Madame Fabienne
ist."
"Bitte?"
"Am Sonntag ist ein Fußballspiel."
Jean Claude ging wieder in den Salon, "Ach so."
"Ich bin dort. Kommst du vorbei?"
Warum eigentlich nicht? "In Ordnung."
"Okay, bis dann."
Jean Claude verabschiedete sich und unterbrach die Verbindung. Ob das wirklich alles gewesen war, oder gab es doch Probleme mit seinen Sendungen, und Martin wollte es nur nicht gleich zugeben? Vielleicht schon. Er schob das Handy zurück in die Innentasche und atmete hörbar aus, was ihm in der Stille überlaut vorkam. Er ging durch den Perlenvorhang nach nebenan in die Küche und schenkte sich ein Glas mit Orangensaft und Mineralwasser ein.
Ob Fabienne selber putzte, oder hatte man jemand dafür engagiert? In der Küche glänzte auf alle Fälle die Spüle, und auch wenn man die Schränke aufmachte, sah alles sauber aus.
Er ging zurück in den Salon, und dabei fiel ihm auf, dass ein Schuhkarton auf dem Couchtisch stand. Was war da wohl drin? Beobachtete ihn jemand? Bestimmt nicht, Fabienne war doch oben im ersten Stock und konnte gar nicht sehen, was hier unten vor sich ging. Er entfernte also den Deckel und fand etliche Fotos, wahrscheinlich mehr als 200.
Eines davon gefiel ihm besonders gut: Es zeigte Fabienne an einem Strand. Das Wetter war offenbar kühl und windig, denn sie trug einen Anorak, und ihre braunen Haare wehten ein wenig zur Seite. Im Hintergrund konnte man das Meer sehen, weiter draußen waren zwei Surfer.
Auf dem Bild sah sie noch jünger aus, und ihre Haare waren auch anders frisiert als jetzt: nicht so glänzend und glatt, sondern länger und auch ein bisschen wilder. Man konnte auch meinen, ihr Gesicht sei von dem Wind und den Wellen geprägt worden; aber da ging ihm bestimmt die Fantasie durch.
Auf die Rückseite des Fotos hatte man das Wort "Brest" geschrieben. Offenbar war dort das Bild aufgenommen worden. Natürlich, das würde schon Sinn ergeben.
Vielleicht sollte er jetzt nach oben gehen und sich mit ihr mal unterhalten, und dann würden sie es auch machen, oder erwartete er zu viel?
Er stellte den Karton zurück auf den Couchtisch und ging in den Flur: Man hörte, wie draußen der Wind durch die Bäume rauschte, und ein kalter Hauch blies ihm in den Nacken— er hatte vergessen, die Glastür zur Terrasse zu schließen. Egal, das könnte er auch noch später machen.
Er ging nach oben und entdeckte dort ein Esszimmer, einen langen Raum mit dunklen Möbeln und Vitrinen-Schränken, in denen Geschirr stand. Durch die Gardinen fiel das Tageslicht und warf ein Muster auf den Parkettboden. Er lauschte, doch es blieb auch hier sonderbar still. Er kam zu einer geschlossenen Tür und klopfte sachte an, aber nichts geschah. Was jetzt? Er drückte die Klinke nach unten, doch es war abgeschlossen. Er fing an, leise zu sprechen: "Fabienne?"
Niemand antwortete.
Er sprach nun ein bisschen lauter. "Fabienne?"
"Ja?!"
"Mach auf."
"Warum denn?"
"Mach schon auf."
Ihre Stimme klang auf einmal besorgt, "Was ist denn?"
"Mach doch auf."
"Geh nach unten und warte dort."
Er lehnte den Kopf nah an die Tür, damit er besser hören konnte: "Bitte?"
"Ich brauche jetzt Ruhe, geh in den Salon."
Ein Seufzer glitt ihm über die Lippen: Es hatte keinen Wert. Er schlenderte also die Stufen wieder nach unten und ließ dabei eine Hand übers Geländer gleiten. Ob sie ihn überhaupt wollte? Gute Frage. Vielleicht wartete er ja ganz umsonst bei ihr, und das war doch gar nicht seine Art. Was machte er denn eigentlich hier?
*
Didier ging den Flur entlang und zog dabei den Knoten seiner Krawatte fester zu: Hoffentlich könnte er Hector für seine Sache gewinnen. Natürlich, das war schon möglich, aber er müsste eben aufpassen, dass dem Kerl nicht klar wurde, worum es wirklich ging. Solange der glaubte, er würde für B&M tätig sein, wäre alles in Ordnung. Aber käme Hector dahinter, dass es eigentlich eine private Angelegenheit war, dann würde der doch Druck auf ihn ausüben.
Irgendwie. Wahrscheinlich würde Hector dann von ihm Geld wollen oder sonst was... Nein, nein, das dürfte nicht passieren. Er müsste also auf der Hut sein, Hector war nun mal ne Kanaille, schon immer gewesen.
Er kam nun zum Endes des Flurs, wo man einen kleinen Wandspiegel angebracht hatte. Einen Moment blieb er stehen, um sich zu betrachten: Die gelb-schwarze Krawatte saß gut, und im Gesicht hatte er auch wieder mehr Farbe bekommen; niemand würde bemerken, wie es in ihm drinnen aussah.
Sollte er den Fahrstuhl benutzen?
Lieber nicht,
Weitere Kostenlose Bücher