Maggie O'Dell 03 - Schwarze Seele
Reißverschluss. Brandon wartete nicht ab, nahm ihn heraus und drückte sie in die Blätter zurück. Sie versuchte ihn zu beruhigen, flüsterte ihm ins Ohr und streichelte ihm Rücken und Schultern.
„Langsam, Brandon. Lass es uns genießen.“
Doch es war schon zu spät. Er war kaum in ihr, als er kam. In Sekunden lag er ermattet auf ihr und versuchte keuchend wieder zu Atem zu kommen, was Ginnys enttäuschten Seufzer übertönte. Er stand auf, wischte sich das feuchte Haar aus der Stirn und zog den Reißverschluss hoch. All das mit der Lässigkeit, als zöge er sich am Morgen an. Ginny kam sich unsichtbar vor. Warum waren die Niedlichen immer die gefühllosen Scheißkerle mit dem schnellen Auslöser?
„Das war’s?“ fragte sie deutlich enttäuscht. Es war ihr gleich, ob jemand mithörte. Den Wasserfall, das Salbadern des Reverend und das ohrenbetäubende Klatschen konnte sie sowieso nicht übertönen.
Brandon sah sie schließlich an, die braunen Augen im Halbdunkel schwarz und leer. Unter seinem Blick kam sie sich schmutzig vor, das war schlimmer, als sich unsichtbar zu fühlen. Sie zog den BH zurecht und versuchte den Rock hinabzuschieben, wobei sie merkte, dass Brandon ihr die Unterwäsche im Schritt zerrissen hatte.
„Du Tölpel!“ Sie zeigte ihm den Schaden. „Was soll ich jetzt machen?“
„Ich weiß nicht. Was tun Nutten wie du denn gewöhnlich danach?“
Sie starrte ihn fassungslos an und flüchtete sich in Zorn, um ihrer aufkeimenden Angst keine Chance zu geben.
„Du bist doch wirklich ein Scheißtyp!“ Auch sie konnte mit Worten geißeln. Nur diesmal kam seine Antwort ohne Worte, da er ihr die Faust gegen den Mund schlug. Ginny fiel in die Blätter zurück, griff nach ihrem Kiefer und spürte Blut ihr Kinn hinabrinnen. Angstlich kroch sie aus seiner Reichweite.
„Lass mich in Ruhe, oder ich schreie!“
Lachend legte er den Kopf in den Nacken, Gesicht zu den Sternen und lachte noch lauter, um ihr zu beweisen, dass niemand sie hören würde. Er hatte Recht damit. Bei den Gesängen von unten klang sein Lachen, als gehörte es dazu.
Er nahm ihre Tasche auf, wischte sie mit der Hand ab und warf sie ihr zu.
„Vergiss nicht, deine Bluse zuzuknöpfen, bevor du wieder nach unten kommst“, sagte er plötzlich mit ruhiger, höflicher, fast feierlicher Stimme, aber so distanziert, dass sie fröstelte. Wie war das möglich? Wie konnte er sich so rasch verwandeln?
Sie schnappte sich die Tasche, rückte eilig von ihm ab und lehnte sich Schutz suchend an einen Baum. Ohne ein weiteres Wort wandte er sich ab und ging. Dabei benutzte er denselben Pfad, den sie heraufgekommen waren.
Sie hörte, wie jetzt eine Frauenstimme die des Reverend ersetzte. Doch Ginny lauschte nicht den Worten. Kurz darauf ertönten wieder Gesänge, lauter und kräftiger, je weiter der Abend fortschritt. Sie sangen etwas von der Heimkehr an einen besseren Ort. Was für eine Bande von Versagern.
Ginny atmete erleichtert auf. Gütiger Himmel, wie dumm sie diesmal gewesen war. Jede Wette, dass dieser Justin Mädchen nicht so behandelte. Warum entschied sie sich immer für die Falschen, immer für die bösen Jungs? Vielleicht, weil sie genau wusste, wie sehr das ihrem Dad stinken und ihrer zukünftigen Stiefmutter peinlich sein würde. Nicht, dass die beiden sich etwas aus ihr machten, denen ging es nur um ihr öffentliches Image und ihren kostbaren Ruf. Privat brüllten sie sich an, und in der Öffentlichkeit machten sie sich schöne Augen. Es war zum Kotzen. Sie lebte wenigstens nach ihren Gefühlen, Bedürfnissen und Wünschen.
Hinter ihr raschelte es im Gebüsch. Hatte Brandon es sich anders überlegt? Vielleicht kam er zurück, um sich zu entschuldigen? Dann wurde ihr bewusst, dass er den Weg auf der anderen Seite genommen hatte. Sie warf sich herum, sprang auf und blinzelte in die Dunkelheit.
Etwas bewegte sich dort im Schatten - gottlob nur ein Ast.
Sie musste hier abhauen, ehe sie vor Angst tot umfiel.
Sie griff hinab zu ihrer Tasche. Etwas ging peitschend vor ihr nieder, ein glühendes Seil, das sich um ihren Kopf schlang. Bevor sie danach greifen konnte, legte es sich fest um ihren Hals.
Ginny versuchte zu schreien, doch es kam nur ein Japsen, das ihr in der Kehle stecken blieb. Sie würgte und rang nach Luft. Ihre Finger krallten sich um das Seil, dann um die Hände, die es hielten. Sie grub die Fingernägel in Haut, riss das eigene Fleisch auf und bekam immer noch keine Luft. Sie konnte nicht verhindern, dass
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