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Letzter Weg

Letzter Weg

Titel: Letzter Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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schrecklich geirrt hatte.
    Lass es einfach auf dich zukommen.
    Das Beste war, der anderen Frau in die Augen zu schauen und den Dingen ihren Lauf zu lassen.
    Aber das Allerbeste wäre gewesen, umzukehren und nach Hause zu fahren.
    Grace fuhr weiter nach Süden.

125.
    Cathy wusste nicht, wie lange sie das noch aushalten konnte.
    Die Fragen nahmen kein Ende. Doch alle waren freundlich und rücksichtsvoll zu ihr, und sie tat es ja freiwillig. Sie wollte sich alles von der Seele reden, wollte es endlich beenden.
    Doch jedes einzelne Wort versetzte ihr einen Stich in Herz und Seele, und sie zweifelte mehr und mehr an ihrem Charakter und Urteilsvermögen.
    Inzwischen wollte sie nur noch nach Hause, sich die Wunden lecken und ein wenig Zeit haben, um um Kez zu trauern. Doch wenn sie nach Miami zurückfuhr, würde sie Saul wiedersehen, würde mit seinen Schmerzen konfrontiert werden, und sie würde wissen, dass ihre Freundin, ihre Geliebte dafür verantwortlich war.
    Wie konnte sie da auch nur daran denken, um diese Person zu trauern?
    Sie wusste wirklich nicht mehr, wie viel sie noch ertragen konnte.

126.
    Das schmucke weiße Haus direkt am Wasser war eine Überraschung.
    Es besaß einen hübschen Hinterhof, eine Veranda und eine Anlegestelle mit einem blassblauen Speedboat, alles durch die Palmen von der Straße aus zu sehen. Auf dem heutigen Markt musste ein Haus in dieser Lage ein Vermögen wert sein … obwohl alles Geld der Welt wohl nicht wettmachen konnte, was diese Frau durchgemacht hatte oder noch immer durchmachte, dachte Grace.
    Lucias scharlachrotes Audi Coupé stand in der Einfahrt.
    Grace nahm das Handy aus der Freisprechhalterung und zögerte. Sie hatte Sam schließlich gesagt, wo er sie finden konnte. Grace schaltete das Handy aus, ließ es in ihre Tasche fallen und stieg aus dem Wagen. Langsam ging sie den Pfad hinauf, atmete tief durch und klingelte.
    Drei Sekunden, und die Tür öffnete sich.
    »Grace«, sagte Lucia.
    Grace hatte sofort das Gefühl, dass man sie erwartet hatte.
    »Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus«, sagte sie.
    Lucia trug einen schwarzen Hosenanzug. Ihr lockiges, silbersträhniges Haar war wie immer frisiert, doch ihr Gesicht war abgehärmt und müde, ihre Augen leer.
    Grace’ Herz flog ihr förmlich zu.
    Lucia öffnete die Tür noch ein Stück weiter und trat zurück, um Grace hereinzulassen.
    »Sie wissen es«, sagte sie.
    »Es tut mir leid, Lucia.«
    Grace breitete die Arme aus, und die andere Frau, fast einen Kopf kleiner, ließ sich einen Moment von ihr umarmen, ehe sie sich wieder zurückzog und ihrem Gast voran in den hinteren Teil des Hauses ging.
    Alles war weiß und elegant mit Ausnahme der Pflanzen, die das gesamte Ambiente bestimmten. Sie waren überall, in allen Formen und Größen. Durch die Türen des Wohnzimmers hindurch war ein Gewächshaus zu sehen.
    Doch trotz all der Blumen und Kräuter fehlte es hier an der Gemütlichkeit, die Grace im Haus dieser Frau erwartet hätte, was Lucias Traurigkeit und Einsamkeit nur noch betonte. Alles war ordentlich und an seinem Platz, das genaue Gegenteil zum Chaos der Lucca-Beckets, und Grace war dankbarer denn je für ihre gemütliche Unordnung.
    »Tee?«, fragte Lucia und ging voraus in die Küche. »Meine Spezialmischung?«
    »Lassen Sie mich Ihnen helfen.«
    »Nein«, sagte Lucia. »Es tut mir gut, etwas zu tun zu haben.«
    »Ich kenne das Gefühl«, bemerkte Grace.
    Myriaden Gerüche hingen in der Luft. Grace erkannte nur wenige davon, vornehmlich von Kräutern, die auch sie zum Kochen verwendete: Rosmarin, Basilikum, Minze, Thymian und Safran vielleicht – obwohl sie sich bei Letzterem nicht ganz sicher war. Und war da nicht auch Koriander …?
    Sie schüttelte den Kopf und wandte ihre Aufmerksamkeit von den Gerüchen wieder Lucia zu, die einen altmodischen Emaillekessel mit Quellwasser aus einer Pumpe gefüllt hatte. Grace war es gewöhnt, dass Lucia darauf bestand, kein Leitungswasser, sondern Mineralwasser zum Teekochen zu verwenden, wenn sie in der Praxis war.
    »Das ist das erste Mal, dass ich einen echten Tisana für Sie kochen kann«, sagte Lucia und schaltete das Gas unter dem Kessel an. »Natürlich ist das sehr einfach, wenn man Blätter und Samen von Blumen benutzt. Man muss nur heißes Wasser darüber gießen und es ziehen lassen.« Sie nickte zu einem weißen Kochtopf, der in einem Regal neben dem Herd stand. »Wenn man härtere Samen oder Beeren benutzt oder manchmal auch Rinde, dann dauert es länger, bis

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