Magazine of Fantasy and Science Fiction 06 - Die Überlebenden
an, als verstünde sie ihn nicht, dann wandte sie sich ab, stieß die Tür zur Terrasse auf und ging nach draußen. Greg sah, wie der Schäferhund sie ansprang, während sie über die Terrasse lief. Gelassen schlenderte er zum Sofa und ließ sich nieder.
»Greg –?«
Er verzog sein Gesicht zu einer Grimasse und hob die Hand, um sie zum Schweigen aufzufordern. Von der Terrasse her war ein kratzendes Geräusch zu hören, als die Frau den Laufstall hochhob und umdrehte. Er lauschte gespannt. Ein erschreckter Aufschrei, dann das schabende Geräusch eines Schuhs auf dem Beton, erregtes Hundebellen. Greg lächelte und lehnte sich mit einem Seufzer zurück. Gewonnen.
Als die Frau ins Zimmer zurückkehrte, lächelte er ihr entgegen. Er stellte fest, daß sie heftig atmete.
»Das könnte überall passieren«, sagte sie verteidigend.
»Wirklich?« Greg lächelte noch breiter. »Und die Matte?«
»Vielleicht haben Sie nachgeschaut, während ich in der Küche war.«
»Das haben wir nicht getan.«
»Vielleicht haben Sie es auch nur geschätzt.«
»Und vielleicht auch nicht«, erwiderte er kühl. »Vielleicht ist alles, was wir gesagt haben, wahr. Möchten Sie darauf eine Wette eingehen?«
Die Frau antwortete nicht. Greg blickte Carrie an. »Noch was?« fragte er. Carrie zitterte am ganzen Körper. »Bei dem Bett des Babies befindet sich eine Steckdose«, sagte sie. »Es hat eine Haarklemme neben sich, die es in den Steckkontakt zu stoßen versucht, und –«
»Nun, Mrs. Wheeler?« Fragend blickte Greg die Frau an. Seine Miene triumphierte, als sie sich umwandte und aus dem Zimmer eilte. Als sie gegangen war, lächelte er und blinzelte Carrie zu. »Du bist heute ganz große Klasse, Baby«, sagte er. Sie erwiderte seinen Blick mit verdächtig glitzernden Augen. »Bitte, Greg, übertreib es nicht zu sehr«, murmelte sie.
Mit einem Ruck drehte sich Greg um, sein Lächeln verschwand. Beruhige dich, ermahnte er sich, ruhig Blut bewahren, alter Junge. Ab morgen bist du sie los. Gelassen steckte er das Notizbuch zurück in seine Manteltasche.
Die Frau kehrte nach wenigen Minuten zurück, ihr Gesichtsausdruck spiegelte nichts als Furcht wider. Zwischen zwei Fingern ihrer rechten Hand hielt sie eine Haarklemme. »Woher wußten Sie das?« fragte sie. Ihre Stimme zitterte vor Bestürzung.
»Ich glaube, das habe ich schon erklärt, Mrs. Wheeler«, erwiderte Greg. »Meine Frau hat ein Talent. Sie weiß genau, wo und wann dieser oder jener Unglücksfall passieren wird. Möchten Sie die Information, die Ihren Sohn betrifft, kaufen?«
Die Frau umklammerte mit den Händen ihre Hüften. »Was verlangen Sie?« fragte sie.
»Zehntausend Dollar in bar«, antwortete Greg. Seine Hände fuhren in die Höhe, als Carrie einen erstaunten Ruf ausstieß, aber er blickte sie nicht an. Seine Augen waren starr auf das gequälte Gesicht der Frau gerichtet. »Zehntausend ...« wiederholte sie betäubt.
»Stimmt genau. Abgemacht?«
»Aber wir haben nicht –«
»Nehmen Sie's an oder lassen Sie's, Mrs. Wheeler. Sie sind nicht in der Lage, mit mir handeln zu können. Glauben Sie ja nicht, daß es irgend etwas gibt, womit Sie diesen Unglücksfall verhindern könnten. Wenn Sie nicht die genaue Zeit und den Ort kennen, dann wird es geschehen.« Abrupt erhob er sich, um ihre Entscheidung zu erzwingen. »Nun?« stieß er hervor. »Was soll es sein? Zehntausend Dollar oder das Leben Ihres Sohnes?«
Die Frau war keiner Antwort fähig. Gregs Augen wanderten zu Carrie, die in stummer Verzweiflung dasaß. »Komm, gehen wir«, sagte er. Er machte ein paar Schritte in Richtung der Tür.
»Warten Sie!«
Greg blieb stehen und blickte über die Schulter zu der Frau. »Ja?«
»Wie – soll ich wissen –«, stammelte sie.
»Sie wissen gar nichts«, unterbrach er sie. »Sie wissen absolut nichts, Mrs. Wheeler. Aber wir.«
Er wartete noch ein paar Sekunden auf ihre Entscheidung, dann ging er in die Küche, zog sein Adreßbuch hervor und notierte sich darin die Telefonnummer. Vom Wohnzimmer her hörte er, wie die Frau Carrie bittend etwas zumurmelte. Er steckte Notizblock und Bleistift ein und verließ die Küche. »Komm«, sagte er zu Carrie. Gleichgültig betrachtete er die Frau. »Ich werde Sie heute nachmittag anrufen«, sagte er. »Dann können Sie mir sagen, was Sie und Ihr Mann zu tun beschlossen haben.« Seine Lippen waren zwei dünne Striche. »Und das wird der einzige Anruf sein«, drohte er.
Er drehte sich um und ging zur Haustür, die er öffnete.
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