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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein verlockend beherrschter Earl
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wenigen, denen sie unterwegs begegneten, hatten wegen der Kälte die Köpfe
tief zwischen die Schultern gezogen und nickten ihnen nur kurz zu.
    An einem
wärmeren Tag oder zu späterer Stunde wären sie wohl stehen geblieben und hätten
gegafft. Aber Lisle und Olivia war auch mehr an Wärme als an Eleganz gelegen
gewesen. Also trug sie den schweren Kapuzenumhang, der sie in jener Nacht, da
sie den Gespenstern aufgelauert hatte, hätte wärmen sollen, und Lisle hatte
seinen ältesten Rock an, ein Kleidungsstück, das Nichols schon verschiedentlich
zu beseitigen versucht hatte, doch vergebens. Es war dem Earl of Lisle alles
andere als angemessen, aber es war der wärmste Rock, den er hatte. Sein Körper
hatte sich noch immer nicht an das widrige Klima gewöhnt. Und würde es
wahrscheinlich auch nie tun.
    Zudem hatte
seine Aufmachung den Vorteil, keine Aufmerksamkeit anzuziehen. Nicht dass es zu
dieser frühen Stunde viel Aufmerksamkeit gegeben hätte, die man auf sich hätte
ziehen können. Die Sonne kam gerade mal hinter dem Horizont hervorgekrochen,
zumindest theoretisch. Tatsächlich verbargen schwere Wolken ihren Aufgang, und
es brauchte schon einiges an Fantasie um zu erkennen, wo der Himmel sich
bereits ein wenig gelichtet hatte. Fantasie, an der es ihm bekanntlich fehlte.
    »Alles in
Ordnung?«, rief er zu Olivia hinüber.
    »Oh ja,
alles bestens«, versicherte sie ihm. »Bailey hat mich richtig gut eingepackt.
Unterrock und Beinkleider aus Flanell, ein gestepptes Korsett und ein wollenes
Kleid.«
    »Danke für
die anschaulichen Details«, sagte er trocken.
    »Da muss
man sein Handwerk schon verstehen, um mich da wieder herauszubekommen«,
erwiderte sie.
    »Willst du
mich auf die Probe stellen?«, fragte er.
    »Der
Gedanke wäre mir nie gekommen«, sagte sie. »Aber welch vortreffliche Idee.«
    »Dazu ist jetzt keine Zeit«, sagte er.
    »Wir haben
nie Zeit«, meinte sie.
    »Wir dürfen
keine Zeit haben«, erwiderte er.
    »Ich bin es
so leid, gut zu sein«, sagte sie. »Es ist widernatürlich. Ganz zu schweigen
davon, dass die ganze Sache hochgradig unfair ist. Da entdeckt man seine Große
Leidenschaft und darf doch nichts weiter tun.«
    »Eigentlich
sollte man sie in der Hochzeichtsnacht entdecken«, sagte er.
    »Du meinst,
eine Frau sollte sie dann entdecken«, sagte sie. »Männer dürfen ihre
Leidenschaften entdecken, wann immer es ihnen beliebt, und tun, was immer sie
wollen. Aber wir Frauen ...«
    »Nein,
dürfen wir nicht«, sagte er. »Nicht wann immer es uns beliebt. Wäre dem so,
würde ich jetzt kaum in dieser Zwickmühle stecken. Warum musstest es nur
ausgerechnet du ...«
    »Wie
romantisch du bist«, sagte sie.
    »Du
musstest es sein«, sagte er. »Und natürlich willst du Sonne, Mond und Sterne
und die Liebe deines Lebens in Großbuchstaben und dreimal unterstrichen. Ich
würde übrigens einen perfekten Ehemann abgeben, das nur nebenbei.«
    »Einer
Mumie vielleicht.«
    Sie waren
beide missgestimmt. Fehlender Schlaf und unerfüllte Lust gaben keine gute
Kombination ab.
    »Ich werde
den Titel eines Marquess erben und Morgen um Morgen prächtigen Grundbesitzes,
etliche Häuser und Unmengen an Geld«, zählte er auf.
    »Vorausgesetzt,
meine Eltern bringen das Vermögen nicht vorher durch, vergraulen die Pächter
und stürzen uns in den Ruin.«
    »Du lässt
es so verlockend klingen«, meinte sie. »Ich kann kaum widerstehen.«
    »Mein Gott,
Sarkasmus! Genau das, was man um sieben Uhr früh braucht.«
    »Es ist fast acht.«
    »Woher
willst du das wissen? Weit und breit kein Sonnenstrahl an diesem verdammten
Ort.«
    »Du
solltest endlich aufhören, an Schottland Ansprüche zu stellen, die es niemals
wird erfüllen können«, sagte sie. »Du solltest es so nehmen, wie es ist. Auf
seine Weise ist es ganz wunderbar. Natürlich ohne den Sand, stinkende Kamele
und noch stinkendere Mumien ...«
    »Nicht
einmal Zerfall bekommen sie hier ordentlich hin«, unterbrach er sie. »Die Dinge
versanden hier nicht anmutig, wie sie es in Ägypten tun. Sieh dir nur diese
Kirche an.« Er deutete auf das halb zerfallene Gebäude linker Hand. »Moos und
Schimmel, und die Steine schon ganz schwarz. Hier und da steht noch eine Wand,
ein Fensterbogen, Unkraut sprießt zwischen den Steinen hervor. Liegen nicht
sogar Tote unter dem Fundament begraben? Begraben von Barbaren und längst
vergessen. Selbst der Friedhof ...«
    Da sah er
sie, ließ das Pferd anhalten und drehte sich nach Olivia um. »Los, lauf !«
Kaum hatte er es

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