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Lovesong

Titel: Lovesong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
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dann bin ich ja erleichtert.«
    Schweigend stehen wir eine Weile nebeneinander. Ihr Magen knurrt noch einmal. »Sind Pommes und Kuchen immer noch dein Lieblingsessen?«, frage ich jetzt. Ich stelle mir vor, wie wir in einem Laden bei uns daheim in Oregon sitzen und sie mit ihrer Gabel in der Luft herumfuchtelt und sich über ihre eigene Vorstellung ereifert.
    »Nein, Kuchen nicht. Nicht in New York. Die Kuchen hier sind eine absolute Enttäuschung. Die Früchte kommen fast immer aus der Dose. Und Brombeeren scheinen die hier gar nicht zu kennen. Wie kann es sein, dass es eine Obstsorte an einem Ende des Landes gibt und am anderen Ende nicht?«
    Wie kann es sein, dass man an einem Tag noch jemandes Freund ist und am anderen Tag nicht mehr? »Keine Ahnung, kann ich dir nicht sagen.«
    »Aber die Fritten sind prima.« Sie schenkt mir ein hoffnungsvolles, wenn auch schiefes Lächeln.
    »Ich mag Fritten«, sage ich. Ich mag Fritten? Ich klinge ja wie ein zurückgebliebenes Kind in einem schlechten Fernsehfilm.
    Flackernd hebt sich ihr Blick. »Bist du hungrig?«, fragt sie.
    Bin ich das denn jemals?
    Ich folge ihr über die Siebenundfünfzigste Straße, dann die Neunte runter. Sie geht schnell – keine Spur mehr von dem leichten Hinken, mit dem sie ging, als sie mich verließ – und wirkt äußerst zielstrebig, wie alle New Yorker. Auf dem Weg weist sie hier und da auf Sehenswürdigkeiten hin wie bei einer professionellen Stadtführung. Da fällt mir ein, dass ich ja nicht einmal weiß, ob sie immer noch hier lebt oder ob sie heute Abend nur wegen der Tour da ist.
    Du könntest sie einfach fragen, sage ich mir. Ist doch eine ganz normale Frage.
    Ja, aber auch schon wieder so normal, dass es mir komisch vorkommt, dass ich sie überhaupt stellen muss.
    Na, irgendetwas musst du schließlich mit ihr reden.
    Und gerade, als ich allen Mut zusammennehme, ertönt in ihrer Tasche Beethovens »Neunte«. Mia unterbricht ihren New-York-Monolog, holt ihr Handy aus der Tasche, sieht auf das Display und zuckt zusammen.
    »Schlechte Nachrichten?«
    Sie schüttelt den Kopf und wirft mir einen so leidenden Blick zu, dass er schon fast einstudiert wirkt. »Nein. Aber ich muss leider rangehen.«
    Sie meldet sich. »Hallo. Ich weiß. Beruhige dich. Ja, ich weiß. Hör mal, kannst du kurz dranbleiben?« Sie wendet sich jetzt an mich, und plötzlich klingt ihre Stimme ganz sachlich und geschäftsmäßig. »Mir ist klar, dass das schrecklich unhöflich von mir ist, aber könntest du fünf Minuten warten?«
    Ich habe verstanden. Sie hat gerade einen wichtigen Auftritt hinter sich. Leute rufen sie an. Und obwohl sie mich bedauernd ansieht, fühle ich mich wie ein Groupie, das man bittet, geduldig zu warten, bis der Rockstar so weit ist. Und wie Groupies das üblicherweise tun, gebe ich klein bei. Mia ist der Rockstar. Was bleibt mir auch anderes übrig?
    »Danke«, meint sie.
    Ich lasse Mia ein paar Schritte vorausgehen, damit sie ungestört ist, doch ich kriege trotzdem ein paar Worte mit, als sie das Gespräch beendet. Ich weiß, dass es wichtig war. Ich verspreche dir, dass ich es wiedergutmache. Sie erwähnt mich dabei mit keinem Wort. Wenn ich ehrlich bin, scheint sie mich inzwischen vollkommen vergessen zu haben.
    Was im Grunde ja okay wäre, aber sie kriegt nicht einmal mit, für was für einen Wirbel ich hier auf der Neunten sorge, eine Straße voller Bars, vor denen die Leute rauchend herumstehen. Sie zucken zusammen, sobald sie mich erkennen, und holen schnell ihre Handys und Digitalkameras raus, um einen Schnappschuss von mir zu machen.
    Ich frage mich, ob es eins der Fotos wohl in den Gabber oder in eins der Klatschblätter schaffen wird. Für Vanessa LeGrande würde dann sicherlich ein Traum in Erfüllung gehen. Und für Bryn wäre es der reinste Albtraum. Bryn ist ja so schon total eifersüchtig auf Mia, obwohl sie sie nie persönlich getroffen hat. Und obwohl sie ganz genau weiß, dass ich Mia schon seit Jahren nicht mehr gesehen habe, beschwert Bryn sich immer wieder aufs Neue: »Es ist schon schwer, wenn man mit einem Gespenst konkurrieren muss.« Als würde Bryn Shraeder mit irgendwem konkurrieren müssen.
    »Adam? Adam Wilde?« Dieses Mal habe ich es mit einem echten Paparazzo zu tun, der mit seinem Teleobjektiv ungefähr einen halben Block weit von mir entfernt steht. »Huhu, Adam, kann ich ein Foto machen? Nur einen Schuss«, ruft er mir von Weitem zu.
    Manchmal braucht man ihnen nur eine Minute lang sein Gesicht

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