Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Märchensommer (German Edition)

Märchensommer (German Edition)

Titel: Märchensommer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Katmore
Vom Netzwerk:
mit mir runter auf den Boden, wo wir uns hinsetzten und gegen die Hausmauer lehnten. Ich legte meinen Kopf auf seine Schulter. Die Wolken, die im leichten Sommerwind über den Himmel segelten, wurden langsamer und langsamer. Schließlich standen sie still.
    Julian zog meine Hand in seinen Schoß und begann, mit meinen Fingern zu spielen. „Hier ist dein Moment. Was ist los, Jona?“
    Ich atmete tief durch und versuchte entschlossen zu klingen, als ich ihn fragte: „Was kostet es zu tauschen? Mein Leben gegen das meiner Mutter.“
    Seine Hände wurden starr und kalt, als er erschrocken zu mir aufsah. „Das ist unmöglich! Und du solltest nicht einmal darüber nachdenken!“ Bei seinem scharfen Ton zuckte ich zusammen. „Leben ist das größte Geschenk auf Erden. Damit macht man keine Spielchen.“
    „Es ist mein Leben, und ich kann damit machen, was ich will.“ Es war schwer, diese Worte auszusprechen und ihm dabei in die Augen zu sehen. „Ich habe keinen Grund, weiterzuleben, wenn du und meine Mutter erst einmal weg seid. Was ist das denn für eine Gerechtigkeit? Da bekomme ich sie nach all den Jahren endlich wieder und dann wird sie mir einfach aus den Armen gerissen.“ Ich wurde stiller. „Und du ebenso.“
    „Sei doch einfach dankbar für das, was sie für dich getan hat. Von hier aus kannst du dein Leben neu ordnen. Außerdem wären Marie und Albert überglücklich, wenn du bei ihnen bleiben würdest.“ Er ließ meine Hand los und streifte mir eine Haarsträhne hinters Ohr. „Was mich angeht … Ich hätte von Anfang an auf Charlene hören sollen. Sie hat mich davor gewarnt, dass ich dir am Ende nur weh tun würde, und sie hatte Recht. Ich war zu selbstsüchtig, um die Konsequenzen abzuschätzen. Und jetzt … sieh nur, welchen Schmerz du meinetwegen ertragen musst. Wir beide.“
    Der Schmerz, von dem er sprach, war greifbar. Die Angst davor, den anderen zu verlieren, die Sehnsucht, alles spiegelte sich in seinen Augen wider. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, auch nur einen Tag ohne ihn weiterzuleben. Oder ohne meine Mutter.
    „Kannst du denn nicht einen dieser Heiler herbeirufen, von denen du vorhin gesprochen hast? Irgendjemand muss doch meiner Mutter helfen können? Damit ich mehr Zeit mit ihr habe. Nur ein bisschen. Und wenn sie hierbleibt, dann kannst du auch bleiben. Nicht wahr?“
    Julian schüttelte müde den Kopf. „Kein Heiler kann jetzt noch etwas für sie tun. Sie hat sich damit abgefunden. Und du solltest das auch.“
    Ich zog meine Beine in den Schneidersitz, stützte meine Ellbogen auf die Knie und legte meinen dröhnenden Kopf in meine Hände. „Du weißt, dass ich euch gestern Nacht belauscht habe. Und da sagtest du zu meiner Mutter, dass es eine Möglichkeit gibt.“ Vor zwei Minuten noch hatte ich gedacht, die einzige Chance, meine Mutter zu retten und bei Julian zu bleiben, wäre, mit ihr zu tauschen. Doch nun flammte eine neue Hoffnung in mir auf. „Erzähl mir von dieser Möglichkeit.“
    Julian gab weder zu noch stritt er ab, dass es wirklich einen anderen Weg gab. Er sagte nur: „Ich kann nicht.“
    „Was muss ich dann tun, um dahinterzukommen?“, schrie ich verzweifelt und er zuckte zurück. „Soll ich raten? Gehört eine Mutprobe dazu? Du hast etwas von einem Sprung aus den Wolken gesagt. Ist es das?“ Ich sprang auf und stellte mich tapfer in die Mitte des Balkons, wobei ich meine Fäuste gegen die Hüften stemmte. „Komm schon. Hol deine Flügel raus und lass uns fliegen. Ich werde dir beweisen, dass ich bereit bin, um mit dir zu springen.“
    Nun stand auch Julian auf, kam zu mir und schob seine Arme durch meine gebeugten hindurch. Dann zog er mich fest an sich. Seine Lippen berührten mein Haar, als er leise sagte: „Du bist ein tapferes Mädchen, Jona.“ Dann küsste er mich sanft auf die Stirn. „Das ist einer der vielen Gründe, warum ich dich liebe.“
    Das war das dritte Mal, dass er diese besonderen Worte zu mir gesagt hatte, und ich wollte mich ihnen hingeben. Aber gleichzeitig stieg auch ein glühender Schwall von Ärger in mir hoch und ich befreite mich aus seiner Umarmung. „Wie kannst du von Liebe reden, wenn du nicht das Geringste unternehmen willst, um bei mir bleiben zu können? Wenn das wirklich dein Ernst wäre, würdest du nicht einfach nur dasitzen und zusehen, wie meine Mutter verfällt!“
    Ich gab ihm keine Chance, mich noch einmal an sich zu ziehen. Mit knirschenden Zähnen stapfte ich an ihm vorbei und lief durch mein Zimmer in den

Weitere Kostenlose Bücher