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Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Titel: Löwenherz. Im Auftrag des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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bringen wir’s am besten jetzt hinter uns. Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit. Und du«, fügte er hinzu, weil er einmal gehört hatte, dass ein wahrer Held im Angesicht des Todes seine Peiniger verspotten musste, »bist übrigens so hässlich wie ein runzliger, alter Geißbock von hinten.«
    »Niemand will dich einen Kopf kürzer machen, Frankenwelpe«, sagte der Reiter in brauchbarem Angelsächsisch. »Und ich bin auch kein Sarazene.«

10
    I rgendwann waren das Gebrüll und Gelächter der Reiter verebbt. Als Johnny, nachdem er sich vor Verlegenheit gekrümmt und gewünscht hatte, jemand hätte seine Schultern doch von seinem Kopf befreit, wieder klar denken konnte, lernte er das Lager seiner Entführer kennen. Es bestand aus kleinen, niedrigen Zelten mit karger Einrichtung. Doch immerhin war ein jedes von ihnen mit einem Teppich ausgelegt und enthielt mindestens einen Wertgegenstand, ob es nun ein geschnitztes Tischchen, eine Amphore oder eine fein ziselierte Öllampe war. Hier kampierten zweifellos Menschen, die anderswo in größerem Luxus lebten und nur zugunsten einer wichtigen Mission alle Bequemlichkeit abgestreift hatten.
    »Wir sind al-Arab «, sagte der Mann, der Angelsächsisch sprach. »Oder badawi , aber so nennen uns die sesshaften Völker. Ihr Franken nennt alle Völker im Heiligen Land Sarazenen, aber das ist falsch. Sultan Saladin zum Beispiel gehört zu den kurd . Ihr versteht also rein gar nichts.«
    »Da mag was dran sein«, sagte Johnny. »Übrigens sind auch nicht alle Christen Franken. Genau genommen gibt es gar keine Franken. Ich zum Beispiel bin Angelsachse. Und bevor ich dir jetzt vorwerfe, dass du rein gar nichts verstehst, würde ich gerne wissen, wieso du ausgerechnet meine Sprache beherrschst.«
    Der Mann blieb stehen und sah Johnny von oben bis unten an, als sähe er ihn zum ersten Mal. Johnny, der das Gefühl hatte, noch immer im Schock gesprochen zu haben, versuchte sich daran zu erinnern, was er gesagt hatte. Es kam ihm so vor, als habe er sehr beleidigend geklungen. Er schluckte.
    »Gilst du als weise unter deinem Volk?«, fragte der Mann.
    Johnny platzte heraus. »Wie bitte?«
    »Weil du mich gerade beschämt hast. Du hast Recht mit deinen Worten: Wer den anderen ein Kamel nennt, sollte sich vorher vergewissern, dass er nicht gerade in einen Spiegel schaut.«
    »Äh …«, machte Johnny.
    »Ich bin Said. Wie heißt du?«
    »Äh …«, machte Johnny erneut und starrte die Hand an, die ihm plötzlich entgegengestreckt wurde.
    Said ergriff Johnnys Rechte, und bevor dieser seine Überraschung überwunden hatte, gab er ihm schon einen kräftigen Handschlag.
    »Sprich mir nach«, sagte Said. »Mein Name ist …«
    »… Johnny«, sagte Johnny nach einer langen Pause, die nötig war, damit sich ein vernünftiger Gedanke in seinem Hirn formen konnte. Ob er als weise unter seinem Volk galt? Dieser Said musste verrückt sein. Und außerdem zerquetschte er Johnny gerade die Hand! »Äh … Sir John de Loxley, um genau zu sein.«
    »Johnny«, sagte Said. »Nun, ich sage dir, was du wissen willst, Johnny-der-frech-sein-wollte-und-dabei-weise-war: Ich spreche deine Sprache, weil ein guter Mann sie mir beigebracht hat.«
    »Ein guter Mann? Ein … ein … Mann aus meinem Volk?«
    »Ein guter Mann«, wiederholte Said. »Ich bin der Anführer dieser Krieger hier. Mein Stamm lebt eigentlich im Wadi Rum, aber wir haben unsere Heimat verlassen, um zu kämpfen – gegen Verbrechen, Grausamkeit und Tyrannei. Mein Vater ist der sheik , aber ich beuge mein Knie vor dem Mann, der mir einst deine Sprache beigebracht hat. Ich warte jetzt nur auf seine Rückkehr, damit er uns in den Kampf führt.«
    »Dann gehört ihr gar nicht zu Sultan Saladins Heer?«
    »Nein.«
    »Ihr seid Saladins Feinde?«
    Said lächelte noch breiter. »Weißt du, warum wir dich mitgenommen haben?«
    »Weil du meine Sprache verstanden hast, als ihr mich umringt habt und ich rief: ›Lasst mich in Ruhe oder ihr werdet es bereuen!‹?«
    Said verschränkte die Arme vor der Brust. »Soweit ich mich erinnere, hast du geschrien: ›Hilfe, hilfe, haut ab, ihr Affen!‹«
    Johnny verschränkte ebenfalls die Arme und reckte das Kinn in die Höhe. »Das musst du dir eingebildet haben.«
    »Wir haben dich mitgenommen, weil dein Reisegefährte, der dir zu Hilfe kommen wollte, euren heiligen Andreas anrief.«
    »Das ist Roberts Heiliger, nicht meiner. Er ist der Schutzpatron der größten Kirche in Kyme, wo er und Edith …« Johnnys

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