Liebe ist der größte Schatz
vorzubringen.
„Es ist so, Euer Gnaden, dass ich nicht weiß, was ich mit dem Bettzeug von Lady Emma anfangen soll. Sie hat ihr Bett in der ganzen Zeit, da sie hier war, nicht benutzt, und wenn sie wiederkommt …“
„Sie hat ihr Bett nicht benutzt?“
„Sie mochte die Matratze nicht, Euer Gnaden. Nein, sie schlief lieber auf dem Boden, bei der offenen Balkontür.“ Mrs. Wilson errötete, als er die Stirn runzelte. „Vielleicht brauchte sie die frische Luft, Euer Gnaden. Und tatsächlich hörte ich schon von verschiedenen Seiten, dass frische Luft sehr gesund sein soll.“
Noch jemand, den Emma für sich eingenommen hat, dachte Asher und erwiderte ruhig: „Lady Emma Seaton wird nicht wiederkommen.“
„Oh, wie schade, Euer Gnaden, denn einen netteren Gast haben wir auf Falder bislang nicht gehabt. Wie sauber und aufgeräumt Lady Emma ihr Zimmer immer zu hinterlassen pflegte! Und was mache ich mit den Muscheln, die sie gesammelt hat?“
Asher verbiss sich ein Lachen und entließ die Haushälterin mit ein paar beruhigenden Worten.
Fünf Minuten später stand er in Emmas Schlafzimmer und betrachtete das Nest aus Decken, das sie sich auf dem Fußboden direkt vor der Balkontür hergerichtet hatte. Das Bett schien tatsächlich unberührt, die Laken waren glatt wie am ersten Tag. Zwei Stühle standen aneinandergeschoben vor dem hohen Fenster. Vorsichtig stieg er darauf, um zu sehen, was Emma gesehen hatte. Die ihm so vertraute Landschaft tat sich vor ihm auf, und am Horizont funkelte das Meer in der Morgensonne. Das Meer. Er schloss die Augen, um es rauschen zu hören. Himmel, dachte er, alles, was ich über dich herausfinde, verwirrt mich. Sie war es nicht gewohnt, in Betten zu schlafen, und sie mochte das Meer. Das einzige Accessoire in dem Zimmer, das sie angerührt hatte, war eine Kerze – um ihren im Wald kampierenden Dienern ein Signal zu geben oder sein Haus zu durchsuchen. Verzweifelt fuhr er sich durch das Haar. Er wünschte, sie wäre noch hier bei ihm. In Sicherheit.
Es war spät, als Asher und seine beiden Geschwister in London ankamen. Lord Henshaw erwartete sie in Carisbrook House. Er hatte beunruhigende Neuigkeiten.
„Die Countess of Haversham ist schwer erkrankt, aber Lady Emma hat den Arzt fortgeschickt. Sie sagte, sie wolle sich selbst um ihre Tante kümmern. Das ist pflichtbewusst, aber ungewöhnlich.“ Seine Lordschaft ließ sich einen Whisky einschenken. „Gregory Thomas, ein Bekannter von mir, hat kurz nach Lady Havershams Erkrankung – wohl von dem Arzt – erfahren, dass ein dunkelhäutiger Diener Lady Emma dabei half, winzige Nadeln im Feuer zu erhitzen, die sie der armen Countess dann angeblich in die Haut gestochen haben. Hexerei, wenn du mich fragst, Asher.“
Asher glaubte sich verhört zu haben. Wenn publik wurde, dass Emma sich zweifelhafter Heilmethoden bediente, würde der ton sie in Zukunft schneiden. Offensichtlich scherte sie sich keinen Deut um ihren Ruf. Und das bedeutete, dass sie beabsichtigte, England zu verlassen, andernfalls wäre sie vorsichtiger. Schon bald würde sie an den Ort zurückkehren, der ihre Heimat war – Jamaika.
Taris lehnte sich in seinem Sessel zurück und nickte seinem Bruder zu. „Wenn du einen wunden Punkt hast, mein Lieber, dann ist es dein Zwang, alles kontrollieren zu wollen. Einschließlich deiner selbst.“
„Du spielst auf Emma Seaton an, habe ich recht?“, erwiderte Asher müde.
„Sie ist anders als die Frauen hier in England. Sie ist stark und unabhängig und würde es dir nicht danken, wenn du um ihren guten Ruf besorgt wärst.“
„Willst du damit sagen, ich soll ihr nicht helfen?“, fragte Asher entnervt.
„Meiner Meinung nach darfst du sie nicht nach den hiesigen gesellschaftlichen Regeln und Moralvorstellungen beurteilen.“
„Weil sie nicht von hier ist?“
„Nein, weil sie ihre eigene Persönlichkeit hat. So wie ich. Manchmal spüre ich, dass du mich besorgt beobachtest, wenn sich eine Person nähert, die wir nicht kennen und die etwas sagen könnte, das meine Gefühle verletzt.“ Taris lachte. „Was würdest du tun, wenn mich jemand ohne Feingefühl auf meine entstellten Augen anspricht? Ihn zum Duell herausfordern, weil du dich schuldig fühlst? Verstehst du nicht? Ich kam in die Karibik, weil ich es so wollte. Und Emma Seaton ist hier in London, weil sie es so will. Es ist nicht an dir, die Wogen zu glätten, um sicherzustellen, dass sie in diese Gesellschaft hineinpasst. Sie wird sich nie einfügen und
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