Luftschlösser
jemals wieder aus den Knochen bekommen würde. Persephone fragte sich, ob sie Charly abweisen oder diesmal doch besser festhalten sollte. Beide Gefühle waren gleichstark und kämpften heftig um die Vorherrschaft in ihrem Kopf und irgendwo weiter drinnen. Sie versuchte immer noch zu begreifen, dass er den ganzen Weg für sie auf sich genommen hatte. Für sie allein. Was, wenn Charly sich im Laufe der Jahre doch geändert hatte und der einzige Mann war, der sie so lieben konnte, wie sie war? Dieser Gedanke setzte sich in Persephones Kopf fest und beschleunigte ihren Herzschlag.
„Dougal, ich habe einen Gast mitgebracht!”, rief Persephone ins Innere des Hauses, nachdem sie die Tür hinter sich und Charles geschlossen hatte.
„Er heißt wirklich Dougal MacDonald?”, raunte Charles ihr zu.
„Allerdings. Er kann ja nichts dafür. Vielleicht verstehen wir uns gerade deshalb so gut, weil wir in der Beziehung Leidensgenossen sind”, gab Persephone grinsend zurück.
Charles fiel in diesem Moment auf, dass in Sephi eine Veränderung vorgegangen sein musste. Ihre Augen strahlten lebhaft, ihre Haut besaß durch die frische Inselluft einen rosigen Schimmer, den ihr die New Yorker Sonne nie ins Gesicht gezaubert hatte. Bis jetzt hatte sie kaum ein Wort mit ihm gesprochen, trotzdem erschien sie ihm in dieser Umgebung gelöster und lockerer.
„Kein Problem, Perry!”, krähte es von irgendwoher zurück. „Wir haben uns vorhin schon kurz miteinander unterhalten.”
Charles riss erstaunt die Augen auf. „Ist das schottischer Humor? Ich habe ihn nach dir gefragt und er hat mir gesagt, dass du spazieren warst. Eine Unterhaltung würde ich das nicht gerade nennen.”
Auch darauf reagierte Persephone mit einer Gelassenheit, die er von ihr nicht mehr gewohnt war.
„Die Menschen hier sind sehr nett und gastfreundlich, müssen aber nicht pausenlos quasseln. Man lernt das zu schätzen, wenn man seine Ruhe haben will, glaube mir.” Sie nahm Charles mit auf ihr Zimmer.
„Du musst sofort raus aus diesen Klamotten. Ich hole Handtücher”, wies Persephone Charles an und verschwand im angrenzenden Badezimmer.
Er hatte es gerade geschafft, seine Arme aus den triefenden Ärmeln seines Pullovers zu winden, als sie wieder auftauchte und ihn kichernd beobachtete.
„Sieht aus, als könntest du ein wenig Hilfe gebrauchen.”
„Danke, es geht schon”, würgte Charles angestrengt hervor. Wer hätte gedacht, dass ein bequemer Strickpullover so widerborstig sein konnte? Das T-Shirt darunter gab sich auch nicht kooperativer. Es klebte wie Leim auf seiner Haut.
Anfangs irritierte es ihn, dass Sephi ihm die ganze Zeit bei seinen Bemühungen zuschaute, ohne auch nur ein einziges Mal den Blick verschämt abzuwenden. Nach einer Weile jedoch, er war bei seinen Jeans angekommen, störten ihn ihre interessierten Blicke nicht mehr. Im Gegenteil, er fand sogar Gefallen daran.
Nachdem er in Unterhosen vor ihr stand, applaudierte Persephone. „Jetzt weiß ich endlich, weshalb einige Frauen so verrückt nach Männer-Strips sind. Tust du mir bitte einen Gefallen und setzt dich auf den Hocker, der da neben dir steht?”
„Du solltest mich mal sehen, wenn meine Kleider nicht gerade nass sind. Dann können die Chippendales einpacken”, versuchte sich Charles an einem Scherz. Er fröstelte so sehr, dass seine Zähne klapperten.
Persephone trat hinter ihn und legte ein flauschiges Badetuch über seine Schultern. Sein zufriedenes Seufzen quittierte sie mit einem leisen Lachen, bevor sie begann, seinen Nacken zu massieren.
„Das regt die Durchblutung an.” Nach einer Weile fuhr sie ohne Zusammenhang fort. „Da bist du also von so weit her angereist, um mich zu sehen. Das beeindruckt mich. Solltest du nicht stattdessen irgendwelchen Leuten zu einem besseren Image verhelfen?”
Charles fuhr erschrocken zusammen. „Shit. Jetzt, wo du’s sagst... Eigentlich hätte ich heute meinen neuen Job antreten sollen. Ich muss dringend in New York anrufen.” Er wollte schon aufspringen, um nach seinem Telefon zu suchen, doch Persephone drückte ihn mit Nachdruck zurück auf den Schemel.
„Nix da, du bleibst schön sitzen. Dein Telefonat kannst du später auch noch erledigen. Dein Boss reibt sich sowieso gerade erst den Schlaf aus den Augen.”
Wie konnte sie so gelassen bleiben? Er wollte reden. Nein, er musste reden. „Mein Job war mir egal. Alles war mir egal, als ich mir auf dieser Buchvorstellung die Beine in den Bauch gestanden habe und
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