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Maurice, der Kater

Maurice, der Kater

Titel: Maurice, der Kater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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hab’s von einem Tisch stibitzt, als
    ich nach mehr Bindfaden suchte. So was habe ich schon einmal benutzt,
    Boss. Sehr nützlich bei einem Sprung in große Tiefe.«
    Sonnenbraun wich einen Schritt zurück. In der Nähe lag eine alte
    Kerzenlaterne auf der Seite, das Glas zerbrochen. »Gut«, sagte er. »Ich
    habe da nämlich eine Idee. Wenn du hinunterspringen kannst…«
    Unten schwollen die Stimmen an. Die Ratten beugten sich vor und
    blickten in die Tiefe.
    Der Kreis aus Köpfen am Rand der Grube war dichter geworden. Ein
    Mann sprach mit lauter Stimme. Gelegentlich jubelten die anderen. Die
    schwarzen Zylinder der beiden Rattenfänger glitten durch die Menge.
    Von oben gesehen waren es zwei düstere Flecken zwischen den grauen
    und braunen Mützen.
    Einer der Rattenfänger entleerte einen Sack in die Grube, und die
    Beobachter sahen dunkle Ratten, die in Panik hin und her liefen, in einem
    Kreis nach einer Ecke suchten, in der sie sich verstecken konnten.
    Die Menge wich ein wenig auseinander, und ein Mann näherte sich der
    Grube. Er hielt einen Terrier. Die Menschen riefen und lachten, und der
    Hund wurde in die Grube zu den Ratten hinabgelassen.
    Die Veränderten starrten auf den Todeskreis und die jubelnden
    Menschen.
    Nach einer Weile wandte Nahrhaft den Blick ab. Als sie den Kopf
    drehte, bemerkte sie Sonnenbrauns Miene. Vielleicht lag es an dem Licht
    von unten, dass seine Augen in Flammen zu stehen schienen. Sie sah, wie
    er durch den großen Stal zur Tür am Ende blickte, die verriegelt worden
    war. Dann wandte er sich dem Heu und Stroh zu, das nicht nur auf dem
    Dachboden lag, sondern auch unten in den Krippen und Futtertrögen.
    Sonnenbraun zog einen Holzstab hinter seinen Gürteln hervor.
    Nahrhaft roch den Schwefel in dem roten Kopf am einen Ende.
    Ein Streichholz.

    Sonnenbraun drehte sich um und stel te fest, dass Nahrhaft ihn ansah.
    Er nickte in Richtung des Heus auf dem Dachboden. »Vielleicht
    funktioniert mein Plan nicht«, sagte er. »Wenn nicht, musst du den
    anderen Plan ausführen.«
    »Ich?«, fragte Nahrhaft.
    »Du. Weil ich dann nicht mehr… da bin«, sagte Sonnenbraun. Er
    reichte ihr das Streichholz. »Du weißt, was zu tun ist«, fügte er hinzu und
    deutete zum nächsten Heubal en.
    Nahrhaft schluckte. »Ja. Ich denke schon. Äh… wann?«
    »Wenn die Zeit kommt. Du wirst es wissen «, erwiderte Sonnenbraun
    und sah wieder hinab zu dem Massaker. »So oder so – sie sollen sich an
    heute Abend erinnern«, sagte er leise. »Ja, sie werden sich an das erinnern,
    was sie getan haben. Und sie werden sich auch an das erinnern, was wir
    getan haben. Für den Rest ihres Lebens.«

    Gekochter Schinken lag im Sack. Er roch die anderen Ratten in der Nähe,
    auch die Hunde und das Blut. Insbesondere das Blut.
    Er hörte seine eigenen Gedanken, aber sie waren wie das leise Summen
    von Insekten vor dem Gewitter seiner Wahrnehmungen. Teile von
    Erinnerungen tanzten ihm vor den Augen. Käfige. Panik. Die weiße
    Ratte. Gekochter Schinken. So lautete sein Name. Seltsam. Früher hatte
    es keine Namen gegeben. Man roch die anderen Ratten einfach.
    Dunkelheit. Dunkelheit im Innern, hinter den Augen. Dieser Teil war
    Gekochter Schinken. Alles draußen war etwas anderes.
    Gekochter Schinken. Ich. Der Anführer.
    Der rote Zorn brodelte noch immer in ihm, hatte inzwischen aber
    Gestalt gewonnen, so wie die Form, die eine tiefe Schlucht dem Fluss
    gibt: Sie zwingt ihn, schmaler zu werden und schnel er zu fließen; sie gibt
    ihm eine Richtung.
    Er hörte Stimmen.
    »Wir tun ihn einfach zu den anderen, niemand wird etwas merken…«
    »In Ordnung. Ich schüttle den Sack, um ihn wütend zu machen…«
    Der Sack wurde geschüttelt, aber Gekochter Schinken wurde nicht

    noch zorniger. In ihm gab es keinen Platz für mehr Zorn.
    Der Sack schwang hin und her, als er zur Grube getragen wurde. Die
    Stimmen der Menschen wurden lauter, die Gerüche intensiver. Es wurde
    kurz still, als man den Sack drehte und entleerte. Dann riefen die
    Menschen wieder, und Gekochter Schinken fiel in einen Haufen
    zappelnder Ratten.
    Mit Zähnen und Kral en bahnte er sich einen Weg nach oben und sah,
    wie ein knurrender Hund in die Grube gesetzt wurde. Er schnappte nach
    einer Ratte, schüttelte sie und ließ den erschlafften Körper davonfliegen.
    Die Ratten versuchten zu fliehen.
    »Idioten!«, heulte Gekochter Schinken. »Arbeitet zusammen! Ihr
    könntet diesem Flohfänger das Fleisch von den Knochen reißen!«
    Die Menschen

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