Leuchtende Sonne weites Land - Roman
ob mit Yuri alles in Ordnung ist. Aber ich finde im Dunkeln bestimmt nicht zurück.« Wahrscheinlich würde sie auch am helllichten Tag nicht zurückfinden.
»Jemand wird dich begleiten«, sagte Djula und rief, man möge ihr ihr Pferd bringen.
Jacqueline war froh, die Stute wiederzusehen, und tätschelte ihr liebevoll den Hals. Zum Abschied versammelten sich die Frauen um sie, berührten sie und fassten ihre Haare an. Jacqueline spürte, dass ihre Geschichte sie bewegt hatte. Sogar Dot hatte scheinbar ihre Feindseligkeit abgelegt. Sie reichte Jacqueline ein breites, schalähnliches Tuch und sagte, sie solle es sich um die Schultern legen, damit ihr nicht kalt wurde. Anscheinend hatte sie ihre Meinung über die weiße Frau geändert, und das machte diese glücklich.
Die freundliche Aufnahme, die sie bei den Stammes-Aborigines gefunden hatte, rührte Jacqueline zutiefst. Es war in mehr als einer Hinsicht eine emotionale Reise gewesen, die sie unternommen hatte. Sie hatte nicht nur ihre Freiheit dadurch zurückgewonnen, sondern auch ihre seelischen Konflikte gelöst. Sie fühlte sichfrei und leicht. Endlich konnte sie einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen und zu neuen Ufern aufbrechen.
Und das hatte sie nur den Aborigines vom Stamm der Adnyamathanha zu verdanken.
Jacqueline und ihr Begleiter hatten sich noch nicht sehr weit vom Lager entfernt, als ihnen Nick entgegenkam. Jacqueline ließ sich aus dem Sattel gleiten, lief auf ihn zu und warf sich in seine Arme.
Nick war in der Nähe geblieben. Da er die Bräuche der Aborigines kannte, hatte er gewusst, wie es nach der Prüfung, der Jacqueline unterzogen worden war, weiterging, und war sich ziemlich sicher gewesen, dass sie sich entscheiden würde, nach Hause zu gehen.
»Bist du etwa meinetwegen gekommen?«, fragte sie freudig.
»Wir haben uns große Sorgen um dich und Yuri gemacht. Ich war auf der Suche nach euch heute schon einmal im Lager, und da habe ich erfahren, dass die Männer zur Jagd gegangen sind. Ich dachte mir, möglicherweise spüren sie auch dich und Yuri auf, deshalb bin ich noch einmal hergekommen.«
»Yuri geht es gut, er ist bei seiner Mutter. Ich kann nicht glauben, dass wir uns hier mitten in der Nacht getroffen haben«, sprudelte sie aufgeregt hervor. »Die Aborigines haben mir einen ihrer Leute mitgegeben, damit er mir den Weg nach Hause zeigt.« Sie blickte sich suchend um. »Wo ist er denn hin?«
Nick warf einen kurzen Blick in die Runde. »Zum Lager zurückgegangen, würde ich sagen. Er weiß, dass du bei mir in Sicherheit bist. Du bist sicher völlig erledigt. Wollen wir nach Hause?«
»Wie weit ist es denn? Bestimmt einige Meilen, oder?« Der Gedanke an den weiten Rückweg bedrückte Jacqueline. Sie war so schrecklich müde.
»Nein, von hier aus nicht.«
Sie führten ihre Pferde am Zügel und folgten einem Pfad von den Hügeln hinunter nach Wilpena.
»Ich bin am Fluss entlanggeritten, bis ich offenes Gelände erreichte«, erzählte Jacqueline. »Dann kam ich zu einer Felsspalte. Yuri war dort hineingefallen. Als ich zu ihm hinunterklettern wollte, rutschte ich aus und stürzte ab, und dann saßen wir dort unten fest. Die Aborigines haben uns herausgeholt und zu ihrem Lager gebracht, aber mir kam es furchtbar weit bis dorthin vor.«
»Ich weiß, welche Felsspalte du meinst«, erwiderte Nick, der nicht zugeben wollte, dass er ihre Spur bis dorthin verfolgt hatte. »Von dort ist es tatsächlich ziemlich weit bis zum Lager. Aber vom Lager nach Wilpena sind es nicht einmal zwei Meilen. Dot und Yuri legen den Weg ja andauernd zurück.«
Jacqueline seufzte erleichtert und zog das Schultertuch fester um sich. Die Nacht war kühl, zumal der Wind aufgefrischt hatte.
»Bist du gut behandelt worden bei den Aborigines?«, fragte Nick.
»Ja, aber anfangs war mir schon mulmig zumute. Ich hatte ehrlich gesagt eine Heidenangst. Ich dachte, sie würden mich töten. Aber dann gaben sie mir einen Dolmetscher zur Seite, und ich durfte ihnen alles erklären.«
Sie erzählte ihm, was sich im Lager abgespielt hatte, ohne jedoch auf ihre persönliche Geschichte einzugehen. Sie würde ein anderes Mal mit ihm darüber reden, irgendwann, wenn sie nicht zum Umfallen müde war. Es tue ihr leid, dass sie sich solche Sorgen gemacht hätten, fügte sie noch hinzu, aber sie habe einfach nicht anders gekonnt, sie habe Yuri suchen müssen.
Nick hörte schweigend zu. Er fragte sich, ob sie ihm jemals gestehen würde, dass sie verheiratet gewesen
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