichtliche Ankunftszeit.
Der Getränkewagen kam vorbei, und ich leistete mir für drei Dollar schlechten Wein. Ich konnte es kaum erwarten, meinen Vierhundertsiebenundachtzig-Dollar-Snack zu verspeisen, der sich als eine Cocktailtomate, ein Zweiglein Petersilie und ein »delikat belegtes« Brötchen im Format eines Briefbeschwerers entpuppte. Als Dessert gab es eine folienverpackte Schokoladenwaffel. Nachdem wir abgefüttert waren, wurde das Licht in der Kabine gedämpft. Die Hälfte der Passagiere entschied sich für Schlafen, während die andere Hälfte die Leselämpchen einschaltete und entweder las oder Akten bearbeitete. Fünfundvierzig Minuten verstrichen, und dann ging auf einmal die Schwangere an meinem Sitz vorbei.
Ich wandte mich um und sah interessiert zu, wie sie auf die beiden Toiletten im hinteren Teil des Flugzeugs zusteuerte. Ich musterte die anderen Passagiere in der unmittelbaren Umgebung. Die meisten schliefen. Niemand schien mir die geringste Aufmerksamkeit zu schenken. Sowie die Frau die Toilette hinter sich abgesperrt hatte, schob ich mich aus meinem Sitz und ging zwei Reihen weiter vor, wo ich mich auf dem Gangplatz zwei Sitze neben ihrem niederließ. Ich tat kurz so, als sähe ich in die am Sitz
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