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Marais-Fieber

Marais-Fieber

Titel: Marais-Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Datum.
    „...Wenn Sie schon mal dabei
sind zu schnüffeln“, bemerkte das Mädchen spitz, „dann machen Sie’s auch
gründlich. Mein Name, Odette Larchaut, steht in dem Taschenkalender, den Sie
bestimmt gleich finden werden.“
    Ich lächelte:
    „Der Alkohol tut Ihnen
anscheinend gut. So langsam erholen Sie sich wieder.“
    „Ich hätte gern noch mehr, wenn
Sie nichts dagegen haben. Ja, der Alkohol tut mir gut.“
    Bestimmt hatte sie gleich einen
sitzen. Um so besser. Würde mir die Arbeit
erleichtern. Ich goß ihr nach. Sie nippte nur dran, was einen scharlachroten
Bogen am Rand hinterließ.
    Ich fuhr mit meiner
Durchsuchung fort und fischte den angekündigten Kalender raus. Bei den
persönlichen Angaben stand der Name Odette Larchaut. Sonst nichts. Das wollte
nicht unbedingt etwas heißen, aber ich mußte mich damit zufriedengeben. Ich
blätterte in dem Kalender. Viele weiße Seiten. Hier und da einige Notizen,
nicht weiter interessant. Ich stopfte alles wieder in die Tasche.
    „Wohnen Sie auch in der Rue de
Thorigny?“ fragte ich.
    Sie leerte ihr Glas.
    „Ja. Ist das verboten?“
    Das kam wie ein Peitschenhieb.
Der Schnaps hatte sie aufgepeitscht.
    „Warum sollte das verboten
sein? Ich nehme an, es ist eine ganz normale Straße.“
    „Kennen Sie sie nicht?“
    „Müßte ich sie kennen?“
    Sie stampfte mit dem Fuß auf.
    „Sie sind dumm. Gehen
Privatdetektive alle so vor? Wühlen mir nichts, dir nichts in Handtaschen?“
    „Manche durchsuchen erst die
Person, der die Tasche gehört. Ich wünsche Ihnen nicht, daß Sie einem dieser
Gentlemen zwischen die Finger geraten, so hübsch wie Sie sind.“
    „Geben Sie mir meine Tasche
wieder.“
    „Hier.“
    „Ich hoffe, Sie haben gefunden,
was Sie suchten?“
    „Nein.“
    „Was haben Sie denn gesucht?“
    „Einen Revolver.“
    Sie fuhr hoch:
    „Einen Rev... Warum, zum
Teufel, sollte ich einen Revolver mit mir rumschleppen?“
    „Stimmt. Sie haben recht: ich
bin dumm. Warum denn einen Revolver? Wo Sie doch Brieföffner bevorzugen...“
    Ihr unverschämter
Gesichtsausdruck von eben verschwand wie eine schlecht sitzende Maske. Wolken
zogen auf. Odette saß zusammengesunken im Sessel:
    „Ach! Deshalb also?“ flüsterte
sie.
    „Ich weiß nicht, ob es deshalb
ist. Aber vielleicht helfen Sie mir dabei, mir eine Meinung zu bilden.“
    „Weil...weil Sie glauben,
daß...daß ich diesen...Mann umgebracht habe... Cabirol?“
    Ich hob das Päckchen aus dem
Geschäft für Damenwäsche auf und setzte mich damit hinter meinen Schreibtisch.
„Stimmt das denn nicht?“ fragte ich.
    Auf der rosa Papiertüte stand
in hellblauer Schrift: ROSY-ANNE, Damenunterwäsche,
Strümpfe, Rue des Petits-Champs . Zehn Meter von meinem Büro
entfernt, Richtung Avenue de l’Opéra. Ein elegantes Schaufenster, aufreizend
gefährlich, alles für die Phantasien der Männer, ledig oder verheiratet. So ist
das nun mal.
    „Nein, das stimmt nicht!“ protestierte
sie heftig. „Ein Glück, daß ich Sie wiedergetroffen habe. Ich kann Ihnen alles
erklären. Mich erleichtern. Floffentlich beruhige ich mich dann...“
    Ich öffnete jetzt auch die rosa
Papiertüte und zog einen hauchdünnen Nylonslip hervor, schwarz, mit Spitzen
besetzt.
    „...Das ist kein Leben mehr...
seit zwei Tagen... ich... Sie hören mir gar nicht zu“, seufzte sie.
    „Täuschen Sie sich da nicht!
Ich kann sehr gut zwei Dinge gleichzeitig tun...“
    Ich faltete das zarte
Wäschestück auseinander und hielt es mit ausgestreckten Armen hoch.
    „...Aber das ist ja ganz
reizend!“ sagte ich affektiert mit dem schlüpfrigen Getue eines
Handlungsreisenden. „Sie reden von Beruhigen und Erleichtern, aber denken
daran, sich mit solch einem Firlefanz auszustaffieren, hm?“
    „Ach! Das hat doch nichts zu
sagen...“
    Sie machte eine ungeduldige
Handbewegung.
    „...Eine Frau ist eine Frau.
Ich kann nicht mal sagen warum ich den Slip gekauft habe
    „Sehr hübsch jedenfalls... sehr
aufreizend... Paßt Ihnen bestimmt wie angegossen.“
    Ihre Wangen färbten sich
purpurrot.
    „Ich erlaube Ihnen nicht, die
Situation auszunutzen“, brach es aus ihr hervor. „Ich habe endgültig genug,
verstehen Sie? Genug! Genug! ...“
    Sie stampfte mit beiden Füßen
auf.
    „...Ihr seid alle gleich, ob
ihr nun Cabirol oder Burma oder sonstwie heißt. Dreckige, widerliche Schweine.
Ich...“ Die Stimme versagte ihr. Sie zitterte wie Espenlaub. Eben war ihr
Gesicht unter dem Make-up rot gewesen, jetzt wurde es kreideweiß. Sie

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