Liebe auf Arabisch
Mutawwa den Spaß an der Sache verdorben. Farah flüsterte dem ägyptischen Kellner einige Worte zu. Ihre Methode hatte sie uns ja bereits verraten. Sie schrieb eine falsche Nummer auf und bat den Kellner, sie diskret in die Tasche eines Mannes zu stecken, der mit seiner Frau in einer Ecke saß.
Nora blieb unbeteiligt als befände sie sich in einem schlechten Film über die Verdorbenheit saudischer Frauen. Plötzlich jedoch beugte sie sich zu mir:
»Leïla, Leïla, guck mal da. Das ist der Dekan meiner Fakultät!«
Sie zeigte auf den Mann, der soeben Farahs kleine Nachricht erhalten hatte.
»Komisch«, sagte Nora, »die Frau mit dem Kopftuch neben ihm ist nicht seine Frau.«
»Komm, wir gehen ihm guten Tag sagen, da freut er sich bestimmt«, scherzte ich.
Sie verschluckte sich fast an ihrer Kebssa.
»Nein danke. Dafür würde ich an der Uni büßen.«
Ich besänftigte ihr Erstaunen, als ich ihr erklärte, dass viele unserer Landsmänner heimliche Geliebte und Zweitfrauen in den Golfstaaten hatten, von denen niemand wusste. Die gefürchtetste Form dieser Heirat war die Urfi -Ehe: zwei diskrete Zeugen und ein paar Koranverse reichten, um die Falle zuschnappen zu lassen. Die Geliebte lebt in dem Eindruck, eine legitime Ehefrau geworden zu sein, ohne dass diese Heirat jemals in ihrem Land publik gemacht wird.
Von der Gefahr, auf eine Saudi reinzufallen
Nora hatte sich komplett verändert. Ständig sprach sie von ihrem Vorsatz »zu Gott zurückzukehren« und für ihre begangenen Sünden zu büßen. Seit sie sich über das Grab des Propheten gebeugt hatte, war sie wie neugeboren, wie sie sagte. Außerdem erzählte sie uns, dass ihr am Vorabend der Pilgerfahrt ein ganz in weiß gekleideter Mann erschienen war, der Bote selbst, Allahs Heil und Segen auf ihn, hatte ihr die Hände auf beide Wangen gelegt und Wort für Wort gesagt:
»Nun da du zu mir gekommen bist, wirst du mich als neuer Mensch verlassen. Tu Buße und das Paradies wird dir offenstehen.«
Nora weinte, als sie uns ihren Traum erzählte, und auch meinen Freundinnen standen Tränen in den Augen. Nach diesem Gefühlsausbruch jedoch gelang es ihnen kaum noch, ihre Enttäuschung zu verbergen, und sie verhielten sich meiner Cousine gegenüber zunehmend reservierter. Ich hatte sogar den Eindruck, dass sie anfingen, sie mit einer Art Mitleid oder gar Missgunst zu behandeln.
All meine Versuche, Nora aufzurütteln und sie wieder dazu zu bringen, eines ihrer Abenteuer zum Besten zu geben, schlugen fehl, sie wehrte ab und sagte, es gelänge ihr in diesem Land der Reinheit kaum noch, sich an ihre früheren Sünden zu erinnern. Hier war Gott näher als an jedem anderen Ort der Welt, sicherlich würde er
den Rosenkranz ihrer Dummheiten aus der Vergangenheit hören. Seit ihrem Traum jedenfalls war ein Großteil ihrer Erinnerung wie ausgelöscht.
»Sie macht sich über uns lustig!«, urteilte Farah, die es bereits bereute, Nora mit Geschenken überhäuft zu haben.
»Wir brauchen keine Nachhilfestunden in Sachen Religion, die stehen uns bis hier, wir brauchen Luft zum atmen! Leïla, ich bitte dich, bring deine Cousine zur Besinnung, wir wollen uns wieder amüsieren!«
Doch ich hatte bereits eine Lösung gefunden, um die Geister meiner Freundinnen wieder zu wecken, deren Gesichtszüge sich durch Noras Anwandlungen verfinsterten. Ich weihte sie ein und ohne einen Funken Schuldgefühle sagten sie zu.
Fouad allerdings sträubte sich gehörig:
»Ich hab’s dir doch schon einmal gesagt, die sind verrückt, deine Saudierinnen!«
Ich legte mich ins Zeug:
»Komm schon, du wirst doch wohl keine Angst vor einer Handvoll Frauen haben. Sie bieten dir an, dich zu bezahlen, um in den Genuss zu kommen, dich zu betrachten. Du kannst nicht ablehnen!«
»Sag deinen Freundinnen, dass ich kein Affe aus dem Zoo bin. Wenn sie einen Marokkaner angaffen wollen, sollen sie nach Marokko fliegen.«
Als ich nicht abließ, gestand er:
»Pass auf, ich will nicht mein Leben aufs Spiel setzen. Ich habe mich informiert und ich bin sicher nicht so blöd zu riskieren, dass sie mich am Ende aufknüpfen oder mich in der Wüste den Aasgeiern überlassen.«
»Wie kommst du denn auf so was?«
»Glaub mir, es gibt kein Entkommen. Diese angeblich so unschuldigen, harmlosen Frauen sind in Wirklichkeit das fleischgewordene Böse!«
Aus seinem Mund hörte ich auch eine Geschichte, die unter seinen männlichen Kollegen die Runde machte, nämlich die eines Tunesiers, der von fünf Saudierinnen
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