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Leuchtende Sonne weites Land - Roman

Titel: Leuchtende Sonne weites Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran Sylvia Strasser
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Das bedeutete, er würde seinem Bruder alles beichten müssen, und vor dieser Konfrontation schreckte er zurück.
    Nachmittags gingen die Darcys immer mit ihrem Enkel in den Botanischen Garten oder machten einen Spaziergang am Yarra River, wo der Kleine Enten und Schwäne füttern und sich richtig austoben konnte. Henry hatte zwar keine Erfahrung mit Kindern, aber Johnny kam ihm doch viel lebhafter und quirliger als andere Kinder vor. Musste er zu lange im Hotelzimmer bleiben, wo er seinen immensen Bewegungsdrang nicht ausleben konnte, bekam er solche Tobsuchtsanfälle, dass sich die anderen Gäste beschwerten – nicht nur die vom selben Stockwerk, sondern auch die darüber und darunter.
    Henry und Verity genossen die Zeit, die sie für sich allein hatten, wenn Johnny etwas mit seinen Großeltern unternahm. Im Bett ihrer luxuriösen Suite sorgte Verity dafür, dass Henry nicht an seine schwindenden finanziellen Mittel dachte. Sie ahnte nichts von seinen Schuldgefühlen gegenüber Jacqueline und seiner Sorge um sie.
    Henry hatte einen Privatdetektiv engagiert, der den Aufenthaltsort seiner Frau ausfindig machen sollte. Früher oder später würde sie finanzielle Forderungen an ihn stellen. Da sie nie gearbeitet hatte, würde es ihr nicht leichtfallen, selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Henry malte sich aus, wie sie von der Fürsorgeleben musste, und dieser Gedanke war furchtbar für ihn. Aber mit der Abfindung, die er ihr zahlen wollte, wollte er hauptsächlich sein eigenes schlechtes Gewissen beruhigen.
    Jacquelines persönliche Habseligkeiten hatte er in einen großen Koffer gepackt und diesen eingelagert; er würde ihn ihr nachsenden, sobald er ihre Adresse herausgefunden hatte. In erster Linie brauchte er ihre Adresse aber, um die Scheidung einreichen zu können.
    An jenem Abend saßen Henry und die Darcys in einer Ecke des Speisesaals im Hotel, als Philip und Ruth hereinkamen. Die beiden ließen ihre Blicke suchend über die Gäste schweifen. Da sie nach einem Paar Ausschau hielten, achteten sie zunächst nicht auf die vier Erwachsenen und den übermäßig lauten Jungen.
    Der kleine Johnny war nach einem langen Tag in der Hitze völlig übermüdet. Er quengelte und steigerte sich langsam in Wut. Maxine Darcy versuchte, ihn mit einem Stück Brot zu besänftigen, bis ihr Essen serviert wurde, aber Johnny nahm es und schleuderte es mit einem Wurf, der einem Baseballspieler zur Ehre gereicht hätte, zum Nebentisch hinüber, wo es zielsicher in einem Suppenteller landete. Henry entschuldigte sich tausendmal, aber der mit Suppe bekleckerte Gast war wütend und ließ sich nicht besänftigen. Johnny wiederum war keineswegs einsichtig und tobte weiter. Verity, die ihre neuen Designerschuhe und die dazu passende Handtasche bewunderte, während sie an ihrem Aperitif nippte, tat, als sei nichts passiert, was Henry unbegreiflich war.
    Unterdessen hatten sich Philip und Ruth an den Kellner gewandt, der sie an Henrys Tisch führte.
    »Hallo, Henry«, sagte Philip und berührte ihn an der Schulter. Als Henry sich erstaunt umdrehte, grinste Philip übers ganze Gesicht. »Überraschung! Ruth und ich konnten es einfach nicht erwarten, dich zu sehen, deshalb haben wir uns in den nächsten Zug gesetzt und uns im Carlisle eine Straße weiter eingemietet. Na, da staunst du, was?«
    Das Carlisle war ein vornehmes Hotel, aber nicht so sündhaft teuer wie das Ambassador. Ruth und Philip waren keineswegs geizig, sie warfen ihr Geld aber auch nicht zum Fenster hinaus. Statt eine große Hypothek aufzunehmen und sich eine Villa in Toorak, einem feinen Vorort von Melbourne, zu kaufen, waren sie in ein geräumiges, gemütliches Haus in die ruhigen Dandenong Ranges gezogen. Ihr Anwesen verfügte über Swimmingpool und Tennisplatz, aber beides wurde jetzt, wo die Kinder ausgezogen waren und geheiratet hatten, kaum noch genutzt.
    Philip und Ruth liebten die Nähe zur Natur. Es war nicht ungewöhnlich, dass sich farbenprächtige Papageien sowie Koalas und Opossums in ihren Garten verirrten. Rhododendren und Azaleen gediehen prächtig in dem kühlen Bergklima, von ihrem Wohnzimmer aus hatten sie einen spektakulären Blick auf das Yarra Valley. In den angrenzenden, dunstigen Ebereschenwäldern, die sich mit saftig grünen, farnbestandenen Tälern abwechselten, konnte man stundenlang wandern. Die älteste Dampflok Australiens, Puffing Billy genannt, brachte jedes Wochenende Touristen in Bergdörfer wie Belgrave, Gembrook und Emerald, wo

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