Madame Fabienne
Wind auffrischte. Hatte sie sich getäuscht? Nein, nein, da draußen war jemand, der es auf sie abgesehen hatte. Die Leute von der Fabrik? Ob man die Villa auf der Schwanthaler Allee observiert hatte? Vielleicht war es jemand anders, aber wer denn?
Man hörte jetzt ein Auto, das offenbar in ihre Richtung fuhr. Sie duckte sich noch tiefer auf der Rückbank und fing an zu flüstern, "Kannst du was sehen?"
Jean Claude schaute nach hinten, und für einen Moment riss er die Augen weit auf. Offenbar wurde ihm klar, dass sie sich versteckte. So gut es ging, verkroch er sich hinterm Lenkrad, und gleich darauf fuhr ein Auto an ihnen vorbei. Jean Claude fing nun auch an zu flüstern: "Es ist ein roter Porsche, Hasan Gündesch und noch wer."
Sie lugte durch die Heckscheibe und konnte den Porsche noch für einen Moment sehen. Der Wagen fuhr ganz langsam, also suchte man immer noch nach ihr. Hasan musste ungefähr wissen, wo ihr Unterschlupf war. Oder war das sogar eine Falle für sie? Nein, nein, sie müssten das jetzt so machen, wie sie es auch geplant hatten.
Was war eigentlich mit Véronique?
Hasan kannte doch den silbergrauen Mercedes. Sie müsste Véronique warnen, und zwar gleich. Sie holte also ihr Handy hervor und gab die Nummer ein. Véronique meldete sich gleich nach dem zweiten Klingeln, "Was ist?"
"Hasan fährt durch die Gegend. Ein roter Porsche. Er kommt auf dich zu."
"Gut, ich weiche aus. Und ihr?"
"Wir warten auf dich."
"Okay", Véronique unterbrach die Verbindung.
Fabienne steckte das Handy wieder ein und sah auf die dunkle Straße. Wie viel Zeit blieb ihnen wohl noch, bis der Morgen kam? Hoffentlich genug.
Jean Claude hatte beide Hände aufs Lenkrad gelegt und starrte durch die Windschutzscheibe. Auch bei ihm hatte die Nacht Spuren hinterlassen, er sah müde aus. Sie versuchte, seine Gedanken zu lesen, aber es ging nicht richtig.
Lag es an ihr? Vielleicht war sie zu erschöpft, oder hatte Jean Claude inzwischen gemerkt, was sie so alles konnte, und es gelang ihm, seine Gedanken vor ihr zu schützen? Sie fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht: Es war einfach zu viel gewesen, aber sie würden das schaffen, sie würden hier lebend rauskommen.
Sollte sie etwas sagen, um ihn zu trösten? Nein, sie müssten jetzt vorsichtig sein.
Jean Claude fing an zu flüstern, "Was machen wir, wenn Véronique nicht kommt."
"Wir warten."
Er nickte nur.
"Sie kommt, glaub mir. Sie wird dem Porsche ausweichen, und dann geht es weiter."
"Dann..." Seine Stimme versagte ihm. Er zeigte mit dem Daumen auf den Kofferraum. "Dann... werden wir sie begraben?"
Sie schwieg. Im nächsten Moment hörte man wieder ein Auto, das in ihre Richtung fuhr. Jetzt konnte man auch schon die Scheinwerfer sehen, es war der silbergraue Mercedes. Véronique fuhr extra langsam an ihnen vorbei und gab ihnen ein Handzeichen: Es war alles in Ordnung. Fabienne wandte sich an Jean Claude, "Siehst du, da ist sie. Wir folgen ihr jetzt wieder."
Er nickte und ließ den Wagen an. Es brauchte einen Moment, um auszuparken, aber dann fuhren sie schon weiter auf der Seitenstraße. Es nieselte immer noch, und hin und wieder frischte der Wind auf. Sie folgten dem Mercedes und verließen schließlich den Ortsteil auf einem Feldweg. Fabienne drehte sich auf der Rückbank um und schaute noch mal zurück: Zuerst sah man noch gelbe Lichtpünktchen, aber dann war da nur noch die Nacht.
Auf ihrer linken Seite konnte man in der Ferne noch die BASF erkennen. Dort gab es Laternen, Silos und qualmende Schornsteine. Vor ihnen lag das offene Feld, hier und da standen kahle Bäume, deren Äste und Zweige aussahen wie knochige Finger. Über ihnen wurde der Nebel dichter und reichte an einigen Stellen bis nach unten.
Sie mussten langsamer fahren, weil der Feldweg vom vielen Regen aufgeweicht war. Ob dieser Boden landwirtschaftlich genutzt wurde? Es wäre auf alle Fälle notwendig, tief zu graben.
Der Mercedes hielt nun, und Fabienne beugte sich nach vorne, damit sie flüstern konnte: "Fahr an dem Wagen vorbei und park gleich dahinter."
Jean Claude nickte nur und tat, was sie gesagt hatte. Als er den Motor abstellte, wurde es ganz still; nur manchmal frischte der Wind noch auf. Sie öffnete die Tür auf ihrer Seite und lauschte, aber da war nichts. Die Nebel drehten sich hier und da über die Felder, und in der Ferne sah man noch gelbe oder weiße Lichtpünktchen. Es war also so weit: Sie müssten die Sache jetzt anpacken.
*
Jean Claude stieß mit dem Klappspaten in
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